division five - chapter 2

Sandy liegt auf einem Hügel im Gras. Die Sonne versteckt sich langsam hinter einem Berg der einige Kilometer weit entfernt ist. Sie färbt das Gras in einer surrealen Farbe. Der Wind streicht durch Sandys Harre und Gesicht. Der Duft aus verschiedensten Blüten macht sich in ihrer Nase breit. Ihr Körper entspannt sich und sie schließt langsam die Augen. Ihre Ohren vernehmen ein leises Säuseln im Wind.
Sie öffnet die Augen. Es ist finster. Kein Wind mehr auf ihrem Körper. Ihre Muskeln sind sofort wieder in Alarmbereitschaft. Ihre Pupillen erweitern sich. Langsam kann sie erkennen wo sie sich befindet. Ein Flur. Jede menge Türen. Das Naevisus Gebäude. Sie befindet sich nur ein Stockwerk unter dem Büro von Dr. Shandow.
Sandy hört Schritte die die Treppe am anderen Ende des Flurs herunterkommen. Schnell öffnet sie die Türe an ihrer Rechten und stürzt in den Raum. Zu ihrem Glück ist der Raum wie ausgestorben. Die Schritte werden schneller und sind jetzt schon mitten im Flur. Sandy versteckt sich hinter der offenen Türe. Ein Mann stürzt in den Raum. Seine Blicke wandern durch das Zimmer und schließlich hinter die Türe. Er starrte direkt in die gezogene Waffe von Sandy, die genau zwischen seine Augen zielt. Es war kein Schuss zu hören. Der Mann viel rücklings nach hinten. Ein weiterer lautloser Schuss trifft ihn genau im Herz. Sie verlässt den Raum und schließt die Türe hinter sich.
Niemand sonst im Flur. Sandy wirkt etwas misstrauisch. Security-Leute gehen normalerweise nur Paarweise durch das Gebäude. Dicht an der Wand schleicht sich die Frau zu der Treppe vor. Das Treppengeländer strahlt in einem seltsamen blau. Auf einen Schlag schien es wieder sehr hell zu sein. Schnell dreht sie sich mit der Waffe im Anschlag um. Nichts. Kein Licht brennt und es ist genauso finster wie vorher. Sandy schüttelt den Kopf. Ihre Gedanken spielen ihr schon wieder einen Streich. Sie dreht sich um und die Treppen sind weg. Stattdessen steht sie im Flur einen Stock höher. Sie drückt ihren Körper gegen die Wand und lässt sich sinken. Dann schließt sie die Augen.
„Aufstehen! Du musst aufstehen!“, befiehlt sie sich selbst, doch ihr Körper verweigert ihr den Dienst. Kopfschmerzen, ein Gefühl wie tausend Nadeln ereilt sie. Die Treppe die sie Sekunden zuvor nach oben steigen wollte, liegt nun hinter ihr. Sandy versucht sich zu konzentrieren. Schritte. Ganz deutlich zu hören. Jemand kommt die Treppe hoch.
„Der zweite Wachmann.“
Langsam gewinnt sie die Kontrolle über ihren Körper wieder. Sandy rappelt sich auf und zielt mit ihrer Waffe die Treppe hinunter. Die Schritte stoppen. Kein Security zu sehen. Ihre Augen verwandeln sich in kleine Schlitze um mehr erkennen zu können. Dunkelheit und Stille.
„Nimm die Waffe runter Sandy.“
Dr. Shandows Stimme erklingt in den weiten des Flurs. Sie zögert. Langsam dreht sie sich um und spürt wie in diesem Moment jemand von hinten an sie herantritt.
„Es tut mir leid, dass es soweit kommen musste. Du hättest eine große Zukunft vor dir gehabt. Wieso hast du dich nicht an die Spielregeln gehalten?“
Jedes Wort hallt durch Sandys Gehörgang und zieht unendliche Echos nach sich. Die Mündung an einer Waffe drückt sich auf ihre Schläfe. Gänsehaut überströmt ihren gesamten Körper.
„Das ist dein Ende. Deine Kündigung wenn du so willst. Dein Körper wird in deiner eigenen Abteilung wieder aufbereitet. Ich bin mir sicher, das wir genug brauchbares finden können.“
Dr. Shandows Gesicht ist erfüllt von einem bestialischen Lächeln. Sandy schüttelt nur den Kopf als plötzlich eine Kugel direkt in ihren Kopf einschlägt.

Mit einem Schrei öffnet sie den Digitalisierungsanzug. Es ist ein Anzug der sie verschiedenste Umgebungen und Gefühle darstellen kann. Er dient Sandy für verschiedenste Dinge. Zur Entspannung, aber auch um Extremsituationen zu simulieren. Sie spielt in ihrer Freizeit gern unmögliche Morde nach um ein besseres Gefühl für ihre Arbeit zu bekommen. Oftmals interpretiert das Programm dann einige Gedankengänge des Trägers mit in die Geschichte. In Sandys Fall war es eine Ermordung eines hohen Angestellten mit schwachem Schutz. Das Programm hat dann Dr. Shandow hineininterpretiert. Sandy weiß, dass das scheitern dieser Sequenz hauptsächlich daran gelegen ist, dass ihr Chef sie überrascht hat. Sie war nicht darauf vorbereitet, obwohl sie es im Unterbewusstsein genau geplant hatte.
Mit diesem Anzug können also auch unterbewusste Wünsche und Träume simuliert werden. Sie ist sich nicht ganz sicher, ob sie sich wünscht Dr. Shandow zu töten, oder selber zu sterben. Beides scheint angesichts der letzten Simulation möglich zu sein. Verwirrt zieht sie den Anzug aus und betrachtet sich im Spiegel. „Ich sehe Jahre älter aus.“, denkt sie sich.
Sandy geht in ihr Schlafzimmer und dreht an einem Schalter neben dem Lichtschalter. Er dient dazu, die Luft von einem Duft zu erfüllen um ihre Stimmung zu heben. Sie fühlt sich einsam. Die Worte beim Einstellungsgespräch mit Dr. Shandow bleiben ihr aber immer in Erinnerung:
„Natürlich dürfen Sie Beziehungen führen und Lebenspartner haben, die Firma kann Ihnen Ihr Privatleben nicht verbieten.“
Es waren nicht die Worte selbst, vielmehr die Art und Weise wie er sie gesprochen hat, die ihr klarmachten, dass sie ein Leben ohne Beziehung führen muss. Sie verstand es auch nur zu gut. Eine Kopfgeldjägerin mit Privatleben ist leichter unter Druck zu setzen. Es reicht schon den Partner in Bedrohung zu bringen. In einem inoffiziellen Gespräch verlieh Dr. Shandow seinen Worten mehr als nur ein bisschen Nachdruck:
„Wenn Sie eine Beziehung eingehen Sandy, dann wird das Ihr Ende bei Naevisus sein. Natürlich sind wir uns bewusst das Menschen gewisse... Bedürfnisse haben.“
An diesem Punkt überreichte er ihr den Digitalisierungsanzug. Schon bevor sie bei Naevisus begonnen hatte, hatte sie von ihm gehört. Der Anzug wird im Privatgebrauch eigentlich nur dafür verwendet, Leute kennen zu lernen. Man zieht ihn an, geht in ein Onlinecafe und kann mit den ganz normal reden. Nicht nur reden. Es ist auch möglich sie zu berühren. Mehr denn je ist es möglich ein tatsächliches Online Leben zu führen. Der Anzug kann aber auch zu einer Gefahr werden: Prügeleien oder auch Pseudo-Morde stehen bei vielen an der Tagesordnung. Das Konzept sieht es aber vor das Gefühl des Sterbens nicht eins zu eins zu Übertragen. Schmerzen werden allerdings übertragen.
Mit der Zeit hat sich Sandy daran gewöhnt ein zweites Leben online zu führen. Wenn sie auch nie in einem Lokal zweimal zu sehen ist um somit auszuschließen, dass ihr irgendwelche Leute zu wichtig werden. Für sie sind der Anzug und die Onlinecafes nur ein Mittel zum Zweck ihre Bedürfnisse zu stillen und sich auf ihre Morde vorzubereiten.

Heute hat sie wieder eines dieser Bedürfnisse. Diese Einsamkeit kann manchmal sehr zermürbend sein. Sie streift sich den Anzug wieder über. Dieser stellt eine Verbindung mit dem Internet her. Zuerst geht sie in eine virtuelle Kleiderkammer um sich ein Gewand auszusuchen. Für ihre Zwecke ist das blaue sehr kurz gehaltene Abendkleid genau richtig. Mit einer einfachen Handbewegung wird das Gewand auf ihren Körper projiziert. In einem virtuellen Spiegel sieht es dann so aus, als ob sie tatsächlich das blaue Seidenkleid mit sehr tiefem Ausschnitt trägt. Zufrieden betrachtet sie sich eine Weile bevor sie sich auf die Suche nach einem passenden Onlinecafes macht. Heutzutage ist es oft ein Problem, dass sehr junge Mädchen und Jungs in diesen Cafes zu finden sind. Als sie die ersten paar Monate Online war, war das noch nicht der Fall.
Sie gleitet durch verschiedenste Cafes. Verwundert stellt sie fest, dass es wirklich für fast alles ein eigenes Lokal gibt. Von Online Fitnesscentern über Einkaufszentren, die einem dann die Ware nachhause schicken. Natürlich gibt es auch tausende Clubs für all jene die nur Sex suchten. Es gibt Clubs für Schwule, Lesben, Paare, Blondinen und jede Menge mehr. Die Auswahl an Cybersextempeln ist mittlerweile so groß, dass es Sandy schwer fällt den richtigen Partner für ein Liebesspiel zu finden. Gerade heute, wo eine einfache Umarmung schon mehr bewirken würde als ein liebloses Sexspiel mit einem unbekannten.
Sandy entschließt sich in ein einfaches virtuelles Pub zu gehen um dort ihr Glück zu versuchen. Sie betritt das Lokal und setzt sich an die Bar. Schon bei einem ersten Rundblick bemerkt Sandy den Mann neben ihr. Er ist sehr groß hat lange schwarze Haare und scheint sehr gut gebaut. Einige Blicke später waren die beiden schon mitten im Gespräch. Wobei dieses Gespräch sehr einseitig verlief. Sobald der Mann Sandy etwas fragte, wechselte sie das Thema so, dass er weiterreden musste. Ihr wurde bewusst, dass sie niemanden hat den sie etwas erzählen kann von ihren Morden und ihrem eintönigen Leben. All das führte dazu, dass sie noch trauriger wurde. Doch sie spielte ihre Rolle. Eine andere als im realen Leben, aber eine Rolle die auf das hinauslaufen soll was sie will.
Wenig später konfrontierte sie ihn mit dem was sie tatsächlich wollte. Überrascht über die Plötzlich sehr direkte Art, willigte er jedoch ein. Die beiden ziehen sich in einen von Sandy entworfenen Raum zurück. Bereitwillig zieht sich der Mann vor ihr aus. Sandy folgt seinem Beispiel und legt sich aufs Bett. Er legt sich sanft auf sie und bedeckt ihren Körper mit küssen. Der Anzug simuliert diese Küsse und lässt sie jede einzelne Berührung von ihm tatsächlich spüren. Als er mit seinem Penis in sie eindringt, lies auch der Anzug einen Dildoartigen Stab in sie eindringen. Sie stöhnt leise auf und er beginnt sie zu nehmen.
Der Sexakt dauerte nicht lang und war für Sandy auch nicht wirklich befriedigend. Als er einen Orgasmus hatte stieg er plötzlich aus dem Onlineraum aus. Sie blieb zurück und fühlte sich noch elender als zuvor.
Sandy beendete die Verbindung und löste sich aus dem Anzug. Weinend begab sie sich unter die Dusche. Das schlimmste für sie war, das sie sich nicht mehr erinnern konnte das letzte Mal wirklich mit jemand ein Bett geteilt zu haben. Einsam legt sie sich ins Bett und weint sich in den Schlaf. Der letzte Gedanke an den sie sich erinnern konnte ist, Rache an Naevisus für dieses Leben zu nehmen...