Eines Tages stand ich vom Mittagstisch auf und da wusste ich es, ich war erwachsen.
Ach ja, wenn das so einfach wäre.
Vor langer Zeit habe ich mal, irgendwo in den Abgründen des alten Forums, chronische Spamer werden sich vielleicht erinnern, die These niedergeschrieben das Erwachsene die Kinder nicht verstehen weil sie ihre Unsterblichkeit verloren haben. Das heißt ja erwachsen werden bedeutet die Unsterblichkeit verlieren. Also war es dieser Moment in dem ich erwachsen geworden bin ... kann mir noch jemand folgen?
Ich weiß zwar nicht mehr was ich damals noch so geschrieben habe, ich wiederhole mich aber bestimmt.
Während meiner Kindheit ist viel passiert. Es herrschte der Kalte Krieg, jeder Tag hätte der letzte sein können, Tschernobyl hat die ein oder andere Ernte versaut und da wäre ja auch noch der Fall der Mauer. Boah, hab ich viel erlebt, denke ich während ich diese Zeilen schreibe. Wisst ihr was, daran erinnere ich mich aber nicht. Wenn ich mich an diese Zeit erinnere sind das Ereignisse wie ich auf Opas Heuboden gespielt habe, das erste Mal mitten in der Nacht durch den Wald gelaufen bin, und vielleicht das 89 / 90 der ein oder andere komisch gekleidete Schüler neu an unsere Schule gekommen ist.
Was ich damit sagen will ist das man als Kind eine andere Wahrnehmung hat, und ich würde sogar soweit gehen und behaupten in einer anderen Welt lebt. Man interessiert sich nur für diese eigene, kleine Welt, in der man glaubt sicher und behütet die Zeit bis zum eigenen Lebensende verbringen zu können, es ist nicht wichtig was außerhalb passiert.
In dieser kleinen Welt gibt es natürlich auch Probleme. Mal ist Mama sauer weil man nicht artig war, in der Schule ist es auch nicht immer so toll, aber irgendwie vergeht das alles ganz schnell. Einige Zeit später ist die eigene, kleine, heile Welt wiederhergestellt. Alles ist so richtig schön trekkig.
Irgendwann muss es einen Zeitpunkt geben wo sich die eigene Welt auflöst und einen fallen lässt. Von diesem Zeitpunkt an ist man all den schrecklichen und bösartigen Dingen ausgesetzt wie all die Erwachsenen. Nichts scheint mehr sicher zu sein, und dann diese blöde Verantwortung ... Alles ist abhängig voneinander, alles hat was man tut hat Konsequenzen, die eben nicht in ein paar Tagen vergessen sind. Irgendwie ist das Leben von da an kompliziert.
Davon mal ganz abgesehen, wann verflucht noch mal soll ich denn nun erwachsen werden? Aber wahrscheinlich bin ich es schon? Aber wann ist es passiert? Hm, vielleicht war es ja irgendwann während der Pubertät? Oder an dem Tag an dem ich 18 geworden bin? Ich habe nämlich nichts davon mitbekommen. Während ich so nachdenke ... vielleicht ist das ja einer dieser typisch, schleichenden, gemeinen, hinterhältigen Prozesse die einen ganz langsam verändern ohne das man es merkt? Sonst würde man ja versuchen es mit aller Macht zu verhindern.
So ich hoffe mal der geneigte Leser ist jetzt verwirrt genug. Ich zumindest bin es.
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