und schon wieder das thema alkohol.
diesmal aber bierernst. ich versprechs.
wo´s grad so gesellig im forum geworden ist, dachte ich, es wär mal zeit ein thema anzusprechen, welches ich zuerst in meinem umfeld und dann als es in den medien präsent wurde, bereits länger verfolge.
es geht mir in erster linie um alkoholismus.
spezifischer ausgedrückt um die gefährdung der jugendlichen dadurch -besonders mittels des verfügbar-machens schicker alki-drinks (sogenannte "alcopops"), die so ganz harmlos wirken und weil sie wie limonade schmecken, eigentlich doch gar nicht schlimm sein können / dürfen.
vor einiger zeit kamen wodka-firmen auf die idee, ihren stoff im weichei-format zusammen mit lemon und dergleichen süßlichem gemixt anzubieten. nachdem wir bereits sowas wie jim-beam-cola hatten, wurde dies plötzlich zum letzten schrei. besonders junge menschen suckelten an den handlichen schicki-micki-drinks wie an der viel zu früh abgesetzten babyflasche.
wie erwähnt, schmeckt alles schön süß und lecker und sieht wegen der enorm gesunden farbstoffe darin sogar prima aus.
nun aber kommt vater bzw. mutter staat daher und schreit "einstiegsdroge", "strafsteuer" usw....
will da jemand an der legal alkoholisierten jugend verdienen? den spaß am jungsein nehmen?
Strafsteuer für alkoholische Mixgetränke geplant
Alkoholische Mixgetränke - eine Einstiegsdroge?
Nachdem Ärzte davor gewarnt haben, dass immer mehr Kinder und Jugendliche alkoholische Mixgetränke bis zur Bewusstlosigkeit trinken, will die Bundesregierung nun offenbar gegensteuern. Der Preis für die harmlos aussehenden Getränke auf der Basis von Rum, Wodka oder Whiskey soll verdoppelt werden. Die Idee für dieses Vorgehen stammt aus Frankreich und hat sich dort bereits bewährt.
Doppelter Schnaps in einer Flasche
Die Drogenbeauftrage der Regierung, Marion Caspers-Merk (SPD), plant nach Informationen der "Berliner Zeitung" eine Strafsteuer für die so genannten Alcopops. Der Hintergrund: Handelsübliche Flaschen enthalten eine doppelte Schnapsglasmenge hochprozentigen Alkohols. Aufgrund von Süßungsmitteln ist der Alkohol aber kaum zu spüren. Vor allem junge Frauen und jene Jugendlichen, die bisher keinen Alkohol mochten, werden so zum Trinken verführt.
Zusatzsteuer in Frankreich 1997 eingeführt
"Alcopops richten großen Schaden an und sind eine Einstiegsdroge", sagt die Drogenbeauftrage. Ob die Strafsteuer in Deutschland tatsächlich eingeführt wird, soll noch in diesem Jahr entschieden werden. In Frankreich wird die Zusatzsteuer seit sechs Jahren erhoben. Seitdem ging der Absatz stark zurück.
Künast fordert bessere Kennzeichnung
Unterstützung für ihren Vorstoß bekommt Caspers-Merk von Verbraucherministerin Renate Künast (Grüne). Sie forderte die Hersteller auf, die Flaschen deutlicher zu kennzeichnen und warnte die Händler, nicht gegen das Jugendschutzgesetz zu verstoßen. Den Erlös aus einer Zusatzsteuer will Künast zweckgebunden in Aufklärungskampagnen etwa der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung oder andere Drogenbekämpfungsmaßnahmen fließen lassen.
Weitere Idee: Pfand auf Verpackung erhebenDie Verbraucherministerin unterstützt in diesem Zusammenhang auch die von Umweltminister Jürgen Trittin (Grüne) vorgelegte Dosenpfand-Novelle. Trittin will erreichen, dass auch für Getränkeverpackungen mit Alcopops Pfand gezahlt werden muss. Damit falle dann der gesundheitspolitisch höchst problematische Preisvorteil von Alcopops gegenüber Soft-Drinks weg, betonte Künast. Derzeit muss für eine Cola-Dose Pfand gezahlt werden, für eine Dose Whiskey-Cola dagegen nicht.
...
nun, bei diesen fragen schweift mein brain (gehirn) in die vergangenheit. und zwar in die zeit, als ich gerade dabei war, ein vorbildlicher deutscher jugendlicher zu werden. nachdem ich schon kein vorbildliches deutsches kind war und lieber auf friedhöfen als auf dem fußballplatz rumhing, wollte ich nach dem 13. geburtstag meine eltern oder auch mich oder wen auch immer ein wenig beruhigen, indem ich in den sogenannten jugendclub ging.
der jugendclub war eine ansammlung von jungen burschen. frauen gabs in unserm dorf nicht. die kamen später zwar von außerhalb dazu, das dauerte jedoch noch eine weile. wenigstens solange, bis man als richtiger kerl ein tussi-abschleppvehikel im sinne eines mopeds o.ä. besaß. ich besaß sowas nie und musste deshalb kompliziertere wege suchen, um frauen kennenzulernen. aber das ist eine andere geschichte.
jedenfalls...solange wir noch keine tussies zum zeitvertreib im jugenclub hatten, mussten wir uns eben mit uns selbst begnügen. da die burschen meistens nur dann munter wurden, sobald sch(m)umi oder andere wichtige deutsche sportgrößen über den flimmerkasten flimmerten, brauchten sie natürlich für die zeit, in der man von denen weniger zu sehen bekam, einen ausgleich zum locker-/happy-werden.
und da sind wir nun endlich beim thema:
der alkohlismus in der jugend.
irgendwann ging es nämlich nicht mehr anders. da musste bei jedem treffen, bei allem was nach feier aussah und überhaupt ein kasten bier, ein paar kümmerling, goldkrone, kleiner feigling oder irgendwelcher anderer fusel zugegen sein, um der langweile möglichst wenig chancen zu lassen.
ich kannte das von meinem bruder. obwohl der scheinbar nie so wirklich spitz auf den suff war, gab er sich die dicke dröhnung zumindest bei jeder kirmes, dorfdisco und wie das sonst noch hieß. das sah, wenn er kotzseelig heimkehrte, dann meistens weniger schick aus. aber im bierzelt funktionierte er so sicherlich prima.
nun schickte ich mich an, ebenfalls derart feuchtfröhlich derartigen veranstaltungen beizuwohnen. mein erstes stark alkohlisiertes erlebnis war die silvesterfeier 93/94 oder 94/95 -das weiß ich leider nicht mehr so genau.
wir burschen, verstärkt durch ein paar burschen der umliegenden dörfer (aber immer noch ohne tussies) hatten ein prächtiges saufgelage veranstaltet, bei dem gebechert wurde und gebechert wurde bis die meisten gar nicht mehr unter kontrolle hatten, was alles in ihre adern floss. -und was es mit ihnen machte. einer zerdepperte mit seinem arm eine fensterscheibe und blutetete, andere lagen rum und ich weiß nur noch, wie ich mir ein glas nach dem anderen einschänken ließ und dabei dachte, dass mir das ja eigentlich gar nicht so viel ausmacht.
nach dem x-ten glas merkte ich aber, wie nicht nur mein magen, sondern auch diverse sinnesorgane begannen, auf meine becherei zu reagieren. nachdem ich besonders über meinen magen nicht mehr selbst herr wurde, eilte ich nach draußen, hielt mich am fallrohr unserer klapprigen dachrinne fest, kniete mich davor und übergoss selbiges mit einem lang andauernden strahl kotze. ich glaube, während ich das tat, gesellte sich noch ein anderer bursche dazu unnd schloss sich meinem tun an.
ok, ich merke schon, der ganze text wird zu lang. und wahrscheinlich entdecken die großen freidenker und poeten des forums selbst nach dem 2. lesen keinen sinn bzw. keine anregung zum nach-/querdenken darin.
also versuche ichs mal mit der moralischen pointe oder wie auch immer man das nennt:
nach dem auskotzen legte ich mich in irgendeine stille ecke und verpennte den jahreswechsel. erst gegen 2 uhr nach mitternacht taumelte ich den noch besser aufgelegten burschen entgegen, die das feuerwerk und all das längst hinter sich hatten. vielleicht waren während meiner abwesenheit sogar tussies dazu gestoßen. nun gut, da hätt ich in dem alter wahrscheinlich eh nicht viel verpasst.
doch ich will ja nicht weiter ausschweifen...
schlussendlich ging ich nach diesem erlebnis wesentlich kritischer an das thema alkohol ran.
erstmal, weil ich selbst spürte, wie scheiße ich mich dabei fühlte und mich gar nicht erst wie alle andern an dieses gefühl gewöhnen wollte. und weil ich sah, was der stoff aus meinen mitmenschen machte. solche sauf-events klingen nacherzählt immer sowas von spaßig, gemütlich-albern und als wäre sonstwas dolles los gewesen. z.b. wurde das zerdeppern der fensterscheibe und der daraus resultierende blutige arm mehr als schwank nacherzählt als dass man sich ernsthaft gedanken machte, wie schnell das hätte schief gehen können. denn hätte sich der bursche am glas in eine pulsader oder so geschnitten, hätte ers durch den starken alkoholpegel wahrscheinlich gar nicht sofort bemerkt. und wir burschen drumrum hättens mit unserm ebenfalls ziemlich hohen alkpegel wahrscheinlich nicht geschafft, ihm zu helfen. (das war eine wirklich sehr moralische aufeinanderfolge vieler "hätte"-sätze, jedoch nicht minder ernst gemeint).
nachdem ich dann weniger soff und (zumindest im jugendclub) irgendwann ganz damit aufhörte, ertönten mir gegenüber immer wieder sprüche wie "aber das gehört doch dazu!" , "wir sind doch jung!", "jugend genießen...", "blaaaaaablaaaaaaaabla...". selbst die sogenannten erwachsenen hatten mir meist nix anderes anzubieten als jene lebensweisheiten. das war einer der gründe, weshalb ich schnell meinen respekt vor dem, was sich gesellschaft nennt, verlor. dieses widerlich doppelmoralische kotzt mich bis heute an und ich kann jeden, bei dem ich es auch nur ansatzweise spüre nur als riesendeppen sehen oder -psycholoigisch betrachtet- als bemitleidenswert.
nachdem ich dann aus dem jungendclub draußen war, kamen die frauen. nein, leider nicht zu mir, sondern in den jugendclub.
im zusammenspiel mit alkohol geschah dann einmal eine geschichte, die mein frauenbild zu jener zeit sehr prägte:
einer der alkoholisierten burschen -ein schmieriger, dauernd notgeiler depp -ermutigte sich nach der sonstwievieltesten flasche bierkümmerlinggoldkronekleinerfeigling dazu, einer der anwesenden damen von hinten an die möppse zu grabschen. sie fand das wohl im ersten moment nicht so toll. nachdem er aber wieder nüchtern war und mit einer geschichte wie "war ja besoffen -war nicht absichtlich." (die auf die herzen bestimmter frauentypen zugeschnitten anscheinend prima fungsioniert) kam, hatte er die schnecke am haken. sie waren dann einige zeit zusammen, haben angeblich sogar das alte steck-ihn-rein-zieh-ihn-raus-spiel gespielt usw.
alkohol lohnte sich also.
nüchtern hätte er sich das nämlich
a) nicht getraut und
b ) hätte er dann der dame, die gern märchen hört, kein derartig sympathisches märchen auftischen können.
sicher überlegte ich dann eine weile, ob ichs nicht auch mal so versuchen sollte. ich fand die möppse der dame gar nicht übel und warum man da nur mit ein paar promille im blut rankam, wollt ich nicht so recht verstehen. ich bemerkte eben nur, dass alles seinen gesellschaftlichen rahmen braucht. der gesellschaftliche rahmen für das grabsch-ereignis war der suff. in jenem rahmen war das grabschen sozusagen legal. außerhalb dieses rahmens eben nicht.
genauso andere verhaltensweisen -wie z.b. voll-crazy-sein, auf den putz hauen oder eben seinen gliedern schnittwunden zufügen, sind im besoffenen zustand erlaubt und kein bisschen bedenkenswert. weil der rahmen stimmt und solange jeder betüdelt ist auch keiner aus diesem rahmen fällt.
für die jugend war das damals und ist es heute ein großer reiz. alles tun, wo man bock drauf hat. und bei dem billigen fusel muss man nicht mal besonders hohen eintritt zahlen, um in diese schillerwelt grabschbereiter titten und legalen schwachsinns zu gelangen.
deshalb denke ich, ist es richtig, dass der staat zumindest versucht, etwas dagegen zu unternehmen.
der erfolg ist dabei wieder eine andere sache, denn billige quellen, um an den jeweiligen stoff zu gelangen finden sich trotz verschärfter gesetze wahrscheinlich immer wieder.
alkohol gehört eben dazu. ist wie ein lebenswichtiges medikament gesellschaftlich verordnet.
für mich scheints wie ein zwangsverhalten, was normalerweise wegtherapiert werden müsste. da es jedoch gesellschaftsfähiges zwangsverhalten ist, so etwa wie ständig auf seinem handy rumzufummeln, wird es als normal betrachtet.
wirklich traurig und nicht nur psychologisch bemitleidenswert finde ich dann die leute, die immer wieder stolz verkünden:
"ey war geil die party, kann mich nur an nix mehr erinnern."
vielleicht ist es für sie besser, sich nicht mehr erinnern zu können. denn erinnerung kann wahrheit bedeuten. zu viel davon tut weh. und leiden mögen wir doch nicht.
jedem weichei, das sich nicht traut, jedem, der es nicht anders bringt und allen feigen würstchen, die sonst vor lauter angst eingehen würden, hilft alkohol in massen, die selbstauferlegten bzw. anerzogenen grenzen wenigstens für eine nacht zu überschreiten.
der alkoholismus ist damit kein offensichtlich gefährlicher zustand mehr, sondern für manchen wie eine art ersatzreligion, die den weg der erleuchtung bringt.
welch wunder, da es heutzutage eigentlich kaum noch religionen mit so vielen gläubigen anhängern gibt.
dass vatermutter staat da eingreifen will grenzt beinahe an blasphemie...
na denn prost
bzw.
amen...
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