Diese Fern-Psychoanalysen, ob jemand ein Egomane ist oder nicht, bringen doch nichts. Niemand von uns kennt JMS gut genug, um dessen Persönlichkeit hinreichend einschätzen zu können, und niemand weiß, was in den Verhandlungen zwischen WB und JMS tatsächlich abgelaufen ist.
Ich denke, das Crusade-Chaos kann man ihm wirklich nicht anlasten, und dass LoTR und TLT nicht der Überflieger waren, weiß er selber. Keine dieser Produktionen war eine "JMS-only" Produktion. Sowas gibts in dem Bereich doch überhaupt nicht. Wie sein Anteil an B5 "allgemein" eingeschätzt wird, weiß ich nicht; Fakt ist aber, er hat das Ding geschaffen, 92 von 110 Episoden geschrieben und das ganze Ding exekutiv-produziert. Ich wüsste wirklich nicht, wem man einen größeren Anteil an der Show zuschreiben sollte als ihm. Was mir aus der Verfolgung aller JMS-Projekte hervorzugehen scheint, sei es TV oder Comics, ist, dass das Schlammassel meistens dann beginnt, wenn man anfängt, ihm dreinzureden, und ihn nicht so arbeiten lässt, wie er will.
Alles zusammengezählt scheinen die Jahre 1998 bis 2005 eine ziemliche Pechsträhne gewesen zu sein - neben Crusade, LoTR gabs da noch die Fehlschläge mit dem Chris-Carter-Projekt und Polaris (beide aus Gründen, auf die er keinen Einfluss hatte), Jeremiah (dessen Produktion für ihn der reine Horrortrip gewesen sein muss), die Geschichten mit TMOS und der Verfilmung von Rising Stars, und ab ca. 2003 auch noch immer wieder Ärger mit Amazing Spiderman. Das ist nur das, was mir momentan spontan einfällt. Es war sicher keine leichte Zeit für ihn.
Im Moment scheint sich das ins Gegenteil umzukehren, und das freut mich ungemein für ihn. Was auch immer genau gelaufen ist zwischen WB und JMS, dies hat sicher etwas damit zu tun, dass er von deren Minimalinvestitionsvorhaben die Nase jetzt gründlich voll zu haben scheint. Außer der TLT-Entscheidung gabs letztes Jahr noch ein Veto in Sachen Computerspiel von ihm, wiederum mit der Begründung, dass WB es zu billig machen wollte, als dass es noch eine gute Qualität hätte werden können. Er scheint jetzt in dieser Frage an der Zero-Tolerance-Grenze angekommen zu sein, und zugestanden, dass man vllt. auch hätte anders reagieren können - ich könnte nicht sagen, dass ich seine Frustration nicht verstehen kann.
Angesichts des X-files-Flop sehe ich momentan keine große Hoffnung auf B5-Spielfilme, schon gar nicht unter den von JMS genannten Eckdaten. Ich bin aber auch nicht sicher, wie ernst man diese "Spielfilm-oder-nichts"-Haltung tatsächlich nehmen muss - ich tendiere dazu, es eher als "keine Billigproduktionen mehr"-Haltung aufzufassen. Wenn WB mit irgendeiner wirklich guten Idee kommt, und vernünftige Konditionen anbietet, glaube ich kaum, dass er sich auf die Haltung versteift, "Spielfilm oder nichts".
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