Tach auch,

diese Diskussion liest sich köstlich. Lang ist es her, seit ich die letzte virtuelle Debatte über "2001" verfolgen durfte. Es tauchen immer wieder neue Gedanken auf, darauf bin ich scharf.

Zu einigen hier angesprochenen Themen:

Schnitt: Der Film ist schon radikal gekürzt worden; im Fernsehen lief die Miniversion. Ironie.

Der Drogenrausch am Ende: Er soll eine Reise fantastischer Art weitab unseres Verständnisses darstellen. Jeder Zuschauer wird wohl zugeben müssen: Das mit dem "weitab unseres Verständnisses" gelingt auf jeden Fall.

---- "2001" ist eben einer der wenigen Filme, die handlungstechnisch fast gar nicht auf Unterhaltungswert legen, sondern als Kunstwerk angelegt worden sind. Offen für jede Interpretation, bewusst unklar ("Wenn Sie 2001 vollständig verstanden haben, haben wir versagt. Wir wollten viel mehr Fragen stellen, als wir beantwortet haben." Zitat: Arthur C. Clarke). Man kann nur spekulieren. Und vermutlich lag – neben den ausgezeichneten Optik – darin der Erfolg: Das verwirrte Massengelabere danach eben. ---

Über Bowmans schnelles Altern: Vielleicht ein Mittel zum Zweck der Verdeutlichung? Schließlich wird er im Finale als embryonales Weltraumwesen wiedergeboren. Vielleicht eine metaphorische Botschaft: Dies passiere mit der Menschheit, sobald sie ihre nächste evolutionäre Grenze erreicht hat.

Denn da liegt ja der Kern: Es ist eine umgedichtete Evolutionsgeschichte der Menschheit. Der mystische Monolith fungiert als Akzelerator unserer Entwicklung. Allerdings sorgt er nicht unbedingt für attraktive Entfaltung. Die von ihm ausgelösten Entwicklungschübe stehen halt immer in Zusammenhang mit besagter Gewalt:

Der Knochen wird zur Waffe, irgendwann zum Sinnbild der Technik (man erinnere sich an den grandiosen Schnitt Knochen/Raumvehikel), auf die achtlos vertraut wird. Fast nichts mehr scheint technikfrei möglich zu sein.
Optimum dieser gewalten Technologie ist HAL, der Bowmans armen Kollegen ins All befördert. So geschehen der Höhepunkt der Entwicklung: Das Werkzeug (HAL) ist plötzlich der Entwickler, der Mensch nun das Werkzeug.

Rückentwicklung als Reaktion: Bowman kann nichts weiter tun als sich seiner Abhängigkeit von der vermeintlich sichernden Technik zu befreien, er kehrt ohne Schutzhelm zum Raumschiff zurück und schaltet HAL ab. Zum Schluss, nach dem "Drogenrausch" erlebt er den Weltraum zum aller ersten Mal direkt und ohne Technikschnickschnack. Nochmalneugeborenerweise.

Der Rest ist Schweigen.