Wie besprochen, hole ich den Auszug aus der Versenkung, Simara. Ich habe mich nach besten Willen zurückgehalten.
Die angesprochenen Punkte sind ganz allgemein erläutert, als Beispiel nehme ich immer die Textstelle, die mir zuerst dazu aufgefallen ist. Tippfehler habe ich außen vor gelassen, die findest Du sicherlich selbst bei der späteren Durchsicht.
Auf geht's:

Im ersten Absatz gibt es nur ein weibliches Subjekt, nämlich Tashina. Das "Sie" wäre also auf jeden Fall eindeutig und würde den Text flüssiger lesbar machen als die Wiederholung des Namens. Das ist auch im weiteren Text an vielen Stellen möglich.

Der Mann schüttelte den Kopf und sah sich nach Tashina um.
Hier wäre es gut, die Abfolge der Handlungen näher zu bestimmen, zum Beispiel durch "schüttelte benommen den Kopf" oder "sah sich wütend nach Tashina um". Man soll zwar sehr genau überlegen, wo Adjektive sinnvoll sind, aber hier könnten sie die Beschreibung meines Dafürhaltens tatsächlich etwas hektischer gestalten.

Auch wäre es gut, den Ablauf an sich noch einmal zu überdenken. Meiner Ansicht nach wäre es besser, wenn Tashina hinter der Düne verschwindet, bevor Du Dich dem Wiederzusichkommen des Mannes widmest. Anders als in einem Drehbuch kannst Du die Chronologie durch Wörter wie "inzwischen" steuern, ohne linear Ereignisse abhaken zu müssen.

Der Mann zog sein Schwert und wollte zur Düne gehen. Ihm war so gewesen, als hätte er etwas verschwinden gesehen, doch er wurde von seinem Anführer zurückgerufen.
Das ist der Tagesschau-Effekt ... Die Beschreibung ist zu nüchtern. Schreib' nicht, was der Mann tun will, sondern laß es ihn tun, und hab' keine Angst vor einem kurzen Perspektivwechsel und belebenden Dialogen. Außerdem kannst Du so klären, warum der Mann zurückgehalten wird. Beispiel:

Der Mann zog sein Schwert. Er hatte nicht gesehen, wohin die Flüchtende gelaufen war, aber die Spuren im Sand sprachen eine deutliche Sprache. Er setzte zur Verfolgung an, doch eine befehlsgewohnte Stimme hielt ihn zurück.
"Laß' sie!"
Er blickte sich um.
Sein Anführer hatte die Flucht bemerkt und trat nun langsam näher. In seinen Augen glitzerte unverholender Spott darüber, daß sein Untergebener übertölpelt worden war. "Die Wüste wird sich ihrer annehmen", fuhr er fort. "Wir müssen weiter."


Während dessen purzelte Tashina haltlos die Düne hinab.
Verkürzen und Dramatik erhöhen. Beispiel: Tashina purzelte haltlos die Düne hinab.

Keuchend blieb sie kurz liegen und versuchte erstmal statt Sand in den Mund, Luft in die Lungen zu bekommen.
Die Satzreihenfolge ist zu geradlinig, beinahe aufzählend. Vermeide Umgangsprache in Schriftsprache (--> "erstmal"). Versuche, die Atemlosigkeit Deiner Protagonistin in Deine Schreibweise einfließen zu lassen. Beispiel:

Schließlich kam sie zum Liegen und schnappte keuchend nach Luft. Jeder Atemzug schien ihre Lungen mit ebenso viel Sand wie Luft zu füllen, aber nach dem schnellen Lauf unter sengender Sonne konnte sie nicht anders, als dem Drang nachzugeben.

Die Angst wieder eingefangen zu werden saß ihr zu sehr im Nacken.
Zu sehr für was? Formulierung überdenken.
Noch besser wäre es, ihre Panik durch ihr Verhalten noch deutlicher zu machen, anstatt zu erwähnen, daß sie Angst hat. Natürlich hat sie Angst, das weiß der Leser ohnehin. Aber wie äußert sich das?

--- Tja, das wären die stilistischen Punkte, die mir aufgefallen sind. Sie lassen sich auch auf andere Stellen im weiteren Text anwenden. Einfach versuchen.

Ein paar Fragen sind mir noch gekommen, was den Plot angeht:
[*] Hat Tashina irgend eine Art von Kampfausbildung genossen? Es erfordert Übung, einen kräftigen Mann mit bloßen Händen so zielsicher zu treffen, daß er zu Boden geht. Mit gefesselten Händen gehört auch noch eine gehörige Portion Glück dazu.
[*] Für eine Sklavenkarawane ist jeder Sklave bares Geld. Gibt es die Vorgeschichte her, daß der Anführer zumindest soviel Respekt vor Tashina entwickelt hat, daß er ihr die Chance gibt, ihr Glück im Kampf gegen die Wüste zu versuchen? Oder wurde schon vorher irgendwie klargemacht, daß sie schlecht verkäuflich sein würde und den Aufwand der Verfolgung nicht rechtfertigt? Daß die Sklavenhändler nicht direkt verfolgt werden und es daher sehr eilig haben, davon gehe ich aus, sonst hätte Tashina ein konkretes Ziel für ihre Flucht gehabt. Oder opfern die Sklavenhändler ohnehin bei jeder Reise einen Sklaven der Wüste, um irgend welche Geister milde zu stimmen? - Der Möglichkeiten gibt es viele, um diese bisher recht unlogische Stelle plausibel zu machen, aber eine davon sollte Dir schon einfallen und im Text verwendet werden.
[*] Vergiß nicht, Tashinas wunderbaren Rettung einen sinnigen Hintergrund zu geben. Ich weiß nicht, in was für einer Welt die Wüste liegt, aber normalerweise kommt in einer solchen nicht an jeder Stelle jede Stunde eine Karawane vorbei. Das ist ein wenig Detektivarbeit: Man nimmt immer den kürzesten Weg durch die Wüste. Tashinas Retter müssen also den gleichen Weg wie die Sklavenhändler genommen haben, wenn sie das Mädchen finden. Da sie den Sklavenhändlern offenbar nicht begegnet sind, reisen sie hinter ihnen. Das heißt, daß Tashinas Retter und die Sklavenhändler das gleiche Ziel haben. Ob es nun zu einer erneuten Begenung mit den Sklavenhändlern kommt oder nicht ... Es sollte Dir eine Erwähnung wert sein, wenn sie die nächste Siedlung erreichen. Solche Details machen die Lebendigkeit und Funktionsfähigkeit einer Handlungsumgebung aus.

Alle weiteren Vorschläge wären nur eine Wiederholung dessen, was friedfertig bereits erwähnt hat. Ich hoffe, daß Dir meine Ausführungen ebenfalls weiterhelfen können.