Zuerst 2 wichtige Fakten: Ich habe die Serie nie verfolgt, hab vielleicht gerade mal eine Hand voll Episoden gesehen und bin dementsprechend unvorbelastet in die Neuauflage gegangen. Und ich bin ein großer Fan von Michael Mann und seiner Art, Filme zu inszenieren. Das nur vorweg, damit ihr meine Meinung auch einschätzen könnt.

Mir hat "Miami Vice" wirklich sehr gut gefallen. An Heat und Collateral kommt er zwar nicht ganz heran, trotzdem ganz großes Kino, was da geboten wird. Wichtig ist natürlich, mit den richtigen Erwartungen hineinzugehen. Wie jeder, der schon mal einen Film von Mann eigentlich erwarten sollte, regiert da eben nicht ständig die Spannung, wird nicht alle 2-3 Minuten herumgeballert, stattdessen stehen die FIGUREN im Mittelpunkt. "Miami Vice" hat meines Erachtens auch deutlich mehr mti "Heat" zu tun als mit Mann's letztem, "Collateral". Auch in Heat gibts relativ wenig Actionszenen, in der restlichen Zeit geht Mann sehr ausführlich auf die Figuren, ihre Motive etc. ein - was einfach wichtig ist, da eben dies der Faktor ist, der die Actionszenen erst richtig interessant macht. Sind wir uns doch mal ehrlich: Bei 95 % der Filmen geht es uns am Arsch vorbei, ob unscheinbare Figur A oder uninteressante Klischeeschablone B den Löffel abgeben. Bei Manns Filmen passiert so etwas nicht. Da fühlt man sogar mit, wenns den Bösewicht erwischt...

Auch bei Miami Vice sorgt diese Konzentration auf die Figuren dafür, dass man bei den spannenden Szenen auch wirklich mitfiebert. Im Gegensatz zu vielen seiner Regiekollegen traut man Mann einfach alles zu - ja selbst, dass er eine der Hauptfiguren opfern könnte. Eben dadurhc - und natürlich die großartige Inszenierung, sind alle Spannungsszenen auch wirklich nervenzerreißend spannend. Dass die Dosis dieser spannenden Szenen dem einen oder anderen zu gering sein wird, ist eine andere Sache. Mich hat's nicht gestört, ich möchte keine Szene missen und vermute sogar, mit den zusätzlichen Szenen (die ja vom Filmverleih leider rausgeschnitten wurden) könnte "Miami Vice" sogar noch auf Heat und Collateral-Niveau kommen - doch das wird wohl erst die DVD-Veröffentlichung zeigen.

Muss ich über die Inszenierung überhaupt noch ein Wort verlieren? Wie von Mann gewohnt befindet sich diese auf höchstem Niveau. Die Geschichte von Miami Vice wird in teils wundervollen, teils wundervoll düsteren Bildern erzählt, und kann immer wieder mit kleineren Innovationen aufwarten - sei es, wie die Kamera Sonny und Ricardo's Wagen verfolgt, oder das Stürmen des Wohnwagens. Mit dem Showdown am Ende setzt Mann zudem wieder mal Massstäbe für das Action- und/oder Thrillerkino: Wenn ein Kameramann von Schütze zu schütze eilt, fühlrt man sich wirklich "mittendrin statt nur dabei", und wird unweigerlich an die "eingebetteten Journalisten" im irak erinnert. Einfach nur großartig. Sehr gelungen auch der Score, der sich zwar weitestgehend im Hintergrund hält, aber immer dann, wenn es sein muss, genau für die richtige Stimmung sorgt. Vor allem das immer wieder eingesetzte Main Theme - so einfach es eigentlich auch ist - hat mir sehr gut gefallen. Und wenn wir schon beim Sound sind: Selten bis nie haben Pistolenschüsse brutaler geklungen als hier.

Ich könnte noch mehr schreiben, aber ein bisschen was will ich mir ja noch fürs richtige Review aufheben . Jedenfalls ist "Miami Vice" für mich ein toller Kinofilm, der sich mehr an "Heat" als an "Collateral" orieniert und sehr Charakterbezogen verläuft - aber wenn Mann die Spannungsschraube anzieht, dann richtig. Und schon allein die großartige Inszenierung zwingt jeden wahren Filmfan dazu, sich "Miami Vice" auf der großen Leinwand anzusehen.
9/10 Sonnenbrillen