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Thema: Kürzungen bei den Unis

  1. #1
    Tastaturquäler
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    Gestern war in Bayern ja großer Demotag (nur schade, das kaum darüber berichtet wurde) gegen die Pläne der bayerische Staatsregierung bei der Bildung 2004 10% zu kürzen. Da ich als Studentin der Universität Würzburg (die 20 Mio einsparen soll =>150 Stellen fallen weg) ja auch davon betroffen bin habe ich zum ersten mal in meinem Leben an einer Demonstration teilgenommen. War eigentlich echt witzig. Zuerst waren wir ziemlich am Ende des Zuges, aber am Sanderring, wo ein kurzer Zwischenstop war, sind wir dank unseres Weges durch den Stadtpark plötzlich an die Spitze des Zuges gekommen. Da war wenigstens ein bisschen Action. Die ganze Zeit Edmund Stoiber Bildungsräuber zu brüllen ist ganz schön anstrengend. Schwierig war auch, das die vortersten Reihen anscheinend ständig zu schnell waren, auf jeden fall mussten wir öfters stehen bleiben, weil sich hinten (laut Funk) lücken gebildet hatten. Einmal wurde sogar falsch abgebogen, aber ein netter Polizist hat die Leute schnell auf die richtige Spur zurückgebracht. Bei der Abschlusskundgebung auf dem Marktplatz waren wir dann auch ganz vorne bei der Bühe, dankenswerterweise so unter den Lautsprechern, das wir den Lärm nicht mit ganzer wucht abbekommen haben. Pfeifen sind ganz schön laut. Ich bin in Zukunft für Schweigemärsche. Eigentlich hatte ich ja gedacht, das nicht besonders viele teilnehmen würden, 10 % der Studentenschaft wären doch schon fast hoch geschätzt. Das dachten die Veranstalter wohl auch, denn sie hatten 3000 Leute angemeldet. Im Endeffekt waren es dann etwa 12 000. Nicht schlecht bei 20 000 Uni und 6500 FH-Leuten.
    Abends hat es mich dann natürlich interessiert, inwieweit die Proteste in den Medien erwähnt werden. In der Rundschau (praktischerweise gleich nach Quer) kam dann ein kurzer Bericht (in den in Würzburg von 7000 Studenten die Rede war, na ja ich weiß eh nicht wie man solche Mengen schätzt) und ein kurzes Gespräch mit dem Lieblingsfeindbild aller Studenten: Thomas Goppel. Und er hat doch sehr zu seiner Imageverbesserung beigetragen. Seine Argumentation war für mich nicht ganz nachvollziehbar, da sind ja selbst mathematische Beweise anschaulich. Als einziges Beispiel für einen Bereich wo man sinnvoll kürzen könnte viel ihn die Theologie ein, bei der man aber wegen dem Konkortat nicht kürzen könne. Also wirklich fällt ihm sonst nichts ein? Ein sehr überzeugender Ansatz, wo man sparen kann.
    Es wird wohl spannend wo die Unis zur "Profilbildung" sparen werden. Nett wäre doch die Streichung der Lehramtsstudiengänge ...

    Eigentlich habe ich von den angeblich so schlechten Studienbedingungen noch nichts mitbekomemn. Allerdings studiere ich ja auch Physik, ein Fach das nicht gerade für seine Überbelegung bekannt ist. Wir sind zwar dieses Jahr etwa 300 Ersties in der Fakultät, aber der Max-Scheer-Hörsaal fasst das doppelte, und die allgemeine Chemievorlesung leert sich auch immer mehr. Die Physikübungsgruppen sind mit etwa 30 Leuten auch noch ganz überschaubar. Und in den Matheübungen ist es eh egal wie viele Leute drin sitzen, das macht das ganze auch nicht verständlicher.
    Nur die teilweise nicht mehr ganz neuen Geräte beim Praktikum können etwas stören. Heute hat einer erzählt, das sein Vater auch schon mit den selben Meßgeräte hantiert hat ...
    <span style='color:orange'><span style='font-size:12pt;line-height:100%'>Niemand hätte je den Ozean überquert, wenn die Möglichkeit bestanden hätte, bei Sturm das Schiff zu verlassen.</span></span>

  2. #2
    DerBademeister
    Gast

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    Als einziges Beispiel für einen Bereich wo man sinnvoll kürzen könnte viel ihn die Theologie ein, bei der man aber wegen dem Konkortat nicht kürzen könne.
    Tjo, mein Bruder (eingeschrieben bei der LMU München) erzählte mir heute so ein Beispiel. Für evangelische Theologie gibt es bei 200 Studenten 20 Professoren. Für politische Wissenschaften gibt es bei 3000 Studenten 5 Professoren. Und in seinem Studiengang gibt es bei 1000 Studenten 2 Professoren, von denen einer in &#39;nem Jahr pensioniert wird.

    Soviel zum Thema effektiver Ressourcennutzung.

    Was meint er eigentlich mit dem Konkordat?

    Gäbe es in Bayern eine Opposition, könnte die ja einen Lügenausschuss einberufen, um zu sondieren, inwieweit die CSU mit Wahlkampfversprechen wie "An den Unis wird nicht gespart" gelogen hat. Wir kennen solche Spielchen ja von einer gewissen Partei auf Bundesebene.

    Es ist schon ein Schlag ins Gesicht all derjenigen, die in Zukunft sehen können wo sie weiter studieren (oder lehren), wenn dieser professionelle Dauergrins-roboter Edmund Stoiber bei jedem Auftritt arrogant von der "spitzenmäßigen" und "konkurrenzlosen" bayrischen Bildungspolitik doziert, bei der nächsten Kabinettssitzung aber fröhlich mit dem Rotstift über der Einsparliste kreist, und somit die Wissensgesellschaft einsargt.

    Man sollte jeden dieser aktenfressenden sesselfurzenden paragraphenreitenden Schreibtisch-idioten mal für einen Monat zwingen, eine handelsübliche bayrische Schule, FH oder Universität zu besuchen, damit sie sehen, was ihr Herumgestümper eigentlich für Folgen hat.

    Wenn wir in 20 Jahren wieder soweit sind, das wir hier nur noch Ausbildungschancen in den Bereichen Kuhmelken und Bierbrauen haben (so wie&#39;s früher in Bayern war), weil uns andere Länder mit gut ausgebildeten Fachkräften im globalen Wettbewerb abgehängt haben, ist es nämlich zu spät.

  3. #3
    Treuer SpacePub-Besucher Avatar von Estefan
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    Mir persönlich fällt Manches ein, wo bei Unis gespart werden könnte, Einzelfälle und Allgemeines. Wo öffentlicher Dienst ist, wird verschwendet, es ist ja nicht das eigene Geld...

    Z.B.: Personal 1:
    Eine Fakultät für Archäologie zahlt eine Arbeitskraft, um die Fotos aus aktuellen Publikationen abzufotografieren. Man kann sie nicht durch einen Scanner und Beamer ersetzen, da das angeblich zu teuer sei. Die 4000 Euro/Monat für die Stelle sind offenbar nix...

    Personal 2:
    Im Zuge des technischen Fortschritts sind die Rechenzentren an den Unis, die für andere Bedingungen (Großrechner) ausgelegt waren, derzeit weitgehend überflüssig. Sie bleiben im Allgemeinen dennoch mit vollem Personalbestand bestehen...

    Personal 3:
    Das deutsche Universitätswesen wird ja gerne mit dem Ausland verglichen. Im internationalen Vergleich ist (glaube ich) einmalig, dass deutsche (C4-)Professoren Anspruch auf eine Sekretärin haben - das haben nicht mal die Spitzenwissenschaftler in Harvard...

    Haushaltsführung:
    Bei staatlichen Stellen bemisst sich der Jahreshaushalt normalerweise aus dem Vorjahreshaushalt. Besonders an naturwissenschaftlichen Fakultäten schwankt der Geldbedarf aber von Jahr zu Jahr oft erheblich, wegen der teuren Geräte (die Dinger kosten oft Millionen), die braucht man aber nicht jedes Jahr neu. In Jahren, in denen man eigentlich keine teuren Investitionen tätigen muss, haut man halt das Geld raus (dann kriegen z.B. alle Anfängerlabore neue Ölkocher etc...). Das Geld anlegen darf man als staatliche Stelle nicht.
    Das Verhalten ist verständlich, da die Fakultäten ja konkurrenzfähig bleiben wollen, aber leider teuer für den Steuerzahler...

    Sparen bei den Unis halte ich grundsätzlich nicht für verkehrt, da es den öffentlichen Haushalten wirklich schlecht geht und Potenzial vorhanden wäre. So wie es aussieht, wird aber überwiegend an den produktiven Bereichen, nämlich Lehre und Forschung, gespart.
    Überflüssiges und verschwenderische Praktiken in anderen Bereichen werden dagegen beibehalten, daher bin ich gegen die Sparpolitik, wie sie jetzt betrieben wird.
    Radiaton... too much radiation...

  4. #4
    DerBademeister
    Gast

    Standard

    Bei staatlichen Stellen bemisst sich der Jahreshaushalt normalerweise aus dem Vorjahreshaushalt. Besonders an naturwissenschaftlichen Fakultäten schwankt der Geldbedarf aber von Jahr zu Jahr oft erheblich, wegen der teuren Geräte (die Dinger kosten oft Millionen), die braucht man aber nicht jedes Jahr neu. In Jahren, in denen man eigentlich keine teuren Investitionen tätigen muss, haut man halt das Geld raus (dann kriegen z.B. alle Anfängerlabore neue Ölkocher etc...). Das Geld anlegen darf man als staatliche Stelle nicht.
    Das Verhalten ist verständlich, da die Fakultäten ja konkurrenzfähig bleiben wollen, aber leider teuer für den Steuerzahler...
    Das ist bei allen Behörden so. Und dieses Prinzip ist einer der wesentlichen Gründe für die Multimilliarden-Steuerverschwendung, die die staatlichen Ebenen betreiben.
    Ich kann es nicht verstehen, wieso der Staat die "Verbrauchst Du heute wenig kriegst Du auch morgen wenig"-Logik nicht endlich revidiert. Die Auswirkungen sind derart offensichtlich, das sie einem Blinden bei Nacht ins Auge fallen würden.

    Das beste Beispiel für diese Födermethode ist eigentlich die Gießkannensubventionierung Ostdeutschlands, wo viele Gemeinden in ausgabenschwachen Jahren ihre Etats mit schwachsinnigen Projekten aufblähen, um im nächsten Jahr nicht weniger Subventionen zu erhalten.
    Exemplarisch festhalten lässt sich das an der Geschichte der "Bäderruinen" im Osten, die durch den Subventionsdruck in solcher Menge gebaut wurden, das sie sich gegenseitig die Besucher wegnahmen - wodurch letztendlich keine der Anlagen profitabel war. Den Steuerzahler kostet das gleich mehrfach.
    1.) Bau der Bäder
    2.) Jahrelange Bezuschussung der Bäder wegen der geringen Besucherzahlen +
    3.) hohe Betriebskosten -> irgendwann für die Gemeinden nicht mehr bezahlbar =>
    4.) Abriss der jahrelang leerstehenden Bäderruinen.

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