Ich habe mir den Film jetzt noch mal angesehen. Mit etwas Abstand und der Action reduziert auf einen 30 Zoll-Bildschirm treten die Schwächen des Films offener zu Tage, die Spezialeffekte können weniger überdecken.
Der Film hat bei genauer Betrachtung gleich mehrere gravierende Probleme:
1.) Die Motivation des Bösewichts ergibt keinen Sinn.
2.) Die Story ergibt keinen Sinn.
3.) Zu viele Handlungsabläufe kommen nur durch unglaubliche Verkettung von Zufällen zustande.
4.) Zuviele Einzelheiten ergeben keinen Sinn.
Alle diese Probleme hängen zusammen.
Punkt 1 ist eine grundlegende Schwäche die Star Trek XI auch mit dem letzten "Bösewichter-Film" der Reihe teilt, "Nemesis". Dass dieser als von den Romulanern gefolterter Remaner ausgerechnet die Erde und nicht etwa die Romulaner mit einem Biowaffen-Holocaust abstrafen wollte, war nicht nachvollziehbar. Er brauchte eigentlich nur Picard zum Gentransfer um sein eigenes Leben zu retten, woran er aber trotz zahlloser Chancen nie Interesse zeigte. Wenn die Rachsucht des Bösewichts nicht verständlich ist, können wir uns nicht mit ihm identifizieren, er wird zu einem stereotypen, eindimensionalen Charakter - in einem Film in dem der Bösewicht das zentrale Element ist das die Handlung vorantreiben soll, ist das ein Desaster.
Das Gegenbeispiel dazu ist der erste Bösewichter-Film, "Der Zorn des Khan". Dieser Film ist auch deshalb einer der besten Filme der Reihe, weil er in Khan einen charismatischen Antagonisten hat, mit dem wir als Zuschauer mitfiebern können. Khan erreicht im Verlauf des Films sein eigentliches Ziel, nämlich die Befreiung seiner Crew von einem leblosen Planeten, in dem er ein Föderationsschlachtschiff stiehlt. Statt nun mit seinen Mannen in den Sonnenuntergang zu ziehen, bricht er einen Rachefeldzug gegen Kirk vom Zaum und riskiert Alles. Diese unlogische Handlungsweise des Bösewichts funktioniert, da wir als Zuschauer wissen dass es nicht bloß geschieht weil ein talentloser Drehbuchautor den Plot voranbringen und irgendwie das Setting für ein paar Actionszenen bereiten muss. Nein, wir wissen dass Kirk ihn und seine Leute einst auf diesen Planeten verbannt, und dann schlichtweg vergessen hat. Wir billigen selbst Heute Mördern eine gewisse staatliche Aufsicht und "Fürsorge" zu, die man sicherlich auch von der edlen Föderation und einem ihrer größten Helden erwarten könnte. Aber Kirk hat die von ihm ausgesetzten Menschen einfach vergessen und sich selbst überlassen. Durch diese Gleichgültigkeit Kirks hat Khan in den Jahren seines Exils viele seiner Leute sterben sehen müssen, ohne etwas dagegen tun zu können. Seine Rachsucht die sich gegen Kirk ganz persönlich richtet und ihn zu irrationalen Handlungen treibt, ist verständlich. Er ist ein glaubwürdiger Bösewicht.
Und hier kommen wir zuShinzonNero, dem glatzköpfigenRemanerRomulaner der Jahrzehnte alsSklaveGefangener auf einem Minenplaneten namensRemusRura Penthe ausharren muss, bis er die Gelegenheit erhält, die Enterprise mit seinem riesigen, dolchartigen Raumschiff namensScimetarNarada zu vernichten, deren KommandantenPicardPike zu entführen und auf einem komischen Stuhl zu foltern, und anschließend die Erde mit seiner mitgebrachten Superwaffe zu vernichten. Okay, das mit Rura Penthe erfahren wir nicht im Kinoschnitt des Films, vermutlich wurden die Ähnlichkeiten zu gewissen früheren Star Trek Filmen wie II, VI und X sogar JJ zuviel.
Neros blinder Hass auf Spock wird zu keinem Zeitpunkt wirklich nachvollziehbar und greifbar. Somit fällt das Kernelement des Films, die Dynamik zwischen Held und Bösewicht, flach. Achtung, ab diesem Zeitpunkt ist Ihr Film in ernsthafter Gefahr auseinanderzufallen, Vatar Abrams! Und nur zum Verständnis, ich beziehe mich hier auf den Film, nicht auf den Comic den ich und 99,9 % der Star Trek-Zuschauer nicht gelesen haben, der für den Film keine Rolle spielt und dessen diverse Logiklöcher nicht flicken kann.
Noch weniger ist nachvollziehbar, wieso Nero den größten Genozid in der Geschiche der Galaxis begeht, nur um Spock in seine Position zu versetzen. Neros Hintergrundgeschichte wird uns etwa so erzählt, und zu diesem Zeitpunkt wo wir überhaupt etwas zu seinen Motiven erfahren ist schon die Hälfte des Films um: Er ist ein einfacher Mann, der Kommandant eines Minenschiffes. Er hat eine Frau auf Romulus. Die romulanische Sonne droht urplötzlich zur Nova zu werden. Das mächtige romulanische Imperium bittet den kleinen Föderationsplaneten Vulkan um Hilfe weil die Vulkanier eine Lösung des Problems anbieten können (Sonne einsaugen bevor sie zur Nova wird). Die Vulkanier tun zu jedem Zeitpunkt ihr Bestes um den romulanischen Brüdern zu helfen, obwohl diese die Vulkanier nicht nur hassen, sondern wenige Jahrzehnte vorher den ganzen Planeten erobern wollten. Sie rüsten sofort ihr schnellstes Schiff aus, bemannen es mit ihrem erfahrensten Volkshelden und schicken es nach Romulus. Spock kommt leider einen Tick zu spät und kann nur noch die Zerstörung Romulus' durch die Supernova miterleben, um zu verhindern dass diese den Rest der Galaxie zerstört (?) saugt er sie schließlich mit der roten Materie auf, woraufhin er und der genau zur selben Zeit "zufällig" im romulanischen System ankommende Nero in einen Zeitwirbel gezogen werden.
In der Hälfte der Spielzeit hatten wir bei "Der Zorn des Khan" bereits gelernt dass Kirks Gleichgültigkeit für den brutalen Tod diverser Crewmitglieder Khans verantwortlich war. Khans Rachsucht war nachvollziehbar für uns.
In "Star Trek XI" kriegen wir wesentlich später einen kleinen Monolog von Nero hingeworfen der uns und Captain Pike die Hintergrundgeschichte erklärt. Kirk und Spock, die eigentlichen Protagonisten des Films, erfahren bis kurz vor Ende nicht, was der Antagonist eigentlich gegen sie oder die Vulkanier oder die Föderation hat. Leider lässt uns selbst dieser kümmerliche Erklärungsversuch von Neros Wahnsinnsinstaten mit einem ungläubigen "Hä?" zurück. Warum macht er überhaupt den alten Spock verantwortlich für den Tod seiner Frau? Es ergibt keinen Sinn. Spock hat ihren Tod nicht verursacht, das war eine Naturgewalt (Supernova). Trotzdem spricht Nero davon, mittels der Auslöschung von Vulkan den Genozid an den Romulanern zu verhindern. Aber wie wird durch die Auslöschung von Vulkan verhindert dass die Sonne 120 Jahre später wieder zur Nova wird und Romulus erneut zerstört wird? Die Vulkanier waren doch die Einzigen die überhaupt die Möglichkeit hatten den Romulus zu retten. Und warum bezeichnet Nero die Auslöschung seiner Welt durch ein Naturereignis als "Völkermord" (Genozid)? Auch unterlassene Hilfeleistung ist Spock nicht vorzuwerfen, er hat Alles getan um Romulus zu retten. Ebenso könnte Nero die Schuld am Tod seiner Frau sich selbst geben, schließlich kam auch er zu spät um seine Holde zu retten. Wäre er mit seinemmächtigen, High Tech SchlachtschiffBergbauschiff nur 5 Minuten vorher am Romulus aufgetaucht, hätte er die Herzensdame hochbeamen können und wir hätten keinen Plot.
Stattdessen aber Spock, Spock, ja das Spitzohr ist an Allem schuld! Und weil das so ist bringt unser Bergarbeiter mal eben auch zig Milliarden Vulkanier in der Vergangenheit um, die mit dem Schicksal von Romulus nullkommanix zu tun haben. Nur, damit Spock seinen Schmerz teilen kann. Mann, dieser Kerl ist wirklich sowas von superböse, das sollte nun aber auch dem letzten Transformers II-Zuschauer klar sein, der sich in den falschen Filmsaal verirrt hat. Nero ist ein Hitler. Er fackelt keine Christen ab, dafür Vulkanier! Okay, der durch die gravierenden Logiklücken in "Generations", "First Contact", "Insurrection" und "Nemesis" gestählte, Latexohren tragende Fanboy mag an dieser Stelle einwenden: "Aber Du kapierst nicht worum es geht, Nero ist einfach durchgeknallt!!!"
Diese Ausrede ist der billige Versuch, von der Tatsache abzulenken dass der gesamte Plot des Films zu diesem Zeitpunkt auf der Annahme "Der Bösewicht ist böse, weil er böse ist" beruht. Dran denken: Wir befinden uns hier keineswegs im Zuschauersessel einer 60er Jahre Episode von Batman, wir sehen einen 150 Millionen Dollar teuren Kinofilm, von demselben Typen der die fast schon unübersichtlich komplexe und vielschichtige Serie LOST erfunden hat.
Selbiger und seine Drehbuchautoren sind aber von den feschen Spezialeffekten so besoffen, dass sie jede Charakterentwicklung über Bord werfen und sich weigern uns zu erläutern, warum Nero eigentlich verrückt geworden ist. Der Kerl war offenbar 25 Jahre auf der klingonischen Strafkolonie die schon Kirk in "The undiscovered country" einen herzlichen Empfang bereitete. DA hätten wir einen Ansatz, der mit einer fünfminütigen Flashbackszene locker erklären könnte wie der trauernde Nero im Höllenloch Rura Penthe langsam verrückt wird, und Spock als Sündenbock auserwählt, wie er Tag um Tag mehr auf Vergeltung sinnt.
Von all dem erfahren wir nichts, von all dem was mit einfachen Mitteln möglich gewesen wäre, passiert nichts. Nur eine überflüssige Actionszene weniger (wie wäre es mit der Kirk wird von Riesenameise gejagt-Szene? Oder die Scotty flutscht durchs Rohr-Szene? Oder...) hätte bei gleicher Spielzeit des Films den Raum geschaffen um den Bösewicht als Dreh- und Angelpunkt der Story zu retten.
Punkt 2 und 3: Die Story ergibt keinen Sinn, die Handlungsabläufe ergeben sich durch Verkettung von Zufällen. Der Ausgangsparameter der Story ist die Sonne vom Romulus die zur Supernova wird. Das ist ein Prozess der Millionen Jahre dauert, und selbst in der akuten Phase vermutlich viele viele Jahre. Hier wird uns verkauft dass dies offenbar binnen weniger Tage geschieht (weshalb Spock auch nicht mehr rechtzeitig kommt). Selbst wenn wir unsere Grundschulkenntnisse der Astronomie vergessen wirft das immer noch die Frage auf: Warum wird Romulus nicht evakuiert? Warum düst nicht die gesamte in Reichweite befindliche romulanische Flotte und alle sonstigen Schiffe zum Romulus um so viele Leute zu retten wie möglich? Wieso beamt man nicht einfach alle Romulaner mittels dem von Spock später eingesetzten Super-Beamer auf einen anderen Planeten? Und vor Allem, wieso glaubt man durch das Einsaugen der Sonne den Planeten retten zu können? Als ich das letzte Mal gecheckt habe ist ein Planet ohne Sonne immer noch ein lebloser Klumpen Fels im All.
Der größte Schwachpunkt eines glaubhaften Handlungsablaufs tritt etwa zu 2/3 des Films auf. Kadett Kirk und Commander Spock streiten sich um die richtige Herangehensweise nachdem Vulkan zerstört wurde. Dies führt zur Handlungsoption...
A) Kirk wird daraufhin von Spock vom Schiff geworfen, ein im Verlauf von über 700 Fernsehepisoden und 10 Kinofilmen einmaliger Vorgang der jeder Starfleet-Regel widerspricht. Bisher wurden aufmüpfige Crewmitglieder immer in eine der plüschigen mit Kraftfeldern gesicherten Arrestzellen geworfen. Nur die extrem unwahrscheinliche Wahl dieser Option bedingt...
B) Kirk landet auf dem einzigen Planeten auf dem sowohl der alte Spock, als auch Scotty sich befinden, wobei alle drei Männer nichts von der Existenz der Anderen wissen. Kirk wacht in der Rettungskapsel auf und bekommt vom Computer gesagt dass eine Starfleet Station in der Nähe ist, er im der Kapsel warten soll und man ihn abholen wird. Kirk ignoriert diese Anweisung, klettert ohne jede Ausrüstung nur im Muscleshirt eine vereiste 50 Meter hohe Gletscherspalte hinauf (!), und nur weil er diese unsinnige Handlungsoption wählt kommt es zu ...
C) Kirk gelangt auf die Oberfläche, begegnet einer Art Bär (?) der von einer Riesenameise (?) getötet wird, Selbige verfolgt anschließend Kirk, er flüchtet, stolpert genau den richtigen Abhang hinunter, flüchtet weiter und nur weil er zufällig in genau diese spezielle Richtung flüchtet landet er in...
D) genau der Höhle in der der alte Spock wartet. Zu diesem Zeitpunkt musste sich eine ganze Reihe extrem unwahrscheinlicher Entscheidungen verketten damit Kirk in genau die Höhle auf genau dem riesigen PlanetenHothDelta Vega marschiert in der die einzige Person wartet die Neros Plan der Vernichtung der gesamten Föderation aufhalten kann. Das Zustandekommen des Finales des Films wie auch die weitere Existenz der Föderation hängt zu diesem Zeitpunkt an einer Verkettung von Umständen die weniger wahrscheinlich sind als ein Lottogewinn. Hätte Spock Kirk in die Arrestzelle geschickt, hätte er Kirk auf einen anderen Planeten geschossen, wäre die Rettungskapsel an einer anderen Stelle des 500 Millionen Quadratkilometer großen Planeten gelandet, wäre Kirk in der Rettungskapsel geblieben, wäre Kirk nur 5 Minuten später ausgestiegen und dem Riesenkäfer nicht begegnet, wäre er in eine andere Richtung geflohen oder einen anderen Abhang runtergerutscht oder in eine andere Höhle gekrochen, wäre hier auch nur eine der Entscheidungen anders ausgefallen, sähe das Finale des Films so aus:
Spock sammelt sich mit der Flotte am Arsch der Galaxis um ein Kaffeekränzchen abzuhalten. In der Zwischenzeit fliegt Nero zur Erde, startet seinen Bohrer und jagt die Erde in die Luft. Film Ende, Föderation tot.
Die schiere Dämlichkeit der Verkettung glücklicher Umstände zu diesem Zeitpunkt schlägt sogar den genialen Plan von Shinzon im Vorgängerfilm, einen Prototypen von Data zum Schläfer zu programmieren, ihn auseinander zu nehmen, auf einem unwirtlichen Planeten zu verstecken, darauf zu warten dass die Enterprise zufällig in Sensorreichweite vorbeifliegt und genau diese Enterprise das positronische Signal des Androiden auffängt (und keins der tausenden anderer Föderationsschiffe), ihm nachgeht, den Androiden findet, Picard dabei nicht von einer Horde schießwütiger Mad Max Aliens erschossen wird (denn Picard wird später noch lebend gebraucht von Shinzon), den Androiden zur Enterprise mitnimmt, wieder zusammensetzt und Shinzon so einen Spion an Bord der Enterprise bekommt. Der Unterschied zu "Star Trek XI" ist, dass der TNG-Abwrackfilm "Nemesis" auch ohne die Verkettung dieser unglaublichen Zufälle funktionieren würde, er wäre einfach nur 30 Minuten kürzer und Brent Spiner hätte weniger Bildschirmpräsenz. Der Drehbuchautor war übrigens ein Freund von Spiner, go figure. Aber egal: Bei Abrams und seinen Drehbuchabwrackernautoren ist diese Verkettung dagegen die Voraussetzung für den wichtigsten Teil des Films: Das Finale.
Weiter geht es mit der Handlung: Der alte Spock begegnet Kirk - und jetzt endlich (es sind 3/4 des Films vergangen) erfährt auch Kirk mittels HDTV-Gedankenübertragung von Spock, wieso Nero eigentlich so sauer auf ihn ist. Anschließend informiert ihn Spock darüber dass es in der Nähe eine Föderationsbasis gibt und beide machen sich dahin auf. Dann treffen sie an der Basis ein und...
Moment mal: Spock weiß von der Föderationsbasis? Was folgert daraus? Versetzen wir uns einen Moment in Spock: Nero hat ihn darüber informiert dass er den Vulkan zerstören will. Er setzt ihn auf einem Planeten in der Nähe ab damit Spock der Zerstörung des Planeten beiwohnen kann. Warum behält Nero eigentlich nicht Spock an Bord wo dieser ebenfalls die Zerstörung sehen könnte, sogar noch von einem Platz in der ersten Reihe? Warum setzt er ihn stattdessen wenige Kilometer neben einer Föderationsbasis ab, obwohl er weiß dass Spock über extrem fortschrittliches Wissen verfügt, wie z.B. die Möglichkeit sich einfach von Delta Vega nach Vulkan zu beamen und die Vulkanier, deren Flotte und planetare Verteidigung vorzuwarnen? Nero hat offensichtlich den IQ eines klingonischen Küchenkaktus. Spock steht ihm da allerdings in nichts nach, denn auch er nutzt die offensichtlichste Möglichkeit Vulkan zu warnen nicht, er marschiert nicht zur Föderationsbasis, zieht keine 4000 Euro ein, sondern bleibt einfach in seinem eisigen Gefängnis sitzen, brät Jedis mit seinem Höhlenpartner, wartet tatenlos die Zerstörung von Vulkan ab, damit er später auf Kirk treffen kann. Der Mann hat die hellseherischen Fähigkeiten eines 9Live-Tarotkartenlegers.
Zu diesem Zeitpunkt haben sich auch die Logikfehler des Films zur Größe eines schwarzen Lochs summiert. Warum die LOST-gestählten Autoren nicht in der Lage waren, den alten Spock ohne solche unglaublichen Kapriolen in die Handlung einzuführen, ist mir schleierhaft. Selbst eine Bande tippender Affen
hätte das besser hinbekommen.
Kommen wir zum vierten und letzten Punkt: Eine unüberschaubare Vielzahl von Einzelheiten die keinen Sinn ergeben:
- Von der Unmöglichkeit einer Sonne die in wenigen Tagen zur Supernova wird hatte ich schon gesprochen.
- Warum marschiert Spock mit einer ganzen Badewanne voll roter Materie los, wo ein einziger Tropfen völlig ausreicht? Will er das gesamte Universum in die Luft jagen?
- Warum interessiert es die temporale Agentur der Föderation nicht, dass jemand mittels einer Zeitreise den Vulkan auslöscht, während sich Sisko schon wegen seiner Begegnung mit ein paar Tribbles zur Bewahrung der Zeitlinie rechtfertigen muss? Janeway und Archer waren Dauergäste der temporalen Agenten.
- Wo ist die planetare Verteidigung von Vulkan und Erde?
- Warum kommt über dem Vulkan niemand auf die Idee den an einer dünnen Kette (!) hängenden Bohrkopf der Narada mit einem Torpedo oder einem Phaser zu sprengen (Kirk macht das - zu spät - sogar mit einem popeligen Handphaser), oder einfach gleich die Kette zu durchschießen wie es Spock später über der Erde tut? Dieser Plan hätte 5 Sekunden benötigt und die Zerstörung von Vulkan verhindert, stattdessen kommt man auf die abstruse Idee mittels Shuttle drei Frischlinge aus dem Orbit zu schießen, sie mit Fallschirmen (!) auf der 10 Meter breiten Plattform des Bohrkopfes landen zu lassen um das Ding mit Sprengstoff in die Luft zu jagen. Hä?
- Warum ist Simon Pegg in diesem Film? Er ist als "comic relief" NICHT witzig, hat keinerlei Ähnlichkeit mit Scotty, und hat auch charakterlich nichts gemein mit dem gemütlichen Fettwanst der TOS-Ära.
- Warum werden Scotty und sein gnomenhafter Kollege von Kirk und Spock in ihrer Station überrascht, obwohl Scotty vorab über Kirks Landung in der Lebenskapsel informiert wurde und ihn dort offenbar abholen sollte?
- A propos Scotty, warum kann dieser eigentlich Admiral Archers Beagle töten? Archer wäre zu dem Zeitpunkt 146 Jahre alt. Ach so, JJ, ich verstehe - Du wolltest einfach für die Fans eine Anspielung auf "Star Trek: Enterprise" einbauen die keinerlei Sinn ergibt.
- Warum tötet Nero einen gefährlichen Widersacher wie Kirk nicht, als er ihn buchstäblich an der Gurgel hat?
- Warum schießt Spock, als ihm Nero nach dem Zeitwirbel auflauert, nicht einfach einen weiteren Behälter mit der ja reichlich vorhandenen roten Materie auf Neros Schiff, womit er dieses zerstören und der Gefangennahme entgehen würde?
- Warum ist ein einfaches Bergbauschiff bis an die Zähne mit einem unendlichen Vorrat unglaublich mächtiger aufsplitternder Torpedos bewaffnet, so dass es mühelos eine ganze Flotte Föderationskriegsschiffe binnen 2 Minuten (die Zeit die Sulu benötigt den Warpantrieb der Enterprise zu aktivieren um der Flotte nachzudüsen) vernichten kann? Okay okay Fanboys, das Ding hat eine um 100 Jahre fortschrittliche Technologie, aber was könnte eine heutige Bohrinsel gegen einen solchen Schlachtkreuzer der Weltkriegszeit ausrichten? Zur Erinnerung: Ein Bergbauschiff kämpft hier gegen eine ganze Flotte an Kriegsschiffen.
- Warum kann die Flotte überhaupt binnen 2 Minuten von der Erde zum Vulkan fliegen? Haben die etwa Super-Zündis in den Warpantrieb eingelegt?
- Warum warnt die Enterprise den Rest der Flotte nicht vor, dass diese in eine Falle fliegt? Eventuell hätten die Nachricht Einige noch rechtzeitig erhalten und hunderte Leben wären gerettet worden?
- Warum sind die Sensoren nicht in der Lage ein riesiges Kriegsschiff zu orten bevor sie 5 km vor diesem Schiff zum Stehen kommen? Hat sich die Sensorenphalanx der Enterprise auf den Status eines Hobbyfernrohrs zurückentwickelt?
- Warum kommt außer Kadett Kirk niemand auf die Idee, dass "intergalaktische Wolke" + Kommunikationsausfall = böses romulanisches Kriegsschiff, obwohl Captain Pike, zu dem Zeitpunkt Kommandant der Enterprise, sogar seine Doktorarbeit über eben diesen Zwischenfall geschrieben hat der während Kirks Geburt 25 Jahre vorher stattfand? Leidet Pike an Alzheimer?
- Warum beamen Kirk und Spock am Ende des Films alleine auf die Narada statt ein paar Trupps an Redshirts als Kanonenfutter mitzunehmen? Bei der derartig spärlichen Besatzung der Narada (man sieht nie mehr als 5-10 Crewmitglieder) hätte man das Schiff auch locker übernehmen können, immerhin dürfte die Enterprise eine Besatzung von ca. 1000 Mann haben.
- Warum ist Checkov als 17 jähriger Pimpf Brückenoffizier des Föderationsflaggschiffes? Wesley Crusher reloaded?
- Warum kann Checkov binnen weniger Minuten eine neue Beamtechnik entwickeln, die trotz mit Rekordgeschwindigkeit auf den Planeten stürzenden Kirk und Sulu hochbeamen, während ihm das bei Spocks nur langsam abrutschender Mutter nicht gelingt? Das ist in etwa so, wie ein Schütze der ein bewegliches Ziel aus 50 Metern treffen kann, aber kein stehendes Ziel aus 5 Metern.
- Warum ernennt Pike Kadett Kirk zum ersten Offizier in seiner Abwesenheit, wo sind die diversen höherrangigen Brückenoffiziere? Kirk ist noch nicht mal Offizier, sondern Azubi.
- Warum wird Kirk am Ende des Films als 25 Jähriger Kadett ohne jede Kommandoerfahrung zum Captain des Föderationsflaggschiffes (!) befördert, dabei überspringt er die fünf Offiziersdienstgrade Fähnrich, Lieutenant jr. Grade, Lieutenant, Lieutenant Commander und Commander, während der um fünf Dienstgrade höherrangige Spock, der gemeinsam mit ihm die Erde rettet, auf dem Rang des Commander verbleibt und nicht einen einzigen Dienstgrad befördert wird? Selbst Captain Pike, der die Hälfte des Films nichts Anderes macht als auf Neros Folterbett rumzuhocken und erheblich weniger zur Rettung der Föderation beiträgt, wird am Ende befördert. Nur Spock nicht. Obwohl er den Laserstrahl zerstört der San Francisco tranchiert wie eine Weihnachtsgans.
- Warum scheinen alle Charaktere sehr locker damit umzugehen, dass gerade eine der Gründungswelten der Föderation vernichtet wurde und 6 Milliarden Zivilisten gestorben sind? Scotty scheint sich davon jedenfalls weder bei seinem Geplänkel mit seinem Gnomenkollegen in der Föderationsbasis zu stören, noch später auf der Enterprise wenn er einen Kalauer nach dem Anderen loslässt.
- Warum verhindert der alte Spock mittels der Andeutung dass dies zu einem "Universen vernichtenden Paradoxon" führt, dass Kirk nach seiner Rückkehr auf die Enterprise einfach den jungen Spock mittels Gedankenverschmelzung über den alten Spock und dessen Kenntnisse informiert, so dass Beide gemeinsam die Erde retten können? Stattdessen riskiert Spock fahrlässig die Vernichtung der Erde und der gesamten Föderation durch den wesentlich riskanteren Plan, Kirk den jungen Spock so lange provozieren zu lassen bis dieser "emotional kompromittiert" ist und Kirk legal das Kommando übernehmen kann. Was wäre eigentlich passiert wenn Spock Kirk auf diese Provokation hin einfach in die Arrestzelle geworfen, oder erneut vom Schiff geschossen hätte? Genau, dann wäre Spock nicht zur Erde gedüst, Nero hätte die Föderation vernichtet. Wie begründet Spock diese fahrlässige Entscheidung die zum Tod von Milliarden hätte führen können? "A gamble...an act of faith". Ein Glücksspiel, ein Akt des Vertrauens in Kirk. Er wollte Kirk und Spock nicht um die Erfahrung dessen bringen was sie gemeinsam erreichen können. Aha, dafür riskiert der alte, weise Vulkanier also die gesamte Föderation. Alles klar.
Diese Logikfehler durchziehen den gesamten Film wie ein rotes Band. Wenn man näher hinschaut, ergibt der Film keinen Sinn. Der Bösewicht ergibt keinen Sinn, der Ausgangspunkt der Handlung ergibt keinen Sinn, unzählige Einzelheiten ergeben keinen Sinn, und wie das Finale mit dem Aufeinandertreffen von Alt-Spock und Kirk eingeläutet wird, ergibt auch keinen Sinn. Bei dem uns vorgestellten Handlungsablauf beträgt die Chance auf eine erfolgreiche Zerstörung von Neros Schiff und die Rettung der Erde 0,00000000000000001 %, und genau diese 0,000000000000000001% bekommen wir natürlich zu sehen.
Nun ist es sicherlich so, dass wir an einen Blockbuster geringere Erwartungen bezüglich Handlung und Logik haben als, sagen wir mal an "Schindlers Liste". Ebenso sind wir durch die zahlreichen Logikfehler der letzten TNG-Filme schon weichgeklopft. Wir wissen außerdem dass auch die Serien oft widersprüchlich sind und Einiges im Trekuniversum nicht zusammenpasst. Wir können sicher auch akzeptieren dass ein Kinofilm nicht unbedingt ohne Widersprüche zu irgendwelchen Serienepisoden sein muss die eh nur ein Bruchteil der Kinozuschauer kennt (z.B. meine Anspielung auf die temporale Überwachungsagentur der Föderation). Wir können aber erwarten dass ein Film, wenn er schon den Rest des Trekuniversums bewusst ignoriert, wenigstens in sich halbwegs schlüssig ist. Wir können erwarten, dass das was die Amis "suspension of disbelief" nennen - im Deutschen wird es als Willentliche Aussetzung der Ungläubigkeit bezeichnet - nicht permanent und über die Maßen strapaziert wird. Wir können erwarten, dass unsere Gutmütigkeit ein Auge bei dem ein oder anderen Logikloch zuzudrücken nicht mit der Vorstellung verwechselt wird, es mit völlig gutgläubigen, unkritischen Zuschauern zu tun zu haben denen dilettantische Drehbuchautoren jeden Mist vorsetzen können, weil sie ihn schon brav schlucken werden. Wir können erwarten, dass unsere Intelligenz nicht beleidigt wird. Blockbuster hin oder her, dies ist immer noch Star Trek - und keine dumme Roboteraction für Kinder mit Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom, wie "Transformers".
Was mich an "Star Trek XI" frustiert, ist dass der Film in manchen Bereichen Klasse ist und ein Quantensprung im Vergleich zu den letzten Trekfilmen. Das Produktionsdesign ist erstklassig. Die Effekte sind fantastisch. Der Soundtrack ist mitreißend. Die Charaktere sind neu und dynamisch, kein Vergleich zu dem Mief der Rentnercrew aus "Nemesis". Die Darsteller machen ihre Rolle größtenteils gut, Zak Quinto und Karl Urban stechen heraus, auch das Wiedersehen mit Altmeister Nimoy gefällt. Die Dialoge sind gut, der Humor funktioniert in den meisten Fällen und lockert den Film auf, von Scotty mal abgesehen.
Der Kern eines jeden Films ist aber eine gute, glaubwürdige Story, und der Kern eines jeden Actionfilms ist ein guter Bösewicht mit dem wir uns identifizieren können. Ein guter Star Trek Film muss nicht unbedingt ein Politthriller zum Ost/Westkonflikt sein wie "Das unentdeckte Land" oder eine Zeitreisekomödie wie "Zurück in die Gegenwart", mit "Der Zorn des Khan" hat Star Trek schon vor über einem Vierteljahrhundert gezeigt, dass auch ein konventioneller Actionfilm im Trekuniversum funktionieren kann, ohne die Intelligenz der Fans zu beleidigen oder die Integrität der Serien lächerlich zu machen. In diesen beiden Kernpunkten - Story und Bösewicht - versagt "Star Trek XI" leider komplett, und das obwohl die größten Logiklücken - über die wir selbst trotz Gutgläubigkeit nicht hinwegsehen können - mit sehr einfachen Mitteln hätten verhindert werden können. Ein paar Minuten die erklären wie Nero vom "Bergarbeiter" zu Adolf Hitler wird, ein glaubhafteres Szenario in dem Kirk und der alte Spock aufeinandertreffen, das hätte schon genügt. Dies sind elementare Punkte des Storydesigns, wer einen Handlungsbogen wie den von LOST entwerfen kann, sollte eigentlich auch zu so einem Kinderkram in der Lage sein. Hätte man hier nur einen Bruchteil der Sorgfalt investiert die in andere Teile des Films gewandert ist, wie z.B. die Spezialeffekte oder das Marketing.
So verbleibt "Star Trek XI" ein unterhaltsamer Actionfilm und no-brainer, aber ein unbefriedigender Star Trek Film dem Größeres verwehrt bleibt. Kein Trekfilm zuvor hatte Zugriff auf so ein gigantisches Blockbusterbudget, kein Trekfilm zuvor hätte mit so wenig Veränderungen einen wirklich großartiges Scifi-Abenteuer in der Kult-Klasse der alten Star Wars-Trilogie werden können.
Nach dem enormen Erfolg des Films hoffe ich sehr, dass Abrams und Co. dem Drehbuch der Fortsetzung mehr Aufmerksamkeit widmen, und einen Film schaffen der nicht nur von einer Zuschauergeneration mit der Aufmerksamkeitsspanne einer Stubenfliege bedenkenlos genossen werden kann.
Ich korrigiere meine Bewertung für Star Trek XI auf 7 von 10 Sternen.






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