Die Legende zur Folge: Gestaltwandler
Gestaltwandler gibt es in nahezu allen Kulturen. Ebenso vielfältig wie ihr aufkommen ist auch die Anzahl der Varianten. Zu den bekanntesten gehören sicherlich die Werwölfe und ihre Verwandten. Ihr besonderer Reiz liegt darin, dass die Bestie zum Einen nur für eine relativ kurze Zeit die Kontrolle übernimmt und außerdem der menschliche Wirt zu den Opfern gezählt werden muss, da er nicht verhindern kann, was passiert. Eine eher romantische Variante der Formwandlung zeigte uns Regisseur Richard Donner 1985 in dem Film "Der Tag des Falken" (Ladyhawk). Zwei Liebende wurden von einem eifersüchtigen Kleriker verflucht, so dass sie tagsüber zu einem Falken wird, während er nachts als Wolf durch die Lande streift. Nur für zwei kurze Momente am Tag können die beiden sich in menschlicher Gestalt gegenüber stehen. Eine weitaus weniger romantische Variante findet sich bei Robert Louis Stevenson in dem Roman "Der seltsame Fall des Dr. Jekyll und Mr. Hyde", dessen Handlung allgemein bekannt sein dürfte.
Die vermutlich gemeinste Form der Gestaltwandlung findet sich jedoch in Form des Doppelgängers. Seine Blütezeit in der deutschen Literatur hatte er zur Zeit der Romantik, also im ausgehenden 18. Jahrhundert bis Mitte des 19. Jahrhunderts. Diesem Umstand haben wir es auch zu verdanken, dass sich auch das Wort selbst in anderen Sprachen wiederfindet, auch wenn im englischen Sprachraum der Umlaut meistens zu einem Vokal degradiert wird. So haben sich einige namhafte Autoren des Themas angenommen, wie etwa E. T. A. Hoffmann, Edgar Allan Poe und Heinrich Heine. Auch hier findet sich ein ähnlicher Effekt wie beim Werwolf. Hat der böse Doppelgänger seine Schandtaten vollbracht, werdem diesem natürlich dem Nachgeahmten zugerechnet, das zentrale Thema dieser Supernatural-Folge.
Wieder aktuell wurde das Thema spätestens mit Schaf Dolly (1996), dem ersten geklonten Säugetier, in Film und Literatur wurde daraufhin geklont, was das Zeug hält. "Der dritte Zwilling", "The 6th Day", "Blueprint" und "Die Insel" stehen nur stellvertretend für eine regelrechte Klon-Welle. Den Vogel dürfte jedoch der letzte Teil der Matrix-Trilogie abgeschossen haben, als tausende und abertausende Kopien des Agenten Smith die Gegenerschaft des Hauptcharakters Neo/Anderson darstellten. Ebenfalls sehr aktuell ist die Serie "Heroes", in der einer der Figuren eine Persönlichkeitsspaltung der physischen Art erfährt.
In der Medizin kennt man zwei wesentliche Krankheitsbilder, die zum Thema passen. Bei der Heautoskopie handelt es sich um eine selten auftretende Form der Persönlichkeitsspaltung, die in der Wahnvorstellung gipfelt, man hätte einen Doppelgänger. Betroffene sehen sich tatsächlich selbst im unmittelbaren Umfeld, sind ärgerlich und verwirrt, da sich "der andere" situationsuntypisch verhält. Die Verweirrung wird noch gesteigert, wenn das Bewusstsein zwischen diesen beiden "Körpern" hin und her wechselt.
Ebenfalls selten ist das so genannte Capgras-Syndrom. Patienten mit diesem Krankheitsbild gehen davon aus, dass eine oder mehrere Personen aus ihrem unmittelbaren Umfeld durch Doppelgänger ersetzt worden seien.
Die offenbar tief in uns verankerte Angst, seinem direkten Umfeld oder sogar sich selbst nicht mehr trauen zu können ist sicher mit dafür verantwortlich, dass das Doppelgänger-Phänomen durch alle Kulturen und zeitgeschichtlichen Epochen geistert und wir sicher noch nicht die letzte Variante gesehen oder gelesen haben.
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