Da es hier schon Threads zu so coolen und leider hierzulande weitestgehend unbekannten Serien wie Dead Like Me oder The Shield gibt, muß ich auch mal eine TV-Lanze brechen.
Eine Serie um den Inner Circle der Regierungsangestellten rund um den amerikanischen Präsidenten klang für mich seinerzeit wie die Lizenz zum Gähnen. Oder aber wie US-patriotrischer Schmarrn a la Emmerich. So habe ich mich auch trotz vieler Emmys lange nicht an The West Wing herangetraut. Aber irgendwann dann eben doch, und was habe ich entdeckt? Eine gleichermaßen dramatische, witzige und brisante Serie.
Die zwei Zutaten, die das Ganze jetzt schon zu einem modernen Klassiker machen: messerscharf-brilliant-witzige Dialoge und das beste Schauspielerensemble seit Deep Space Nine. Für ersteres gilt mein Dank dem genialen Aaron Sorkin, Schöpfer und Beinahe-Immer-Drehbuchschreiber. Für letzteres muß ich weiter ausholen: Martin Sheen ist als President Bartlet einfach nur überirdisch-patriarchisch gut. Kompetenz, Gerechtigkeitssinn, ein verschrobener Humor und ein liebenswert sturer Bock. John Spencer als Leo McGarry, der Chief of Staff, der lakonische Über-Daddy mit der rauchigen Stimme. Richard Schiff als der ständig besorgt dreinblickende Toby Ziegler, immer eine Wolke um seinen Kopf, auf der ARBEIT-ARBEIT-ARBEIT steht. Allison Janney als die schlacksige, zynische, tollpatschige Pressesekräterin C.J. Cregg. Das wären die vier besten, aber auch Rob Lowe und Bradley Whitford stehen ihre jeweiligen Männer. Einzig und allein Moira Kelly fällt etwas aus, und das muß den Machern auch aufgefallen sein, denn nach der ersten Season war sie (ohne Erklärung) weg.
Schön, daß es immer wie eine authentische Arbeitsatmosphäre wirkt, in der viel Blödsinn getrieben wird und Platz für Freundschaften und Streit ist. Schön, daß die Charaktere so wunderbar vielschichtig sind und sich ständig entwickeln dürfen. Schön, daß nicht irgendwelche belang- und harmlose politische Aspekte aufgegriffen werden, sondern durchgehend heiße Eisen.
Schade, daß die US-Politik nicht wirklich so ideal ist. Für den Nicht-Redneck von mindestens leicht überdurchschnittlicher Intelligenz ist diese Serie ein stärkeres Argument gegen Bush als Michael Moores Elefant-im-Porzellanladen-Angriffe.
Guckt Euch The West Wing an. Mindestens die ersten zehn Folgen. Wer sich darauf einläßt, wird nicht mehr loskommen. (Und danach eventuell auch Sports Night schauen, eine weitere Sorkin-Kreation, die in die selbe Kerbe schlägt.) Kurzum: uneingeschränkt empfehlenswert!
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