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Thema: Bücher mit dem "HÖ?"-Effekt

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  1. #1
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    Standard AW: Bücher mit dem "HÖ?"-Effekt

    Zitat Zitat von Dune
    Also mal ganz ehrlich: Jeder von uns hatte bestimmt schon mindestens ein Buch, bei dem er sich nach der letzten Seite gefragt hat: "Wöös?"

    (...) was der Autor einem denn nun mit seinem Werk mitteilen wollte... Kennt ihr sowas? Oder binnich hier die einzige mit Interpretationsschwächen?
    (Hervorhebung im Zitat von mir)

    Ich glaube nicht, dass jedes Buch eine Botschaft vermitteln will, und ich glaube auch nicht, dass es das müsste. Science-Fiction und Fantasy bietet im Gegensatz zur normalen Fiction (Belletristik) einen sehr großen Spielraum für Träume und Gedankenexperimente. Da muss doch nicht immer eine Botschaft hinterstecken.

    Ich befürchte, dass diejenigen, die immer nach einer Pointe, einem Finale und einer Botschaft ausschau halten, ein etwas eingeschränktes Literaturverständnis haben. Es gibt vielschichtige Bücher, in die man dieses oder jenes hineininterpretieren kann, wie z.B. Solaris von Stanislav Lem. Dieser Roman hat sehr viele Bedeutungsebenen. Eine davon dreht sich um die These, ob Kontakt mit Außerirdischen überhaupt möglich ist, was auch zentrales Thema des neuen Vorworts wurde. Die neue Verfilmung mit Clooney interpretiert das Buch ganz anders und macht eine Liebesgeschichte draus. Vielleicht auch eine legitime Lesart. Auf jeden Fall würde ich bei Lem keine einfache Antwort auf die Frage "Was ist die Message dieses Romans?" erwarten.
    Und dann gibt es wiederum Geschichten, die haben ein Finale, aber keine spezielle Message, sie sollen einfach spannend sein wie ein Krimi oder Western. Das trifft wohl auf eine große Zahl von Geschichten zu.

    Bei Enterprise hat man oft eine klare, gut erkennbare Botschaft. Manchmal so klar dass ich es echt nur noch "platt" nennen kann. Kommt aber auf die Folge an, manche sind schon besser.

    Nee, wie gesagt, ich würde nicht sagen dass man immer gleich "zu doof" ist. Aber bei 2001 - A Space Odyssey hab ich mir schon oft Gedanken über die Message gemacht ...

  2. #2
    Foren-Halbgott Avatar von Dune
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    Standard AW: Bücher mit dem "HÖ?"-Effekt

    Bei Büchern wie Lems Solaris ist mir ja auch eigentlich klar, dass das 'Ende' nicht wirklich eine Botschaft haben soll, das stimmt, da muss man das gesamte Buch für in Betracht ziehen. Bei solchen Büchern habe ich selten Verständnisprobleme, da einem von vornerein klar ist, was einen erwartet und dass man sich eben nach dem Zuklappen ein paar Gedanken über das Buch insgesamt machen muss.

    Nur bei dem mir oben beschriebenen Buch von Frank Herbert verhält sich das eben ein wenig anders. Da erzählt er über mehrere Bücher und tausende von Jahren eine in sich sehr interessante und schlüssige Entwicklung, nur um ans Ende eine total unverständliche Wendung reinzubringen.
    Und *das* ist für mich ein wirklicher "Wääs??"-Effekt.
    I can feel it. The turn of the Earth. The ground beneath our feet is spinning at a thousand miles an hour, the entire planet is hurtling around the sun at sixty-seven thousand miles an hour, and I can feel it. We're falling through space, you and me, clinging to the skin of this tiny little world, and if if we let go... that's who I am.

  3. #3
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    Standard AW: Bücher mit dem "HÖ?"-Effekt

    American Psycho:
    Im wesentlichen geht es darum, so genau und unmittelbar wie möglich Patrick Bateman zu beschreiben. Das löst B.E. Ellis dadurch, dass er Bateman erzählen lässt und dies auch im Präsens. Der Leser bekommt so einen sehr direkten Zugang zu den Gedanken Batemans und damit auch zum Wesen. Wenn seitenweise Markenkleidung, Popmusik, Sex & Gewalt beschrieben werden, dann deswegen, weil dies Bateman ausmacht.
    Das ist, was er ist: Er definiert sich durch das, was er trägt (im wesentlichen). Er hat eine Vorliebe für Musik, aber eher auf eine analytische, fast schon klinische Art, die der 80er Popmusik immer auf Perfektion bedacht und durch das Clip-Format in nicht zuvor dagewesenem Maße auf die Präsentation zugeschnitten, nicht unbedingt fremd ist. Im Kern ist er also leer, beide Interessen sind eher etwas von einer Hülle, die perfekt um das Nichts, was er ist aufbaut.
    Aber gleichzeitig ist er extrem unausgefüllt, gelangweilt. Daher sucht er erst in Sex Zuflucht, der aber immer extremer wird und in Gewaltorgien mündet, die auch immer weiter ausufern. Die oberflächliche Welt, die Zivilisiertheit wird immer weiter zurückgedrängt und irgendwann kann er kaum noch unterscheiden, was wahr ist und was nicht. Sein Anwalt sagt ihm, die Person, die er glaubt getötet zu haben lebt. Leben dann auch sein anderen 'Opfer' noch? Oder irrt sich der Anwalt? Immerhin wird auch Bateman oft für jemand anderen gehalten, es geht in seinen Kreisen nur um die Oberflächkeit, die die Personen beliebig und austauschbar macht.
    In dieser unklaren Situation kommt ein Kapitel, welches in einer Vergangenheits-Form erzählt wird. Das könnte bedeuten, dass Bateman sich schlicht etwas ausdenkt, innerlich durchdreht in seinen Gewaltphantasien, die aber nie Realität werden. Sicher ist dies aber nicht. Es bleibt dem Leser überlassen, was er denkt.

    Die Botschaft des Romans ist also einigermassen simpel: Es ist eine Art Anklage gegen die oberflächliche Welt der Yuppies Ende der 80er in New York. Ellis selbst hat in diesen Kreisen eine gewisse Zeit gelebt und daher die genauen Kenntnisse über Marken und Nachtleben.
    Warum er diese Botschaft auf die Art formuliert ist auch einigermassen deutlich: Oft erzeugt der Roman eine besonders starke Reaktion beim Leser. Das fängt bei den 'ich habe es nur bis Seite 80 geschafft, es war zu langweilig' an und hört bei den Leuten auf, die sich auf eine gewisse Art sogar mit Bateman identifizieren können. Wenn man sich darauf einlässt, ist man dem Protagonisten nach einer Zeit wirklich nahe und mir persönlich ist es extrem schwer gefallen die Gewaltphantasien zu lesen, da es extrem genau geschildert wird.


    Ist das jetzt verständlich gewesen? Im Prinzip gehört American Psycho schlicht in die Solaris-Kategorie von fraktalisman: Das ganze Buch ist die Pointe.
    Viel schwieriger finde ich es übrigens vom gleichen Autor Glamorama aufzuschlüsseln oder bei PKDs grossen Werken auf der wirklichen Handlungsebene nach Lösungen zu suchen und nicht gleich Unklarheiten in der Meta- oder Wirkungs/Botschafts-Ebene zu verarbeiten.
    I mean, after all; you have to consider we're only made out of dust. That's admittedly not much to go on and we shouldn't forget that. But even considering, I mean it's a sort of bad beginning, we're not doing too bad. So I personally have faith that even in this lousy situation we're faced with we can make it. You get me?

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