So, nachdem ich vor kurzem damit begonnen habe, Babylon 5 noch einmal von vorn betrachte und dann zu den jeweiligen Folgen (möglichst ausführliche) Reviews verfasse, will ich die Episoden-Bewertungs-Threads mal aus ihrer Versenkung holen und euch meine Sicht der Dinge schildern. Aus Gründen der Übersichtlichkeit bekommt dabei von mir jede Folge einen eigenen Eintrag (hat auch praktische Gründe, da zwischen jedem Review für eine Folge wohl ein Zeitabstand von 1-2 Wochen liegen dürfte).

Eine kleine Anmerkung, die von nun an für alle B5-Episoden-Reviews gilt: Wenn ihr auf den Episodentitel klickt, kommt ihr auf das Review auf meiner Homepage. Dieses ist mit dem hier geposteten Review im großen und ganzen identisch, hat aber zusätzlich noch eine recht ausführliche Inhaltsangabe, ein paar Screenshots (selbst gemacht ) sowie das beste Zitat und den schlimmsten Synchro-Fehler der Folge zu bieten.

Also, los gehts mit
Ragesh 3
"Ragesh 3" ist in gewisser Weise ein weiterer Pilotfilm für die Serie - nicht nur, weil zwischen der Ausstrahlung von "The Gathering" und dem Start der 1. Staffel mehr als ein Jahr verging, sondern auch, weil sich insbesondere was die Besetzung betrifft einiges geändert hatte. Dementsprechend hatte JMS in "Ragesh 3" die Aufgabe, die neuen Figuren einzuführen, zugleich aber auch allen, die den Pilotfilm nicht gesehen haben, einen möglichst einfachen Einstieg in die Serie zu ermöglichen. Dazu sollte man natürlich auch noch möglichst den Fehler des Pilotfilms (zumindest in dessen Urfassung) vermeiden, zu viel Hintergrundinformationen zu liefern und dabei die eigentliche Handlung zu vernachlässigen. Für all das stand ihm außerdem nur die Hälfte der Zeit aus dem eigentlichen Pilotfilm zur Verfügung.

Um so erstaunlicher ist das Ergebnis, ist JMS doch mit "Ragesh 3" in allen Punkten erfolgreich, die er sich vorgenommen hatte. Viele Stärken, welche die Serie so auszeichnen, sind hier bereits präsent: erstaunlich interessante und vielschichtige Charaktere, die großartige Mischung aus Humor und Dramatik, die beeindruckenden schauspielerischen Leistungen, sowohl interessant aussehende als auch originell wirkende Außerirdische, die für eine TV-Serie wegweisenden Effekte, die hohe Komplexität des von JMS erschaffenen Universum, und vor allem das epische "Feeling", das Babylon 5 dank immer wieder kurz eingestreuter Anekdoten, Informationen und Ideen selbst hier schon versprüht.

Auch die Einführung der neuen Charaktere ist gut gelungen. Sowohl bei Ivanova als auch Talia wird kurz erwähnt, dass beide noch nicht so lange auf der Station sind, und dadurch, dass Talia versucht, Ivanova näher zu kommen, bietet sich dem Zuschauer die perfekte Gelegenheit, BEIDE näher kennen zu lernen. Auch Vir hat hier seinen ersten Auftritt und ist dem Zuschauer mit seiner nervös-zappeligen Art eigentlich gleich auf den ersten Blick sympathisch, bietet er doch mit seiner naiven Unschuld einen großartigen Kontrast zu Londo, der in Grundzügen bereits in dieser Folge zu erkennen ist. Ebenfalls beeindruckend, wie viel Hintergrundinformationen JMS neben all den anderen Aspekten und der interessanten Handlung hineinzupacken vermochte. So werden wir bereits in das tragische Schicksal von Ivanova's Mutter eingeweiht, erfahren mehr über die Funktionsweise des Psi-Corps, und Londo erzählt Sinclair von seinem Traum, in dem er sieht wie er und G'Kar sich in ungefähr 20 Jahren gegenseitig erwürgen.

Eben letzteres ist eine der großen Stärken von Babylon 5 bzw. JMS: Immer wieder werden dem Zuschauer kleine Ausblicke in die Zukunft geben - was natürlich nur funktioniert, weil es sich bei Babylon 5 nun mal nicht um eine Ansammlung von Einzelgeschichten mit gelegentlichem roten Faden handelt, sondern um eine epische, bis ins kleinste Detail durchdachte und vorausgeplante Saga, die sich nicht über eine, sondern über ganze 5 Staffeln erstreckt. Dadurch ist es JMS möglich, ungewöhnlich früh gewisse Köder, Hinweise und Informationen auszuwerfen (Londo's Traum) und eine kontinuierliche Handlung aufzubauen (Präsidentschaftswahlen) - und eben dies macht Babylon 5 so einzigartig.

Was die Effekte betrifft, konnte sich "Babylon 5" im Vergleich zum Pilotfilm noch einmal deutlich steigern, und auch wenn man den Weltraumsequenzen ihre Computerherkunft natürlich ansieht, konnten mich die Effekte selbst hier schon wirklich begeistern - erhält doch Babylon 5 dadurch einen ganz eigenständigen Look, der die Serie doch deutlich von der Konkurrenz abgrenzt. Der Kampf zwischen den Starfuries und den Rangers sticht dabei natürlich besonders hervor - was insbesondere am originellen, einfallsreichen und gut durchdachten Design und Flugverhalten der Kampfflieger liegt. Hier ist Babylon 5 der Konkurrenz wirklich um Welten voraus. Auch die Figuren wissen, wie bereits erwähnt, absolut zu überzeugen - wobei in "Ragesh 3" natürlich insbesondere Londo und G'Kar aus dem Ensemble hervorstechen, wird doch bereits in der ersten Folge die ganz eigene Dynamik dieser zwei Charaktere deutlich.

Neben Drehbuchautor JMS, der die Figuren erschaffen hat, gebührt jedoch natürlich auch den Schauspielern großes Lob, gelingt es doch allen Hauptdarstellern, ihre jeweiligen Rollen wirklich perfekt darzustellen und die Figuren mit Leben zu füllen. Ebenfalls bereits erwähnt, dennoch möchte ich ihn noch einmal kurz hervorheben: den Humor, der das durchaus dramatische und ernsthafte Geschehen immer wieder auflockert. Hier sind natürlich insbesondere die Szene zwischen Garibaldi und Londo gleich zu Beginn der Folge sowie Garibaldi's 2.liebstes Ding im Universum (Duck Dodgers) zu nennen. Es sind solche originelle Ideen, welche den Figuren ihre ganz persönliche Note verleihen und sie unverwechselbar, vielschichtig und interessant machen...

Angesichts dieses Reviews, dass "Ragesh 3" in höchsten Tönen lobt und keine negativen Aspekte aufführt, mag sich der eine oder andere über die zwar gute, aber eben nicht überragende Benotung meinerseits wundern. Nun, das ist leicht erklärt: Ja, Ragesh 3 ist ohne jeden Zweifel eine sehr gute Folge und ein gelungener Einstieg in die Serie, Tatsache ist aber: Es kommt noch viel besser... und zwar in ALLEN Belangen, sei es die Action, das Drehbuch, die Effekte, die Spannung, die Dramatik, die schauspielerischen Leistungen etc. Ragesh 3 ist ein Vorgeschmack, ein durchaus wohlschmeckender Aperitif, der Lust macht auf mehr - aber das Hauptgericht steht nun mal erst bevor. Und daher muss ich Abstriche machen - nicht, weil die Folge nicht gut wäre, sondern weil das, was folgt, noch viel besser ist...

Fazit: "Ragesh 3" ist eine gute Folge und ein gelungener (Neu-)Einstieg in die Serie - doch es kommt noch so viel besser, dass ich aus Gründen der Vergleichbarkeit trotz des Fehlens von nennenswerten Schwächen "nur" 8/10 vergeben kann...
Wertung: 8/10 bzw. 4/5