Originally posted by Haplo@03.10.2003, 09:14
Der Arbeitgeber kann (wenn ich das deutsche Gesetz richtig verstehe) in seiner Hausordnung (bzw. im Arbeitsvertrag) festlegen wie sich der Arbeitnehmer anzukleiden hat. Also, um auf den aktuellen Fall zurück zu kommen, hat der Staat durchaus das Recht der Lehrerin zu verbieten ein Kopftuch zu tragen.
Falsch, kann er nicht, da man die Religionsfreiheit und die Ausübung dieser nicht einfach so beiseite schieben kann, wie dus in deiner Annahme gemacht hast. AFAIK gabs sogar ein gerichtliches Urteil gegen einen Arbeitgeber der sich das gleiche gedacht hat wie du.


Aber zum Thema. Ich finde die hier gebrachten Argumente schon sehr interessant.
Als Moslem weiss ich was von der religiosen Seite her stimmt, und ich stelle mich auch gerne vielen Fragen.
Was man aber grundsätzlich nicht verwechseln darf ist die Religion an sich, und wie sie in Gesellschaften manchmal (auch oft) ausgeübt wird.
Das Kopftuch an sich wird im Koran nicht gefordert, diese Aussage war schon mal richtig. Der Islam basiert aber nicht nur auf den Koran, und eine wichtige Grundlage sind auch die Interpretationen des Propheten für den Koran, bzw wie die Religion gelebt werden soll. Und in diesem Bereich wird das Kopftuch erwähnt, aber bei weitem nicht als Muss. Ein Punkt ist eindeutig, das Kopftuch ist eine rein freiwillige Angelegenheit. Und es ist eigentlich sogar verboten das man eine Frau zum Kopftuch zwingt. Mir ist klar das das in manchen Gesellschaften geschieht, aber da sind wir wieder bei der Religion an sich, und wie sie manchmal ausgeübt wird.

Kommen wir zur Missionierung. Es tut mir leid aber der Grund warum so viele Menschen vor Islamischen Missionseifer haben, liegt eher in der eigenen christlich geprägten Kultur. Im Islam gibt es keine Missionierung. Insbesondere nicht wenns um Christen und Juden geht.
Diese beiden Religionen sind vom Islam vollkommen anerkannt, und zum grössten Teil stimmen sie sogar mit Islam überein, sowie sie untereinander übereinstimmen.
Missionierung wird im Islam nicht ausgeübt, auf jeden Fall nicht im Sinne der katholischen Missionierung.
Natürlich wird niemand abgelehnt der sich für den Islam interessiert oder der lernen möchte, oder der nach einiger Zeit vieleicht sogar moslem werden möchte, aber eine aktive Missionierung ist mir nicht bekannt. Wieder sollte man berücksichtigen das ich hier von der Religion an sich spreche, und nicht von dem was mancher übereifriger Moslem tut.
Kurz gesagt, ich verstehe die Angst die viele haben vor der Missionierung des Islams, oder wies hier gesagt wurde, es fängt mit dem Kopftuch an und irgendwann müssen alle gegen Mekka beten, also wäret den Anfängen. Aber diese Einstellung rührt nur aus Angst vor den Unterschieden. Sie basiert beileibe nicht auf Logik, und sie ist die Basis für jede Fremdenfeindlichkeit. Aber die Grundlage für diese Angst, liegt bei der Person selber die sich fürchtet und nicht bei dem wovor sie sich fürchtet.
Dann tritt immer wieder das faszinierende Argument auf, das sich Leute die nach Deutschland kommen gefälligst anzupassen haben, sicher hier ists nicht so streng gesagt worden, aber in der Gesellschaft gibts das oft, interessanterweise immer am strengsten aus den Reihen der CSU und CDU ( das soll jetzt kein politisches Statement sein, sondern nur eine Beobachtung), diese Parteien haben aber wiederum in ihrem Programm Gelder vorgesehen die dazu dienen sollen deutsche die im Ausland leben zu unterstützen um ihre Kulturell Identität zu bewahren und genau das zu verhindern was sie von den Ausländern hier fordern.
Also gilt diese Forderung nur für Ausländer die hier her kommen, aber nicht für deutsche im Ausland. Und im Übringen ist es so das sich deutsche im Ausland sehr selten anpassen und anpassen wollen, an die Gesellschaftsnormen in denen sie leben, als jemand der dies in mind. 3 Ländern beobachten konnte erlaube ich mir einfach mal diese Schlussfolgerung.
Also nicht sollte man nicht das von anderen fordern, was man selber überhaupt nicht gewillt ist zu tun. Und ausserdem welche arme Gesellschaft möchte auf die unterschiedlichen Kulturen der in ihr lebenden Menschen verzichten? Das wäre wenn man das ganze ein wenig logischer Betrachtet und mit weniger Angst vor den Unterschieden eher negativ und ungewollt.

Wenn es um die Kinder und ihre Erziehung geht, dann sollte man viel eher folgendes bedenken: Welches Gesellschaftsbild werden die Kinder wohl eher mitkriegen wenn ihre Lehrerin auf einmal nicht mehr unterrichten darf weil sie ein Kopftuch trägt. Ist diese Intoleranz wirklich das was Deutschland seinen zukünftigen Generationen beibringen will? Und das bezieht sich natürlich nicht nur auf die eine Klasse, denn ich bin mir sicher das sehr viele Kinder das Ganze mitbekommen haben, und auch mitgekriegt haben was für eine Diskussion gerade verläuft was in ihrem Klassenzimmer geschehen darf. Die jetzige Diskussion um das Kopftuch geht eigentlich viel mehr um was ganz anderes. Es wurde gerade nur an das Kopftuch der einen Lehrerin dran gehängt, weil dies zum BVG gekommen ist. Es geht jetzt viel mehr darum welche Art der Gesellschaft in Zukunft in D entstehen soll. Eine kosmopolitische multikulturelle Gesesllschaft die mit den verschiedenen Menschen in ihr umgehen kann, oder eher eine einheitliche Gesellschaft, die nur nach einem bestimmten Satz von Regeln lebt und die Abweichungen nicht duldet.

Fazit meines Posts ist es das man als liberale Gesellschaft, die die Würde des Menschen an erster Stelle im GG verankert hat, und die Religionsfreiheit als kostbares Gut schätzt, weil man von der eigenen Vergangenheit gelernt hat, sich nicht hinreissen lassen darf von populistischen Strömungen die nur auf der eigenen Angst vor dem Unbekannten oder Unterschieden basieren. Man sollte fähig sein andere Menschen so zu akzeptieren wie sie sind, auch wenn das oft schwer ist wenn sie zu sehr anders sind als man selber.

Bedenkt immer folgendes: Wir sind alle Ausländer, fast überall.