Inhalt
Die Welt im Jahre 2045 wird von riesigen Wirtschaftsunternehmen regiert. Möglich wurde das durch eine globale Gesetzgebung, die den Unternehmen Souveränität einräumte, so dass Angestellte plötzlich zu Bürgern Ihrer Arbeitgeber wurden. Konsequenterweise versuchen diese Konzerne ihren Einflussbereich auch außerhalb der Erde zu erweitern und hierbei spielt die in Deutschland ansässige Firma Space Cargo eine große Rolle.

John Nurminen ist einer der Raumschiff-Kapitäne des Konzerns mit guten Verbindungen in die Führungsebene. Folgerichtig bekommt er den heikelsten Auftrag, den die Firma jemals vergeben hat. Nurminen soll ein Flugobjekt abfangen, das vor kurzem in unser Sonnensystem eingedrungen ist. Erste Messungen ergaben, dass es sich dabei um eine gigantische Pyramide mit einer Höhe von rund elf Kilometern handelt. Während die Fachwelt in heller Aufregung ist, will der Konzern bereits Maßnahmen einleiten bevor die Nachricht an die Öffentlichkeit drängt.

Der Konzernleitung ist klar, dass sie nicht als einzige von dem Objekt wissen und geben Nurminen ein Schiff mit einem experimentellen Antrieb. Zwar stehen abschließende Tests noch aus, doch der Entwickler, Dr. Joseph Schmidtbauer, ist von der Funtionsfähigkeit überzeugt, während für die Konzernleitung nur der daraus resultiernde Geschwindigkeitsvorteil relevant ist.

Dieser ist auch dringend erforderlich, denn angefangen bei der Konkurrenz bis hin zum Vatikan löst das UFO reges Interesse aus. Nurminen macht ich also mit der bunt gemischten Crew, der neben Schmidtbauer und seiner Frau eine Telepathin namens Halbmond angehört, auf den Weg. Außer Nurminens Stammteam ist seine Ex als Boardärztin mit dabei und da unter Umständen der Erstkontakt zu einer außerirdischen Intelligenz bevorsteht, sind auch ein Biologe und ein Mathematiker der Einladung gefolgt.

Die Schwierigkeiten beginnen bereits kurz nach dem Start. Es kommt zu Spannungen innerhalb der recht exzentrischen Gruppe und auch der Konzern spielt offenbar nicht mit sauberen Karten. Weiterer Ärger erscheint in Form eines amerikanischen Raumschiffs, das unbedingt dieses Rennen zur Pyramide gewinnen will und dabei nicht einmal die einzige Konkurrenz darstellt. Für Nurminen gibt es jedoch kein zurück mehr und obwohl er sich von seiner Firmen-Familie betrogen fühlt, steuert er seine Nostradamus unebirrt zur Pyramide.

Meinung
Eintausendachtundfünfzig Seiten.
Wow, nicht schlecht für ein Erstlingswerk. Fragt sich immer nur, ob man sich durch die Kapitel quälen muss, oder eine Überraschung der positiven Art erlebt.

Immerhin haben wir es hier mit einer ziemlich seltenen Erscheinung zu tun, einer Space Opera aus deutschen Landen, die nicht im geringsten etwas mit Perry Rhodan oder so zu tun hat. Die Szene war derart überrascht, dass man in gewissen Kreisen sogar munkelte, dies sei das Werk eines bekannten deutschen SF-Autors, der unter Pseudonym schreibt. Doch mein Wort darauf, H. D. Klein ist echt.

Kommen wir zum Buch, oder sollte man sagen zu den Büchern? Der Autor selbst hat bereits eine entsprechende Einteilung vorgenommen, vielleicht weil er nicht glauben konnte, dass ein deutscher Verlag den Schinken komplett druckt. Die Einteilung macht jedoch Sinn: im ersten Buch beschreibt Klein die Welt von übermorgen, und so erfahren wir (nicht unbedingt in aller Ausführlichkeit aber soch ausreichend) wie es zu den souveränen Großkonzernen kam. Wir beobachten den Kapitän bei den Startvorberitungen und seinen Nachforschungen bezüglich der bevorstehenden Aufgabe, was noch für einige Überraschungen sorgt.

Das zweite Buch verfolgt die Reisegruppe auf ihrem Weg zu dem außerirdischen Artefakt und gehört zum interessantesten Teil des gesamten Buches. Nurminen muss hier von allen Seiten einstecken. Der Konzern, den er bisher als seine Familie betrachtet hat, belügt ihn nach Strich und Faden. Schmidtbauer, Entwickler des neuen Antriebs und technischer Leiter an Board, entpuppt sich klassischer Vertreter der Gattung "Mad Scientist" und auch von den restlichen Anwensenden hat jeder seine ganz persönliche Macke. Etwas komisch kommt einem lediglich die relative Geradlinigkeit vor, ein Problem taucht auf, es wird gelöst, nächstes Problem. Doch Kleins Einfallsreichtum in der Anwendung der Murphischen Gesetze macht das wieder wett.

Im letzten Teil schließlich geht es um das Artefakt selbst, von dem ich hier natürlich nichts schreiben will, schließlich möchte ich niemandem Verraten, dass der Gärtner der Mörder ist .

Insgesamt ist das Buch ziemlich flott geschrieben und liest sich entsprechend. Größter Kritikpunkt ist die Darstellung des amerikanischen Captains, der stark karikiert dargestellt wird, was so gar nicht zum Rest des Buches passen will. Darauf angesprochen meinte der Autor, dass er einen Kontrapunkt zur klischeehaften Darstellung der Deutschen in amerikanischen Produktionen setzen wollte, mit anderen Worten, er wollte sich dafür rächen .
Da dieser Part nur einen vergleichsweise kleinen Teil einnimmt, sei ihm das verziehen, zumal große Teile des Buches wirklich gelungen sind. Der qualitative Unterschied erklärt sich wohl dadurch, dass dieses Buch über einen Zeitraum von zehn Jahren verfasst wurde.

Die Auflösung des Buches ist interessant, auch wenn sie niemanden vom Hocker reißt. Echte Enttäuschung will aber nicht aufkommen, denn im Gegensatz zu manch anderen Schwarten musste man sich nicht bis zum Ende regelrecht durchkämpfen, was eine Belohnung für's Durchhalten überflüssig macht.

Bleibt abschließend nur noch zu sagen, dass ich dem Buch nicht nur auf Grund seines Exotenstatus (irgendwie Paradox, das Buch eines einheimischen Autors als exotisch zu bezeichnen) ein Empfehlenswert gebe. Doch Vorsicht, wer hier wissenschaftliche Hard-SF á la Banks oder Benford erwartet, wird sicher enttäuscht. Liebhaber klassischer SF-Abenteuergeschichten kommen dagegen voll auf ihre Kosten.

Nachtrag
Googol erschien im Jahr 2000 und geht mittlerweile in die dritte Auflage. Der Autor hat eben sein zweites Buch fertiggestellt, das im Sommer 2003 ebenfalls im Heyne-Verlag erscheinen wird.

Geplant ist eine Fortsetzung zu Googol, und Herr Klein hat versprochen, dass es nicht wieder 10 Jahre dauern wird...

Fakten
H. D. Klein: Googol - Der Flug der Nostradamus
Deutsche Originalausgabe
Heyne-Taschenbuch, 1058 Seiten, EUR 12,95
ISBN: 3-453-17092-X