@MinasTirith - Ich vermute mal, daß Du ein Experiment zum Nachweis von Neutrinos meinst. Was das Altern betrifft - ein instabiles Teilchen hat in seinem Ruhesystem eine bestimmte Lebensdauer (genaugenommen ist das die Zeit, nachdem von einer großen Menge dieser Teilchen ein bestimmter Teil zerfallen ist, so daß die ursprüngliche Anzahl N auf N* 1/e, e=2.718... gefallen ist). Der Detektor befindet sich nun aber nicht im Ruhesystem des Teilchens, sondern im sog. Laborsystem, gegenüber dem sich das Teilchen mit einer Geschwindigkeit v<c bewegt. Dadurch wird die im Laborsystem gemessene scheinbare Lebensdauer gedehnt (Zeitdilatation), und zwar umso mehr, je schneller sich das Teilchen bewegt. Wenn man nur nah genug an die Lichtgeschwindigeit herankommt, dann könnte das Teilchen im Laborsystem so alt wie das Universum sein, während es in seinem Ruhesystem vielleicht nur einige Mikrosekunden "lebt".
@Bloodthirst - Vorsicht, wenn Du von der Masse von Licht sprichst, denn man muß hier zwischen träger Masse und Ruhemasse unterscheiden. Ob sich ein Teilchen mit Lichtgeschwindigkeit bewegen kann oder nicht hängt nämlich von der Ruhemasse ab! Photonen tragen Energie und Impuls, und deswegen unterliegen sie gravitativer Wechselwirkung.
Es gibt heutzutage auch Spekulationen, das Photonen eine winzige Ruhemasse haben könnten, da dies eine mögliche Erklärung für das Massenproblem der Kosmologie sein könnte - bekanntlich reicht die Masse der sichtbaren (leuchtenden) Materie nicht aus, die beobachtete kosmische Struktur und Dynamik zu beschreiben. Gegen diese Annahme spricht aber die Quantenelektrodynamik, die ja zu recht als die genaueste und vollständigste Theorie der Physik gilt. Die QED ist eine Quantenfeldtheorie, und nach den zugrundelegenden Prinzipien der QFT können wir die in der Natur vorkommenden Teilchen-Typen durch ihre Ruhemasse und ihren Spin (eine Art von "Eigendrehimpuls" - das ist allerdings nicht zu wörtlich zu nehmen) charakterisieren (dies erhält man aus der Betrachtung der Poincare-Gruppe, die die grundlegende Symmetrien der Raumzeit beschreibt). Für die Ruhemasse gibt es letztlich zwei Möglichkeiten - entweder ist sie endlich oder Null. Für endliche Ruhemasse wird der Spin durch die Darstellungen der Drehgruppe (O(3) bzw. SU(2), für die Mathematiker) beschrieben - man erhält Teilchen mit Spin s=0, 1/2, 1 usw., bei Ruhemasse 0 durch die Euklidische Gruppe (=Symmetriegruppe einer normalen Ebene) ISO(2), da die Bewegunsrichtung aufgrund von v=c ausgezeichnet ist. Der Spin kann auf mehrere Weisen orientiert sein (vgl. zum Beispiel mit einem Vektor, für den nur der Betrag bekannt ist, aber nicht die Richtung; in der Quantentheorie sind dann nur bestimmte Richtungen möglich, andere sind verboten) - so könnte ein massives Teilchen mit Spin 1 bezüglich einer Achse die Spinprojektionen 1 (Spin parallel zur Achse), 0 (Spin senkrecht zur Achse), und -1 (Spin antiparallel zur Achse) haben. Für ein ruhemasseloses Teilchen gibt es aber aufgrund der Beschreibung durch eine andere Gruppe nur zwei mögliche Orientierungen, und zwar parallel oder antiparallel zum Impuls / zur Bewegungsrichtung - man spricht hier nicht mehr von Spins, sondern von Helizitäten. (Im Falle des Photons führt dies zu Eichfreiheitsgraden der elektromagnetischen Potentiale, von denen der eine oder andere vielleicht schon etwas gehört hat). Das war jetzt lange ausgeholt, was
? Nun zum Knackpunkt - wenn man annimmt, daß das Photon eine Ruhemasse hat, dann würde zunächst einmal ein Massenterm in manchen Gleichungen auftreten, der allerdings bei genügend kleiner Masse allerdings vernachlässigt werden kann. Betrachten wir mal einen QED-Prozess wie die Paarvernichtung, d.h. ein Elektron und ein Positron (Teilchen und Antiteilchen) zerstrahlen in zwei Photonen. Für diesen Prozess kann man asu der QED die Wahrscheinlichkeit berechnen, mit der er passiert. Interessiere ich mich nicht für die Spin-Orientierung der Teilchen, dann muß ich über die möglichen Orientierungen des einfallenden Elektrons und Positrons mitteln (die haben Spin 1/2, mögliche Orientierungen +1/2 und -1/2, d.h. es gibt 2*2 Möglichkeiten) und über die Helizitäten der Photonen im Endzustand summieren (Spin 1, d.h. Orientierungen +1, -1 und somit auch 2*2 Möglichkeiten). Diese Summation bzw. Mittelung ist ganz analog zur Wahrscheinlichkeitsrechnung, z.B. wenn ich beim Würfeln nicht die Wahrscheinlichkeit wissen will, eine 6 zu würfeln, sondern beispielsweise nur die, eine gerade Zahl zu erzielen. Und genau hier haben wir den eigentlichen Knackpunkt - hätte das Photon eine endliche Ruhemasse, dann hätten wir beim Summieren am Ende 6 Möglichkeiten statt 4, d.h. die Wahrscheinlichkeit wäre 3/2-mal so groß wie im Fall eines Photons ohne Ruhemasse. Die Wahrscheinlichkeiten für diesen Prozess experimentell überprüft werden, und die Ergebnisse stimment exzellent (bis zur 8. Nachkommastelle, wenn man kompliziertere Prozessabläufe berücksichtigt) mit dem ersten Fall - Photon ohne Ruhemasse - überein, d.h. ein natürlich vorkommendes Photon hat nur zwei mögliche Spinorientierungen (Polarisationen). Dies stimmt ja auch mit dem klassischen Bild überein - Licht bzw. eine elektromagnetische Welle (eine seeeeeeeeehr große Anzahl von Photonen) ist immer nur transversal, d.h. die Schwingung verläuft senkrecht zur Bewegungsrichtung, und der dem klassischen elektromagnetischen Feld zugeordnete Eigendrehimpuls kann dann nur parallel oder antiparallel zur Bewegungsrichtung sein.
Will man eine Ruhemasse für das Photon annehmen, dann müßte man jetzt einen Effekt finden, der die dann auftretende 3. Polarisationsmöglichkeit (Orientierung senkrecht zur Bewegungsrichtung) so stark unterdrückt, daß sie in der Natur praktisch nicht nachweisbar ist - und da ist auch nichts in Sicht.
Noch einmal was generelles - ich weiß nichts über den Astronomen, der diese überlichtschnelle Ausbreitung der Gravitation gefunden haben will, und ich kann mich auch nur noch bedingt an den Artikel erinnern (vom Post aus dem scififorum). War der Artikel eigentlich aus der P.M. ? Dann würde ich lieber noch mal in einem anderen Magazin nachgucken, da in der P.M. schon öfters man was Ominöses gestanden hat... (Und das sage ich jetzt nicht nur, weil ich einer dieser "verstockten, konservativen" Physiker bin (ja, bald hab' ich das Diplom).) Man müßte zuerst mal eine wissenschaftliche Abhandlung von ihm lesen, nicht einen Bericht über ihn (war es doch, oder?). Was mir aber z.B. in Erinnerung geblieben ist, war die Sache, daß eine endliche Ausbreitungsgeschwindigkeit der Gravitation (es wurde im Artikel ja sogar eine unendlich schnelle Ausbreitung "postuliert") gegenüber dem Newtonschen Kraftgesetz zu zusätzlichen Tangentialkräften auf einen massiven Körper führen würde... aber genau das beobachten wir ja am Merkur, dessen Bahn um die Sonne sich langsam dreht (er breschreibt keine feste Ellipse, sondern eine Rosette um die Sonne), und dieser Effekt kommt aus einer ersten relativistischen Korrektur zum Newtonschen Gravitationspotential (zusätzlicher Term, der bei sinkendem Abstand zur Sonne, also zunehmender Deformation der Raumzeit & lokaler Stärke des Gravitationsfelds an Bedeutung gewinnt). Desweiteren erinnere ich mich daran, daß laut des Artikels dieser Astronom seine Theorie und seine Rechnungen auf die Beobachtung zweier binärer Pulsar-Systeme stützt, d.h. Systeme, bei denen sich zwei Neutronensterne umkreisen. Der Knackpunkt dabei - die Einsteinschen Feldgleichungen in ihrer allgemeinen Form sind ein System von zehn gekoppelten nichtlinearen partiellen Differentialgleichungen (zu deutsch: praktisch unlösbar). Relativistische Rechnungen gehen immer erst einmal von linearen Näherungen aus, wodurch man den Hauch einer Chance erhält, Lösungen zu finden, und in neueren Papieren werden auch erste nichtlineare Terme mit eingeführt. Wenn wir nun einen Binär-Pulsar betrachten, dann haben wir vor allem ein Problem - die Neutronensterne umkreisen sich in so geringem Abstand und haben so starke Gravitationsfelder, daß die ganzen bekannten Näherungsverfahren eigentlich gar nicht angewendet werden können. Und nichtlineare Terme führen in allen Fällen, in denen man ihnen in der Physik begegnet, zu unvorhersehbaren Effekten (Stichwort: Chaos). So wie sich mir das Zitat aus dem Artikel beim damaligen Lesen darstellte, wurde zur Analyse der Bahndaten in erster Linie newtonsch gerechnet - in einem Bereich, in dem die Gravitationsfelder nun wirklich nicht schwach sind (Newtonsche Theorie ist ja der Grenzfall für schwache Gravitationsfelder jedweder gearteten Gravitationstheorie), d.h. die Theorie nicht anwendbar ist. Und es kommt ja noch hinzu daß in der Newtonschen Theorie die "unendlich hohe" Ausbreitungsgeschwindigkeit (physikalisch: die Geschwindigkeiten der betrachteten Körper sind sehr klein gegenüber der Geschwindigkeit der Wechselwirkung) zugrunde gelegt wird, d.h. man hätte einen Zirkelschluß - man beweist etwas, was man als Grundlage vorausgesetzt hat. Wie gesagt, dies alles beruht darauf, was ich mir beim Durchlesen des Zitats im scififorum überlegt hatte - ein Laie, der mal die P.M. (oder welches Magazin auch immer) liest, macht sich sicher nicht solche Gedanken, aber ein Physiker oder Physik-Student mit etwas Erfahrung in der ART kommt relativ schnell zu diesen Schlüssen, die völlig objektiv sind und nichts mit konservativem Denken zu tun haben. Diese Schlußfolgerungen bringen die Theorie, so wie sie in diesem Artikel dargestellt wurde, in arge Bedrängnis, wenn nicht sogar zu Fall. Insofern wundert es mich, daß das Thema so kontrovers sein soll (bzw. das die Physiker diese "Entdeckung" totschweigen und der gute Astronom und Urheber seinen Ruf verloren hat, wie in dem Artikel deutlich wurde). Es wäre an dieser Stelle vielleicht interessant, sich einmal näher, d.h. aus erster Hand mit diesen Rechnungen/Beobachtungen zu informieren. Ist die Lage natürlich wirklich so, wie in diesem Artikel geschildert, dann brauch man eigentlich keinen weiteren Gedanken darüber zu verlieren, und der Herr Astronom hat sich wirklich einen Bärendienst erwiesen.
Wow, ist das der längste Post im Forum???![]()
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