Zu diesem Punkt möchte ich noch etwas sagen, weil mich das jedesmal maßlos aufregt.
Die Verlogenheit der Diskussion (ich meine nicht dich, ich nehme diesen Absatz nur als Aufhänger) ist in dieser Hinsicht kaum zu überbieten. Dass man den Euro erhalten muss, weil man der armen deutschen Exportindustrie einen marktgerechten Wechselkurs nicht zumuten kann, ist Nationalismus par excellence. Wenn eine "neue D-Mark" aufwerten würde, dann, weil der Euro für Deutschland hoffnungslos unterbewertet ist - wovon die deutsche Exportindustrie natürlich profitiert. Im Umkehrschluss bedeutet das aber, dass in den Krisenstaaten der Euro genauso hoffnungslos überbewertet ist. In Größenordnungen ist von 50 Prozent für Griechenland, 30 Prozent für Italien und Spanien und sogar bereits 20 Prozent für Frankreich die Rede, um die der reale Wechselkurs nicht stimmt. Anstatt aber über eine externe Abwertung die Krisenländer aus der Misere zu holen, wird gepredigt, man müsse diese Verzerrungen aufrechterhalten, weil sonst die deutsche Exportindustrie "leidet". Die Krisenländer sollen also intern abwerten, das heißt insbesondere müssen die Arbeitskosten um diesen Betrag runter. Als man das in Deutschland um weniger als 10 Prozent versucht hat, gab es einen halben Volksaufstand. Aber die Bevölkerung der europäischen Krisenländer halt nicht so zimperlich sein, denn es ist im Interesse der deutschen Exportindustrie. Und den AfD-lern wirft man vor, sie seien "nationalistisch". In der Ökonomie gibt es für diese Art Politik einen Namen, man nennt das "beggar thy neighbor"-Policy.Wann, wie und wie schnell kann die deutsche Wirtschaft, exportabhängig wie keine andere Wirtschaft in der EU, transformiert werden um den erwartbaren Kollaps zu verhindern wenn unsere wichtigsten Handelspartner wie Frankreich nach dem Ende des Euros massiv unsere D-Mark aufwerten um ihre Wettbewerbsfähigkeit anzupassen? Diese Frage ist der absolute Knackpunkt der Eurozonenkrise, denn Deutschland hängt am süßen Gift seines durch zwanzig Jahre Lohnzurückhaltung verursachten riesigen Außenwirtschaftsüberschusses.
Was mich fast noch mehr aufregt als das, ist die Solidaritätskiste, und da verstehe ich vor allem SPD, Grüne und Linke nicht. Es ist also "solidarisch", wenn nicht nur deutsche Steuerzahler, sondern auch die aus Estland und der Slowakei und künftig auch noch Lettland, wo das Pro-Kopf-Einkommen wesentlich niedriger ist als in Südeuropa, spanische, griechische, und auch französische und deutsche Banken "retten", indem sie deren Großanleger mit ihren Steuergeldern raushauen. Gleichzeitig billigt man interne Abwertungen, das heißt nichts anderes als Lohnsenkungen von 30 Prozent und mehr, weil die Gescheiteren unter unseren sozialdemokratischen und grünen Politikern genau wissen, dass es innerhalb der Währungsunion nicht anders geht. Ich finde das eine Granatensauerei, dass hier die Armen die Reichen "retten" sollen, um es mal deutlich zu sagen, und ich verstehe nicht, wie man als grüne und sozialdemokratische Partei so etwas mittragen kann. Die Linke verstehe ich auch nicht, denn auch die müssten eigentlich wissen, dass es ohne interne Abwertung in der Währungsunion nicht geht. Asozialer geht es nicht mehr, das ist die Perversion von Solidarität. Ich habe bisher SPD und Grün gewählt; ich kann das nicht mehr, denn ich erkenne diese Parteien nicht wieder.
Und das ist mE der Hauptgrund, warum die Bundestagsparteien so vehement versuchen, die AfD zu diskreditieren. Es ist nicht, dass die AfD "rechts" ist. Es ist kein Zufall, dass die Linken mit ihrer Kritik am Leisesten sind. Die Parteien sind am Gängelband von Exportindustrie und Großinvestoren, die ihnen eingeredet haben, dass der Verbleib aller Länder in der Eurozone "alternativlos" ist. In den Talkrunden in den letzten Monaten konnte ich mich jedenfalls des Eindrucks nicht erwehren, dass da die nackte Panik herrscht, dass herauskommen könnte, die Rettungsschirme sind nicht alternativlos, und man hat hunderte Milliarden Steuergelder auf dem Roulettetisch des Finanzcasinos aufs Spiel gesetzt und die Krisenländer in den Ruin getrieben hat, indem man alles treudoof abgenickt hat. Deshalb wurde jeder, der in letzter Zeit dieses Thema auf den Tisch gebracht hat, als "Nationalist" und "Rechtspopulist" beschimpft, nicht nur die AfD.
Einen Link habe ich noch für die Interessierten, eine Ausarbeitung, die gestern bei den Querschüssen eingestellt worden ist:
Das Euro‐Desaster: Wie verblendete Eliten Europa ruinieren und unsere Demokratie zerstören | von Matthias Elbers
http://www.querschuesse.de/wp-conten...-September.pdf
Diese Ausführungen würde ich so im Wesentlichen unterschreiben.
Einige Beiträge, die in der SPD hinter den Kulissen heißt debattiert werden (nach außen hin hat die Parteiführung der Fraktion hierüber einen Maulkorb verpasst, wie in der "Zeit" zu lesen war):
Magazin Berliner Republik - Onlineausgabe
Archiv - Berliner Republik
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