Das frage ich mich oft und ich möchte hier versuchen, dieser Frage etwas auf den Grund zu gehen (nun endlich, da ich mal Zeit habe...).Das Thema „Verschwörung um 9/11“ hat in mir die Frage zu Tage gefördert, und ich hoffe manch einer kann mir bei der Antwort hier helfen, WARUM tun Menschen so was, WARUM gibt es so viele Bereitwillige die diesen, aus Halbwissen und –Wahrheiten, gebildetes Märchen zu glauben bereit sind?. „WE WANT TO BELIEVE“ – genau wie Fox Mulder.
Aufgrund persönlicher Erfahrungen bin ich davon überzeugt, dass Verschwörungstheoretiker durchaus nette und auch intelligente Menschen sind. Wenn man beispielsweise Channings Beiträge liest, wird einem vieles aufstoßen - aber kein "unreifer" Umgang mit der Sprache. Auch seine Homepage macht einen ansprechenden Eindruck.
Dass es Verschwörungstheoretikern oft nicht an Intelligenz mangelt, sieht man auch daran, dass sie zu der absoluten Minderheit der Leute gehören, die das durch die Medien vermittelte Weltbild nicht einfach nur hinnehmen, sondern bereit sind, es zu hinterfragen. Sie heben sich in ihrem Selbstverständnis dadurch von der grauen Masse ab, sehen sich als Informationselite. Das ist aber nicht ungefährlich: Wer sich als jemand versteht, der prinzipiell mehr Durchblick und Hintergrundwissen besitzt, als der Diskussionspartner, ist durch Gegenargumente bereits nicht mehr leicht zu erreichen.
Die Bereitschaft, Dinge zu hinterfragen, ist prinzipiell sehr gesund - wie alles Gesunde aber nur in gewissen Maßen. Wenn man sich geradezu wünscht, hinter komplizierten politischen und gesellschaftlichen Vorgängen "Muster" zu erkennen, dann sieht man sie irgendwann auch, dann hat man ganz schnell dauerhaft einen Filter vor der Realität, der Informationen nur noch selektiv durchlässt.
Das Internet fördert diese gezielte und engspurige "Wahrheitssuche" leider auf perfekte Weise. In dem unendlichen Wust an Informationen ist jede beliebige Meinung, die man sich auch nur vorstellen kann, enthalten - und zwar auf Wunsch hin isoliert von allen widersprüchlichen Aussagen, gefangen in ihrer eigenen kleinen Welt hinter den sieben Bergen. Man schaue sich, wenn man ein erschütterndes Beispiel sucht, nur mal auf Webseiten von Auschwitz-Leugnern um.
Wenn man seinen Erkenntnisdrang nun eine gute Weile nur aus diesem einen abgeschlossenen Sub-Netz nährt, dann wird wohl irgendwann aus dem durchaus unterstützenswerten Anliegen, hinter die Kulissen zu schauen, eine paranoide Überzeugung, die durch gezielte Suche nach weiterer Bestätigung (die es in unendlicher Zahl gibt) genährt wird, bis sie sich letztendlich zum geschlossenen Weltbild verfestigt.
Ist diese eigene Sicht auf die Welt einmal ausgeprägt, dann wird jede weitere Information aus jedem beliebigen Medium daran gemessen. Das eigene verschwörungslastige Weltbild liefert dabei stets eine bessere Erklärung für die komplizierten politischen und gesellschaftichen Vorgänge unserer Zeit, als Informationen aus offiziellen Kanälen oder gar Meinungen von Unbedarften, die gar nicht so tief in die Materie eingestiegen sein können, wie der Verschwörungstheoretiker...
Besonders traurig ist, dass der Verschwörungstheoretiker sich nach wie vor als jemand versteht, der gern Dinge hinterfragt, der nicht einfach das schluckt, was man ihm vorsetzt. Siehe auch die empörte Frage des "Zweiflers", ob es nicht legitim sei, Fragen zu stellen. Traurig ist das deshalb, weil ein Verschwörungstheoretiker in diesem "Stadium" längst nicht mehr nach der Wahrheit sucht - er ist nur noch an Bestätigung interessiert und nicht an Widersprüchen. Aus dem Hinterfragenden ist eben doch ein willfähriger "Schlucker" geworden, die "Informationselite" zur "Verschwörungsrandgruppe" verkommen, die mit religiösem Eifer missioniert und wie alle Eiferer nicht länger zur Selbstreflexion fähig ist.
Ein besonderes Phänomen von 9/11 ist, dass das in sich geschlossene System der Beweisfindung mit gegenseitiger Referenzierung so sehr angewachsen ist, dass man als Unbedarfter vor einer wirklich überwältigenden Menge an "Beweismaterialien" für eine Verschwörung steht. Es gibt so viele Webseiten, Bücher, Videos zum Thema - da muss doch geradezu etwas Wahrheit darin stecken?
Wer sich beim ungläubigen Lesen der Verschwörerthesen ertappt, wie er/sie diesen Gedanken hegt, möge sich einmal die Zeit nehmen, in das Journal Of Debunking 9/11 Conspiracy Theories reinzulesen, insbesondere das pdf unter dem Titel Evidence of Controlled Deception: A long list of observations. Das ganze ist zwar englisch, aber für Leute, die Schwierigkeiten mit der Sprache haben, durch viele Illustrationen aufgelockert. Was die Aufdeckung der Methoden angeht, mit der sich Verschwörungstheoretiker ihre Theorien zusammenkonstruieren, gibt es kaum eine treffendere Entlarvung.
Ja, das ist in der Tat traurig.Zitat von Reiner
Was noch übler ist: Die Kohlescheffler sind oft gar nicht diejenigen, die den Kram ursprünglich in die Welt setzen - also "echte Verschwörungstheoretiker". Sie erkennen nur clever einen Bedarf, verpacken ein paar im Web zirkulierende Theorien neu, werfen sie als Buch auf den Markt und freuen sich über die Kontroverse und damit kostenlose Publicity. Leute wie der genannte Herr Wisnewski sind für mich die Aasgeier des ganzen Phänomens. Denn im Gegensatz zu solchen Geldschefflern, glauben "Echte Verschwörungstheoretiker" wirklich an "die Wahrheit" - und zwar geradezu religiös, wie ich oben aufgezeigt habe.
Und ganz zum Schluss eine Bemerkung oder vielmehr Herausforderung an den "Zweifler" - ich hoffe, er bekommt es nicht in die falsche Lunge:
Wenn du an einer richtiggehenden Diskussion über die Verschwörungsthesen rund um 9/11 interessiert bist, dann warte ich gern auf ein fundiertes Posting von dir mit ausführlichen Begründungen und Quellenangaben zu jeder Behauptung. Mit dem bisher von dir aufgeworfenen Wust an zusammenhangslosen Brocken, die aus Mangel an Substanz lediglich durch ihre Menge auf Überwältigungswirkung zielen, mag ich mich nicht so recht abgeben.
Nager
P.S.: Gibt's für "Verschwörungstheoretiker" keine Abkürzung? Jedesmal dieses Getippe.
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