Paul Greengrass ist seinem Handkamera-Stil treu geblieben, was heißt: Die Wackelkamera findet wieder mal häufig Verwendung - allerdings waren meinem Empfinden nach nur wenige Szenen so unübersichtlich wie die Autoverfolgungsjagd aus dem 2. Teil. Lediglich dem Kampf in Marokko konnte ich de facto nicht folgen. Auch die fließende Kamera wurde wieder fast ständig eingesetzt. Was bei "Flug 93" gut funktioniert und den dokumentarischen Stil in meinen Augen unterstützt hat, lenkt beim Ultimatum - wie schon beim 2. Bourne-Teil - eher ab.

Die Komplexität der Handlung wurde in meinen Augen stark zurückgeschraubt. Während man beim 1. und insbesondere dem 2. Teil sehr aufpassen musste, um bei all den Figuren, Wendungen und Handlungssträngen nicht den Faden zu verlieren, verläuft das Bourne-Ultimatum untypisch linear und fokussiert. Kompensiert wird dies durch das sehr schnelle Erzähltempo - man rast förmlich durch den Film und findet nur selten - wichtige - Verschnaufpausen.

Greengrass nutzt den Fortsetzungscharakter des 3. Teils optimal. Während er den 2. noch eher eigenständig aufgebaut hat (ev. auch weil er ja beim 1. noch nicht involviert war) schöpft er hier aus den Vollen und stürzt uns ohne viel Vorbereitung in die Handlung. Er setzt voraus, dsas wir die Figuren - gut - kennen, und wendet daher kaum mehr Zeit auf sie näher vorzustellen. Die Vorgänger - idealerweise kurz vor dem Kinobesuch zum 3. Teil - vorher gesehen zu haben, ist hier definitiv ein Muss - sonst wird der Film viel von seiner Wirkung verlieren.

"Das Bourne Ultimatum" führt die Handlung der ersten beiden zu einem temporeichen, dramatischen und auch irgendwie logischen Schluss. Wir erfahren genau, was es mit Jason Bourne bzw. David Webb auf sich hat, und wie er zum Killer wurde, der zu Beginn des ersten Teils aus dem Meer gefischt wurde. Die entsprechende Handlung hält durchaus noch einige Überraschungen parat. Eine der größten Stärken des Films ist die geniale Verknüpfung mit dem Ende des 2. Teils - etwas, dass hier jedoch nicht näher verraten werden soll.

Der Film ist sehr tempo- und actionreich, und vor allem ungemein spannend. Es ist erstaunlich, wie es Greengrass gelingt, gleich mehrere "zu Fuß"-Verfolgungsjagden einzubauen und jeder einzelnen davon etwas neues abzugewinnen, um ihr so einen frischen und erfrischenden Touch zu geben, so dass diese nie langweilig werden. Die Observierungsmöglichkeiten der CIA (auch wenn diese in der Realität wohl nicht gar so weit gehen - zumindest nicht so schnell) sind erschreckend, und geben dem Kampf Bourne gegen CIA etwas von David gegen Goliath. Wohl ein weiterer Grund, weshalb man beim Film so mitfiebert.

Die Schauspieler sind alle wieder einmal genial gewählt, und auch die bekannten Gesichter gehen erneut voll und ganz in ihren jeweiligen Rollen auf. Das große Ensemble offenbart keine Schwachstelle. Zudem wissen die zahlreichen Rückblenden - auch auf Stellen der früheren Filme - zu gefallen. Die größte Stärke sind aber die spannende Handlung und die zahlreichen Actionszenen. In beiden Bereichen kann "Das Bourne Ultimatum" dem Zuschauer durchaus das eine oder andere "Wow" entlocken. Und last but not least, hat man (wieder) nicht darauf vergessen, Bourne einige geniale Momente auf den Leib zu schreiben, die seinen Ruf als "coolste Agentensau seit Sean Connery's Bond" endgültig einzementieren.

Alles in allem trotz der Wackelkamera und der im Vergleich zu den Vorgängern deutlich geradlinigeren Handlung der beste Agententhriller seit Jahren - womit Jason Bourne James Bond erneut recht unsanft vom Thron der Filmagenten gestoßen hat.
9/10