Zitat Zitat von Dr.BrainFister Beitrag anzeigen
Das funktioniert allerdings auch umgekehrt: Wenn ich in den letzten Jahren mal mit den SachbearbeiterInnen der Stadtverwaltung o.ä. Einrichtungen zu tun hatte (Gewerbeanmeldung, BAföG etc.), hat sich mein Menschenbild auch meistens dramatisch verschlechtert. Ein Grund für diese Wahrnehmung ist sicherlich, dass fast jeder die Situation immer nur von seiner Seite des Schreibischs aus betrachtet. Dem Klienten ist es erstmal relativ wurscht, warum die SachbearbeiterInnen oftmals überfordert, unfreundlich und inkompetent rüberkommen. Und genauso scheint es den Bürostuten und -hengsten wurscht zu sein, warum ihre Klienten nicht einfach jede Kröte schlucken wollen, die ihnen vorgesetzt wird. So dreht sich das immer im Kreis und ein Vorwurf jagt den nächsten. Schuld sein will am Ende schließlich keiner. Sowas wie ein "Tut mir leid, dass das so chaotisch gelaufen ist." hab ich von SachbearbeiterInnen jedenfalls noch nie gehört - ganz egal, wie lang die Liste an Bockmist war, den sie gebaut hatten.
Dazu muss man wissen dass die Fallmanager auf den Arbeitsämtern mittlerweile auch mehr und mehr Zeitverträge haben und von ihren Chefs unter Druck gesetzt werden möglichst wenig Leistungen zu bewilligen. Wer sich da zu viel Mitmenschlichkeit und Kulanz erlaubt landet selbst auf der Straße und auf der anderen Seite dieses Schreibtisches.

Ich möchte so einen Job nicht haben, wo einem ständig der Chef im Nacken sitzt den armen Säuen noch weiter eins reinzuwürgen um ein paar Euro einzusparen, wo man sich alle paar Monate mit neuen Gesetzen rumschlagen muss die wieder alles verändern, wo die IT hinten und vorne nicht funktioniert und und und. Ein ziemlich beschissener Arbeitsplatz und die Unfreundlichkeit und Kälte kommt nicht von ungefähr - sie wird diesen "Kundenbetreuern" förmlich anerzogen.

Die Verantwortlichen dafür sitzen allerdings im fernen Berlin.

Auf dem Spiegelfechter-Blog schrieb letztens jemand etwas dass ich nur unterschreiben kann:
Ich merke seit mehr als 10 Jahren ganz konkret, dass der Lebensstandard allmählich, aber sehr kontinuierlich sinkt. Mein eigener, sowie der des gesamten Umfeldes. Das beginnt bei der Qualität der verfügbaren Nahrungs- und Konsumgüter, geht über zu dem verfügbaren Geldmitteln nach Abzug der laufenden und der Lebenshaltungskosten und findet seinen Höhepunkt im am Autodach angeschlagenen Kopf, verursacht durch verrottete Strassen, die zwar zig mal bezahlt wurden, aber mangels Kapital in den Kommunen trotzdem bestenfalls geflickt wurden. Der zunehmende Mangel zieht sich in Deutschland wie ein stinkender, roter Faden durch jeden einzelnen Bereich der Lebenswirklichkeit. Die Entsolidarisierung und Verrohung der menschlichen Gesellschaft nimmt ebenfalls stetig zu.
Ich weiß, dass es noch eine Menge Luft nach unten gibt und der Verrotungsprozess dieses Landes ist derzeit noch so moderat, dass man ihn ertragen kann.
Das wird vermutlich jeder beobachten der nicht zumindest zu den oberen 10-20 % der Einkommen gehört. Bei uns in einem der reichsten Landkreise Bayerns mit, wie gesagt, 2,8 % Arbeitslosigkeit fehlt es jedenfalls an allen Ecken und Enden. Die beiden öffentlichen Schwimmbäder werden in absehbarer Zeit schließen müssen da kein Geld für Renovierungen da ist und sie ein Zuschussgeschäft sind welches sich die Gemeinden nicht mehr leisten können. Die Öffnungszeiten öffentlicher Einrichtungen wie z.B. Büchereien werden immer weiter reduziert und das Personal entsprechend eingespart. Die Straßen gleichen gerade zwischen den Dörfern eher einer Rallye-Buckelpiste. Die Schlangen vor den Tafeln werden immer länger und die Kosten der Jugendhilfe explodieren wegen der zunehmenden Zahl verwahrloster Kinder und Familien die Unterstützung benötigen.

Ich will mir nicht ausmalen wie es in struktur- und einkommensschwachen Regionen aussieht wo die Arbeitslosigkeit fünfmal so hoch ist wie bei uns.

All das während der Wohlstand und die Produktivität jedes Jahr weiter zunehmen - und von einem kleinen Teil der Gesellschaft komplett abgeschöpft werden, die uns dann erzählen dass wir über unseren Verhältnissen leben und wir unsere Gürtel gefälligst enger schnallen sollen.