Hallo! Ich finde das Revisited-Projekt eine sehr schöne Idee und will mal dazu stoßen.
Zu Beginn möchte ich mal eine Lanze für den Pilotfilm, ursprüngliche Fassung, brechen. Ich finde es zugegeben schon etwas befremdlich, wie im Fandom oft mit dem Pilotfilm umgegangen wird. Irgendwie ist das so eine Art ungeliebtes Stiefkind; überall heißt es, man solle doch gleich die Special Edition anschauen, gegenüber Neulingen wird gradezu schon vor dem Pilotfilm gewarnt, als ob der irgendeine Art "Schandfleck" in der B5-Geschichte ist. Kurz und gut, man kann ihn "vergessen".
Was dabei völlig übersehen wird, ist dass dem Erfolg dieses Pilotfilms zu verdanken ist, dass B5 überhaupt erst grünes Licht für die Serie bekommen hat. Nicht nur reichte es für den Serienstart, der Film wurde 1994 sogar für den Hugo nominiert (http://www.thehugoawards.org/?page_id=124), was in diesem Jahr keine andere TV-Serie schaffte. Ich finde es schon sonderbar, dass dies in Diskussionen um den Pilotfilm praktisch immer unter den Tisch fällt - obwohl ansonsten im Fandom die Hugo-Nominierungen und -Gewinne immer sehr gern erwähnt werden. Die stiefmütterliche Behandlung von "The Gathering", Originalfassung, als einen Film, den man "vergessen" kann, finde ich schon ein wenig ungerecht, denn nur durch diesen Erfolg haben wir überhaupt die Serie. Die Jahre später geschnittene Special Edition mag vielen heute besser gefallen, ist aber für die Show selber verglichen damit völlig irrelevant.
Was die Sache mit JMS' angeblich "fehlender Distanz" zum eigenen Baby betrifft, möchte ich hier eindeutig widersprechen. Denn der relevante Vergleichsmaßstab ist nicht, was die Fans an B5 zu kritisieren haben, sondern was andere TV-Produzenten an ihren eigenen Produktionen öffentlich kritisieren. Man wird sich da schwer tun, mehr als zwei, drei Produzenten zu finden, die öffentlich derartig kritisch gegenüber ihren eigenen Produkten sind (ich erinnere an diverse Äußerungen besonders über Infection, Grail, und Grey 17). Mir jedenfalls fällt im Moment keiner ein. Ehrlich gesagt habe ich mich schon das eine oder andere Mal gewundert, dass er nicht von WB oder PTEN deshalb eine auf den Deckel bekam, denn unmittelbar umsatzsteigernd ist so etwas nicht. Stellt Euch bitte sowas mal in einer anderen Industrie vor.
Übrigens war er auch dem Pilotfilm gegenüber schon zu Anfang nicht unkritisch: "I'm at the head of the line to point out flaws in the pilot." Wenn er sagt, dass sehr viele Leute den Pilotfilm gut fanden, sind das Tatsachen - siehe die genannte Hugo-Nominierung.
Man sollte auch nicht das Umfeld vergessen, in dem der Pilotfilm entstanden ist, mit Paramount-Leuten unterwegs, die versuchten, jeden zu überzeugen, dass B5 eine Billigproduktion ist, die nichts tauge und die man sich am besten gar nicht erst anschaue. Wenn der Showrunner selbst dann noch angekommt und öffentlich zu verstehen gibt, der Pilotfilm tauge nichts, dann hätte das der Show vermutlich das Genick gebrochen, denn grünes Licht hatte sie mW zu dem Zeitpunkt nicht. Man sieht ja, wie mancherorts jetzt auf seine Äußerungen reagiert wird, dass er TLT heute als unter seinem Standard betrachtet. Ich habe diverse Reaktionen gelesen nach dem Tenor, "warum soll ich in Zukunft noch irgendwas unterstützen, was JMS tut, in ein paar Monaten kommt er ja doch daher und sagt, es tauge nichts." Ja, wie kann man nur wagen, zuzugeben, dass man einen Fehler gemacht hat - with some people for fans you don't need enemies.
Langer Rede kurzer Sinn: Für die Fans ist es sehr einfach, kritisch zu sein. Sie haben keine Konsequenzen zu befürchten, jedenfalls keine, die man ihnen individuell zurechnen kann. Für den Showrunner sieht das ganz anders aus, der muss die Reaktion des Studios und des Netzwerks und auch der Fans (siehe oben) berücksichtigen. Da braucht es gar keine vertraglichen Restriktionen, dass man mit selbstkritischen Äußerungen sehr vorsichtig ist.
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