4. Kapitel
Keine zwei Stunden später fand sich der Captain auf einer Liege sitzend und von einem hektisch herumwuselnden McCoy umsorgt wieder.
Er hatte sich bei einem Treffer den Kopf angeschlagen und blutete nun. Spock hatte ihn zum Arzt geschickt, nachdem er sich mit wackeligen Beinen wieder zu seinem Stuhl begeben hatte.
Die Romulaner waren-aus welchen Gründen auch immer- wieder abgezogen, und Kirk dauerte sein Aufenthalt bei McCoy schon viel zu lange. Er musste sich um die zahlreichen Probleme kümmern, die sich angehäuft hatten, und das konnte er nicht von hier aus.
„Bist du bald fertig, Pille?“, fragte er gerade, als der Arzt den Bereich rund um die Wunde mit einem Tupfer bearbeitete.
„Du wirst dich noch ein paar Minuten gedulden müssen.“, gab McCoy zurück. „Eigentlich müsste ich dich zwei Tage lang ans Bett ketten, damit ich dich beobachten kann und du nochmal zur Ruhe kommst.“
Leicht beleidigt schwieg der Captain. Langsam wurde es ruhiger im Raum, und Kirks Blick wanderte umher. Die letzten Verletzten wurden wieder auf ihre Posten geschickt.
Er wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war, aber McCoy lenkte die Aufmerksamkeit des Captains wieder auf sich.
„Bist du noch hier?“, fragte er. Kirk nickte. „Du solltest auf keinen Fall das Kommando wieder übernehmen. Ruh dich lieber den Rest des Tages aus, Jim. Leg dich hin oder lies etwas.“
Für wenige Sekunden hörte er dem Arzt zu, doch dann erregte etwas anderes seine Aufmerksamkeit. Er stand auf.
„Jim, du hörst mir ja schon wieder nicht zu!“, beschwerte sich McCoy nun. „Was ist denn jetzt …?“
Ein Blick in Richtung des Captains genügte, damit er seinen Ärger vergaß.
„Miss Chapel, bereiten Sie ein Aufnahmegerät, Schmerzmittel und ein Glas Wasser vor.“, sagte er. „Und seien Sie auf alle möglichen Notfälle vorbereitet.“
Bald würden sie Informationen bekommen.
*
Die junge Frau öffnete langsam ihre Augen. Kirk stand am Fußende ihres Bettes, während McCoy noch einige Meter entfernt war und das Geschehen beobachtete.
Zunächst brauchte sie einen Moment, um sich zu orientieren, dann bemerkte sie den Captain. Ihr Gesichtsausdruck änderte sich schlagartig. Sie begann sich aufzurichten.
„Lieutenant Mila Lewis meldet sich zum Dienst…“
Sie hatte sich auf beide Unterarme gestützt, doch jetzt-als sie sich hatte vollständig aufsetzen wollen- hielt sie sich mit schmerzverzerrtem Gesicht den Oberkörper.
Der Arzt war sofort zur Stelle und drückte sie vorsichtig an den Schultern aufs Bett.
„Ganz langsam, junge Dame, Sie haben einige schwerwiegende Verletzungen.“
Miss Chapel trat nur wenige Augenblicke später zu McCoy, und während der Arzt sie versorgte, begann Kirk nach und nach mit seiner Befragung.
„Erinnern Sie sich an etwas?“, fragte er.
Sie schien einen Moment lang nachzudenken. „Nicht an alles.“
„Was ist passiert?“
„Wir wurden angegriffen.“, erwiderte sie leise. „Ich glaube es waren Romulaner. Könnten aber auch Klingonen gewesen sein. Sie haben nur geschossen, glaube ich, und sind nicht runtergekommen. Funk und Sensoren zeigten an, wer es war, aber ich habe nicht alles mitbekommen. Ich glaube sie haben uns mit Nuklearwaffen gedroht, und einige Kadetten sollten die Schiffe mit kleineren Schiffen beobachten und analysieren, aber sind aufgeflogen.“
„Ganz langsam.“, sagte Kirk nun ein wenig überfordert. „Eins nach dem anderen. Am besten Sie antworten einfach so gut es geht auf meine Fragen, ohne große Umschweife. Ist das in Ordnung?“
Sie nickte, und McCoy schien seine Behandlung soweit abgeschlossen zu haben.
„Lassen Sie uns bitte alleine, Miss Chapel.“, sagte er. „Zwanzig bis dreißig Minuten Jim, das sollte für den Anfang genügen. Wir wollen sie ja nicht zu sehr mit der Erinnerung belasten. Und wir haben auch noch ein Hühnchen zu rupfen.“
„Ok, fangen wir langsam an.“, sagte Kirk und ignorierte den Arzt. „Wann griffen sie an?“
„Einen Tag bevor Sie kommen sollten.“, antwortete sie nach einigen Sekunden. „Beziehungsweise in der Nacht zu diesem Tag.“
„Wie wurden sie bemerkt?“
„Wir bemerkten sie nicht.“, erklärte Mila. „Plötzlich kam am späten Nachmittag eine Übertragung rein, als ich meinen Dienst für diesen Tag beenden wollte.“
„Was war Ihre Aufgabe?“
„Ich sollte dafür sorgen, dass ein paar Kadetten, die gerade mit ihrer Ausbildung an der Akademie fertig waren, keinen Blödsinn machen und sollte jeden Tag mehrere Kontrollen in der Zentrale durchführen.“
„Warum griffen sie nicht sofort an?“
„Sie forderten, dass wir die geplanten Routen der Enterprise und anderer wichtiger Schiffe offenlegen.“, erklärte sie. „Sie drohten uns mit einem Angriff, wenn wir nicht drauf eingehen würden.“
„Und dann?“, fragte Kirk schon fast drängend weiter. Er spürte, dass dieses Gespräch zumindest ein paar seiner Probleme lösen konnte.
„Ich bekam den Befehl meine Kadetten auf Aufklärung zu schicken.“
„Und als diese entdeckt wurden startete der Angriff.“, folgerte Kirk.
„Genau.“, sagte sie nickend. „Zuerst auf die Schiffe, dann mit ihren Bomben auf den Posten. Zumindest sah es aus wie Bomben.“
„Und was…?“
„Und jetzt ist erst mal Schluss für heute.“, unterbrach McCoy den Captain.
„Pille!“
„Nein, Jim.“, erwiderte der Arzt. „Findest du nicht, dass sie eine Kleinigkeit zu Essen vertragen könnte? Außerdem müssen wir noch für ein angenehmeres Klima sorgen. Es wird langsam frisch hier.“
Der Captain sagte darauf nichts, aber Mila meldete sich zu Wort.
„Essen kann auch noch warten, aber ich könnte was Flüssiges gebrauchen.“
„Jim wird jetzt etwas zu Essen besorgen gehen.“, versicherte McCoy ihr mit einem vielsagenden Seitenblick zu Kirk. „Und ich habe ein Glas Wasser für Sie. Lassen Sie es ruhig angehen und ruhen Sie sich aus. Wir haben alle Zeit der Welt. Zumindest bis wir die Raumstation erreichen.“
*
Keine halbe Stunde später fand sich Captain Kirk im Konferenzraum wieder. McCoy war vor allem daran interessiert, eine Lösung für die Crew zu finden, während Spock eher auf wissenschaftlicher Basis argumentierte. Scott war es dagegen wichtig, dass die Enterprise heil davonkam.
Und der Captain saß zwischen drei Stühlen. Er musste alle Punkte beachten und die bestmöglichste Entscheidung schnellstmöglich treffen. Für ihn war die Sache klar, doch seine Freunde redeten sich in Rage.
Zwanzig Minuten lang hörte er den dreien nur zu, dann wurde es ihm zu bunt.
„So Kinder, ihr habt alle Recht, doch wir müssen eine Lösung finden, die alle drei Bedingungen erfüllt.“, sagte er seufzend. „Pille, bereite dich auf das Schlimmste vor und besorge dir sämtliche Decken aus dem Vorratsraum. Scotty, Sie suchen nach einer Möglichkeit, die Brücke, die Krankenstation, den Maschinenraum und die wichtigsten Mannschaftsräume auf einer halbwegs erträglichen Temperatur zu halten. Und Spock, Sie lassen nochmal sämtliche Analysen laufen und helfen danach Mr. Scott.“
Nun ruhten drei Blicke auf ihm, und keiner der drei machte Anstalten, etwas zu sagen oder zu tun.
„Na los! Worauf wartet ihr denn noch? Wir müssen die nächsten zweiundzwanzig Stunden durchhalten, und das schaffen wir nicht, wenn ihr hier rumsitzt und Löcher in die Luft starrt.“
Nun standen McCoy, Spock und Scott auf, während Kirk sitzen blieb. Spock und Scott verließen sofort den Raum, während der Arzt neben Kirk stehen blieb. Der Captain schloss kurz die Augen und fuhr sich mit den Fingern über Nasenbein und Stirn. Er wirkte bei weitem nicht so souverän und belastbar wie sonst.
„Jim, ich glaube, ich verordne dir ein paar Stunden Ruhe.“, sagte der Arzt. „Und diesmal lässt du dich wirklich nicht stören.“
*