3SAT
heute
22.30 - 0.05 Uhr
Jakob von Gunten
Literaturverfilmung, Deutschland 1971,
Regie: Peter Lilienthal, Buch: Ror Wolf und Peter Lilienthal, Kamera: Dietrich Lohmann. Mit: Hanna Schygulla, Alexander May, Sebastian Bleisch, Peter Kern, Hanna von Axmann Rezzorri, Reinhard Hauff.
Jakob, der Sohn des Großrats von Gunten, will die Kenntnisse eines Dieners erlernen und tritt darum ins "Institut Benjamenta" ein. Das in einem südlichen Palazzo gelegene Institut wird von einem skurrilen Geschwisterpaar beherrscht: Die einzige Lehrerin Lisa Benjamenta wiederholt mit der Attitüde einer entrückten Prinzessin die immer gleiche Unterrichtsstunde. Sich gegen Herrn Benjamenta aufzulehnen ist zwecklos: Einmal bezahlte Schulgeldbeträge werden nicht mehr zurückerstattet. Jakob verliert sich immer mehr im unüberschaubaren Labyrinth dieser seltsamen Institution, ihrer Besitzer und seiner Mitzöglinge...
So erzählt es Robert Walsers Roman, den Peter Lilienthal 1971 kühl und verhalten für die Leinwand adaptierte. Er schuf einen atmosphärisch dichten Film, der die sanft-resignative und oft skurille Poesie des Schweizer Literaten auf ehrliche Weise wiedergibt. Der Roman wurde 1995 unter dem Titel "Institut Benjamenta" erneut verfilmt.
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mit literaturverfilmungen ist das ja meistens so eine sache...
für kenner zu weit am stoff vorbei, für nicht-kenner schwer zugänglich usw.
diese hier hab ich noch nicht gesehen. sie steht als abschluss der robert-walser-tage bei 3sat.
dass der sender dieses rahmenprogramm für den zu lebzeiten lange vergessenen autor gestaltete, verschaffte mir allerdings einen wirklich anregenden zugang zu seinen werken. demnächst nehm ich mir bestimmt eins seiner bücher zur hand. denn so jugendlich-rebellisch, doch trotzdem gelassen augenzwinkernd mit der erfahrung eines alten herren geschrieben, geht mir das, was darin mit seinen protagonisten passiert sehr nahe.
der stoff des films wirkt wie aus einer längst vergangenen zeit. jedoch bin ich sicher, dass ich auch hier wieder vieles entdecke, was mir heute noch genauso wiederfahren könnte oder bereits wiederfahren ist.
robert walser ist übrigens nicht mit dem zeitgenössischen autor martin walser zu verwechseln.
hesse und kafka meinten damals zu walser:
»Wenn Robert Walser hunderttausend Leser hätte, wäre die Welt besser. Sie ist, sei sie, wie sie wolle, gerechtfertigt dadurch, daß es Leute wie den Walser gibt.«
(Hermann Hesse)
»Mit leichtem Gepäck und offenen, unbestechlichen Augen wandert dieser moderne Taugenichts durch die Welt, und am Ende wird nichts aus ihm als das Vergnügen des Lesers«
(Franz Kafka)

leider eines der am häufigsten auffindbaren bilder von walser... wie in einem seiner bücher beschrieben starb er 1956 bei einem spaziergang im schnee:
Anfang 1929 wurde Robert Walser nach mehreren Selbstmordversuchen Infolge einer psychischen Krise, gegen seinen Willen in die Psychiatrie der Heilanstalt Waldau eingeliefert, deren Rahmen konnte er nie mehr verlassen.
1933 gab Walser das Schreiben vollständig auf und lebte noch 24 Jahre als vergessener anonymer Patient in der Heilanstalt Herisau (Appenzell).
Robert Walser starb am ersten Weihnachtstag 1956 auf einem einsamen Spaziergang im Schnee.
Obwohl von Autoren wie Hermann Hesse, Kurt Tucholsky, Robert Musil, Franz Kafka und Walter Benjamin hoch geschätzt, blieb Robert Walser Zeit seines Lebens verkannt.
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