natürlich können wir uns drüber beschweren. das will duni sicherlich niemandem absprechen. aber mal ehrlich, bei den meisten von uns bleibt es doch bei dem beschweren. sich ein bisschen schöngeistig in einem thread über kapitalismus auslassen, ist recht bequem und dann sagen, dass man was dagegen tun könnte, ist uns auch allen klar... aber was tut ihr denn dagegen? mal konkret: wo sorgt ihr in eurem alltag dafür, zu diesem system eine alternative zu leben oder zumindest den benachteiligten unter die arme zu greifen? damit meine ich übrigens nicht die alljährliche schlechte-gewissen-milderungs-spende zur weihnachtszeit.Hmm. Interessant. Solange es mir gut geht, darf ich mich also nicht über den Kapitalismus beschweren? Kritisieren darf ich das System nur, wenn ich selbst zu den akut Benachteiligten gehöre? ;-)Lasst mich mal eins klarstellen: Ihr sitzt in einer beheizten Wohnung, trinkt wahrscheinlich den guten Markenkaffee aus dem Lidl, tragt Kleidung von C&A und sitzt auf einem mehr oder weniger teurem Bürostuhl. Während ihr das tut, surft ihr auf eurem Laptop/PC im Internet und lest/schreibt Berichte über den bösen Kapitalismus.
Wenn wir ehrlich sind, hat absolut niemand in diesem Thread das Recht, sich über Kapitalismus zu beschweren.
ich will mich jetzt hier nicht brüsten, aber wenn ich schon dazu auffordere, fange ich einfach mal selbst an: ich arbeitete jahrelang ehrenamtlich im sozialen und heilpädagogischen bereich und tue das immer noch sporadisch, soweit es meine zeit und mein geldbeutel zulässt. was mir dabei auffiel: bei den ehrenamtlichen-treffen war ich in meinem alter einer von ganz wenigen. überwiegend fand man dort menschen über 60. und das, obwohl sich unsere stadt wie viele andere städte deutschlands auch, viel mühe mit einer gut gemachten kampagne zum ehrenamt gab.
damit will ich übrigens nicht sagen, dass das ehrenamt die lösung allen übels wäre. gerade als mensch, der im sozialwesen tätig ist, weiß ich, welche gefahren zu viel ehrenamt birgt. denn oftmals wird das auch als einsparungsmaßnahme genutzt (was seine ursache im ürbigen auch im kapitalismus hat, denn sogar soziale arbeit ist inzwischen zum markt geworden. würde es nach parteien wie der fdp gehen, könnte man in deutschland vielleicht sogar irgendwann das überqueren eines fußgängerstreifens auf der straße zum markt machen, indem auch diese privatisiert und dem endverbraucher fußgänger zu unterschiedlichen preismodellen angeboten werden. für leute, die es ganz eilig haben und besonders oft über die straße gehen müssen, kann man dann ja eine flatrate anbieten.).
das wissen aber viele gar nicht, deshalb braucht mir niemand mit dem argument "ich mach kein ehrenamt, weil ich damit arbeitsplätze vernichte!" kommen. so einfach ist der zusammenhang nämlich nicht. ehrenamt in der richtigen dosis vernichtet keine arbeitsplätze. da kann es schon reichen, wenn man in einer sozialen einrichtung 2mal im monat zu je 4 stunden mithilft: mit einem alten oder behinderten menschen etwas unternimmt, bei den tafeln essen ausgibt usw.... wie gesagt, nicht erst an weihnachten.
und was macht ihr an eurem konsumverhalten? achtet ihr darauf, wie die hersteller produzieren? habt ihr lidl gemieden, nachdem die verheerenden arbeitsbedingungen bekannt worden? informiert ihr euch überhaupt über sowas?
letztens machte hier eine der letzten kleinen buchhandlungen zu. die älteste. ein tradionsladen sozusagen. es gab kaum noch kundschaft. warum? weil alle wie bekloppt zu den großen fillialen wie der maierschen rennen oder im internet bestellen. egal ob sie davon einen preisvorteil haben oder nicht. und egal ob er service dabei eventuell schlechter ist. der mann, der diese nun geschlossene bücherei betrieb, war buchverkäufer aus leidenschaft. der kannte viele titel auswändig, wenn ich ihm nur ein stichwort gab. in der maierschen sind die angestellten ohne ihren pc überfordert und viel mehr können sie einem auch nicht weiterhelfen in sachen beratung. bei amazon verlässt man sich gerne auf die rezensionsen. dass diese inzwischen manchmal gekauft und manipuliert werden, steht auf einem anderen blatt...
wenn ich ein buch nicht gleich am nächsten tag brauchte und es im web nicht deutlich billiger bekam, bestellte ich es mir immer in diesem kleinen laden (der das buch übrigens auch in der regel innerhalb von 2-3 tagen erhielt). ich will mich da nicht als leuchtendes beispiel hinstellen, aber ich bin sicher nicht der einzige, für den das so möglich gewesen wäre. allerdings kam den meisten wohl ihre eigene bequemlichkeit oder konmsumgeilheit dazwischen. schließlich bietet so ein kleiner buchladen nicht die supermegabilligen wühltische wie die maiersche, bei denen man bücher mitnimmt, die man eigentlich garnicht kaufen wollte, aber sie sind ja fast geschenkt.
bewusstes konsumieren heißt nicht nur preise vergleichen, schnäppchen jagen oder den bequemsten weg wählen. es bedeutet auch, die regionalen strukturen zu unterstützen, soweit das eben möglich ist. und so schwer ist das nun wirklich nicht... wer kapitalismus-kritik zum besten gibt, sollte auch das in sein handeln einbeziehen.
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