Der nächste Tag

Die Sonne stand schon hoch am Himmel, als Leander die Gemächer der Frauen betrat. Festen Schrittes fand er den Weg dorthin wo ich saß und nach draußen schaut, während Foun, Oni, Twe und Threo ich zu unterhalten versuchten, doch sie schafften es nicht mich aus meiner Lethargie zu bringen. Meine Gedanken gingen immer wieder in meine Welt. Würde man mich vermissen? Was würde aus meiner Wohnung passieren, wenn die Miete so lange ausblieb? Innerlich seufzte ich auf, ich musste hier so schnell wie möglich meine Aufgabe vollbringen um zurück kehren zu können. In der Hoffnung mich von meinen trüben Gedanken abzulenken folgte mein Blick Leanders Bewegungen, welcher schwer beladen uns näher kam. Ein warmes Gefühl stieg in mir auf, ein Gefühl von dem ich dachte ich hätte es längst verloren.
„Hier.“ Er legte umsichtig eine Schiefertafel, weiße Kreide und einige Schriftrollen vor mich. Was sollte das? „Du wirst unsere Schrift lernen. Es mag etwas umständlich sein, aber so können wir uns wenigstens verständigen ohne rätseln zu müssen.“ Kein Wunder, das ich mich beim Anblick der Schiefertafel an die Schule erinnert fühlte.
„Was für eine wundervolle Idee Majestät.“ Rief Oni begeistert aus, während Twe die Tafel samt Kreide begutachtete und Threo die Schriftrollen auf denen wohl das Alphabet und Regeln zur Grammatik standen.
„Ich werde dich unterweisen Herrin. Ich habe meinen kleineren Geschwistern auch das Lesen und Schreiben beigebracht.“ Ich nickte erleichtert endlich etwas was mich von meinen Gedanken ablenken konnte, denn ich liebte neue Schriftbilder zu lernen und diese anzuwenden, nicht umsonst habe ich angefangen Kryptographie zu studieren. Doch etwas machte mich stutzig, Leander blieb genau eine Sekunde zu lang da, als das ich es noch als normal abgelten konnte. Er schien auf etwas gewartet zu haben, doch es kam nicht und daher ging er wieder. Enttäuscht wie es schien. Kurz darauf ging es daran mir die Schrift dieser Welt bei zu bringen. Mit viel Lachen und Anekdoten aus ihrer Kindheit der vier dienstbaren Geister verflog der Tag in Windeseile. Was mich nun am meisten erstaunte war, das ich die komplette Schrift gelernt hatte. Sie war so einfach gewesen. Ich brauchte sie nur aus einem mir bereits bekannten Bild abzuwandeln. Hier einen Strich weg, dort einen hinzu und insgeheim dankte ich meinen Dozenten dafür das er uns so mit diesem einem bestimmten Alphabet regelrecht gequält hat. Und ehe ich es bemerken konnte wurde ich hoch gehoben, von zwei starken Männerarmen.
„Es ist soweit Ruri, die Nacht bricht an.“ Verdammt warum machte mein Herz jedes mal diesen kleinen freudigen Hüpfer, wenn ich auch nur an ihn denken musste.
„Majestät, unsere Herrin ist in den Schriften sehr begabt.“ Bemerkte Threo
„Vielleicht könnte sie bei den Übersetzungen helfen, wo die Gelehrten nicht weiter kommen.“ Schlug Twe vor. Übersetzungen? Was für Übersetzungen und woher wussten die vier das? An Leanders Augen konnte ich genau erkennen, das dies eigentlich gar nicht nach außen dringen sollten.
„Ihr seid sehr neugierig.“ Brummte er gutmütig und irgendwie kam mir der Vergleich mit einem Bären in den Sinn und ich musste lächeln.

Leander hatte sich zu mir auf das Bett gesetzt und blickte mich an, träumend und irgendwie glücklich. Dann hob er langsam eine Hand um mich zärtlich an der Wange zu berühren. Ich zuckte zurück, solche Zärtlichkeiten waren fremd, ungewohnt und riefen unangenehme Erinnerungen in mir wach.
„Ich tue dir nichts.“ Flüsterte er und kam mir näher, für meinen Geschmack ein wenig zu nah. Und die Stimme, welche sich gestern gemeldet hatte, nun ein wenig stärker, drang auf mich ein und meinte ich solle doch ein wenig diesem Mann entgegen kommen. Nein, diese Stimme war unverschämt. Außerdem war ich müde und wollte schlafen, ach wenn es neben diesem Mann war, der jeder Zeit meinen Körper an sich nehmen könnte, wenn er nur wollte. „Legen wir uns hin.“ Flüsterte er und zog mich an sich.