Igitt, war aber irgendwie zu erwarten das irgendwer ´nen Weg findet Folter per Gesetz zu rechtfertigen. Schließlich beruhigt so etwas das Gewissen ungemein.
Interessant find ich ja folgendes, fast wie Sepias Meinung, bloß das was von Prof. unten dran steht:
Irgendwie hab ich ja wirklich das Gefühl das man mit Moral bei dem Thema nichts erreichen wird. Schließlich meinen die einen man müsse die Menscheit vor den Gefolterten beschützen, die anderen das man die Welt vor den Folterern schützen muss. Beide Seiten kann man, wenn man denn will, irgendwie verstehen. Da kommt das Argument Folter ist nicht effektiv gerade richtig. Bloß hören wird auf so etwas wohl niemand.Folter ist ein Selbstzweck
Aussagen von Gefolterten sind gefährlich. Gegen Terror genügen die alten Waffen
von Wolfgang Sofsky
Die Folter ist kein Tabu. Vielerorts wird sie praktiziert, öffentlich wird ihre Berechtigung debattiert. Ein Verbot zu beschwören, installiert noch kein Tabu. Denn Tabus gelten stets unbefragt. Die Appelle der Entrüstung verkünden lediglich ein rechtliches Dogma. Dass ein einstmals gesetztes Prinzip wie die Achtung der Menschenwürde als "abwägungsfest" oder "unverbrüchlich" ausgegeben wird, enthebt nicht von der Notwendigkeit seiner Begründung.
Die deutsche Folterdebatte zeichnet sich nicht gerade durch Klarheit und Substanz aus. Pathetische Gesten ersetzen Argumente, Selbstgerechtigkeit überdeckt Ignoranz. Was die Tortur anlangt, haben Deutschland und Europa nicht den geringsten Vorsprung vor anderen Nationen. Sich auf einer höheren Treppenstufe der Zivilisation zu wähnen ist Hochmut und Heuchelei. Fast jede Nation der EU kennt die Folter aus seiner jüngsten Geschichte: Frankreich in Algerien, Belgien im Kongo, Großbritannien in Nordirland; Spanien, Portugal und Griechenland unter der faschistischen Diktatur, Polen und Ungarn unter der kommunistischen Parteiherrschaft. In Deutschland währte die Zeit der Folter bis in die achtziger Jahre - in den Gefängnissen der DDR. Seit Jahren unterhält die Bundesrepublik, die sich als Hüterin der Menschenrechte geriert, freundschaftliche Beziehungen zu den Folterregimen in Ägypten, Tunesien, Russland, China oder der Türkei.
Ein Rechtsgrundsatz schützt nicht vor politischen oder ethischen Dilemmata. Die hypothetische Frage, ob es gerechtfertigt sei, einem Massenmörder Gewalt anzutun, um rechtzeitig Anschlagspläne zu erfahren und so das Leben Hunderter zu retten, wird als juristische Rabulistik verdammt. Lebensrettung rechtfertige keinen Rechtsbruch, die "Würde" des Massenmörders rangiere vor dem Schutz der Opfer und der nationalen Sicherheit. Offenkundig würde das Grundrecht in diesem Fall keine Gerechtigkeit garantieren. Denn der Staat hat nicht nur die Würde, sondern vor allem das Leben seiner Bürger zu schützen. Tatschuld stünde so gegen vielfache Unterlassungsschuld. Im realen Notfall zöge jede Dezision einen fundamentalen Rechtsbruch nach sich.
Die Behauptung, die Tortur verletze die Menschenwürde, ist allerdings die Untertreibung dieses Jahres. Als ließen es Folterknechte nur an der Achtung der menschlichen Würde fehlen. In Wahrheit zerstört die Tortur die Essenz des Menschen. Sie eliminiert das Handeln und zerschlägt die Person durch Schmerz, Angst und Verlassenheit. Das Opfer ist ganz in der Hand des Täters, ist dessen Willkür, Wut, Spiellust und Vernichtungswillen ausgeliefert. Die Gewalt verwandelt die Person in ein zuckendes Stück Fleisch. Sie ruiniert den Menschen als ganzen, seinen Körper, seine Sprache, seine Seele, seinen Geist. Anders als die Marter ist die Tortur keine Technik des Tötens, sondern des andauernden Sterbens. Für den Geschundenen endet ein Teil seines Lebens. Auch wenn er die Tortur überlebt, ist die Wunde nicht mehr zu heilen.
Entgegen einer weithin verbreiteten Ansicht dient die Folter nicht zur Erpressung von Geständnissen oder Informationen. Was immer offiziell als Zweck ausgegeben wird, die Tortur ist kein Werkzeug des Verhörs. Vielmehr dient das Verhör als Mittel der Tortur. Denn die Pein soll das Opfer nicht zum Reden, sondern zum Schweigen bringen. Mit der Moderne hat sich die Folter vom Auftrag der Wahrheitsfindung emanzipiert. Sie erprobt physische Reaktionen, ruft den Schmerz hervor und bringt den Gepeinigten zum Schreien. Sein Inneres wird nach außen gekehrt, seine Sprache im Schmerz erstickt. Daher ist die Folter keine Methode der Straf- oder Gesinnungsjustiz. Die Präparation eines Gefangenen für eine Befragung ist meist nur ein Vorwand für Quälereien, die um ihrer selbst willen exekutiert werden.
Der Schmerz ist der Wahrheit abträglich. Aussagen von Gefolterten sind gefährlich und irreführend. Inhaftierte Mitglieder konspirativer Gruppen wissen nur wenig und können daher kaum etwas verraten. Einige Menschen, die etwas wissen, ertragen die Pein und sagen nichts. Die allermeisten indes kapitulieren. Sie lügen und gestehen Taten, die sie nicht begangen haben, beschuldigen Unschuldige und erfinden Verbrechen, die gar nicht geplant sind. Um der Qual zu entkommen, sagt der Gefolterte alles, was er sagen soll, ob es stimmt oder nicht. So bringt die Tortur Unschuldige ins Verderben und rettet die Schuldigen, welche dem Schmerz widerstehen.
Zwar gelten auch im neuen Terrorkrieg noch die alten Konventionen des Staatenkriegs. Aber der Krieg ist kein Duell vor neutralem Tribunal. Er ist ein Instrument der Macht. Über den Sieg entscheidet nicht das Recht, sondern die Gewalt. Der Sieg gehört nicht dem Gerechten, sondern dem Stärkeren. Nicht Werte verschaffen Überlegenheit, sondern Feuerkraft, Disziplin und Kampfgeist. Die Moral jedoch nimmt Schaden, wenn der Sinn für Gerechtigkeit schwindet und Grausamkeiten ungesühnt bleiben. Gegen Terrorkrieger und Massenmörder genügen die altbewährten Geheimtaktiken des Krieges vollauf: List und Tarnung, Infiltration und Prävention, Aufklärung und Überfall.
Wolfgang Sofsky, Professor für Soziologie, lebt als Privatgelehrter in Göttingen. In seinen Büchern "Die Ordnung des Terrors" oder "Traktat über die Gewalt" hat er sich mit der Anthropologie der Gewalt beschäftigt.
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