Zitat Zitat von DerBademeister Beitrag anzeigen
Das ist schlecht für die Demokratie, denn selbst Watchblogs wie die bekannten Nachdenkseiten, welche diese Defizite in der Informationskultur ausgleichen könnten, haben nicht mehr als einen Bruchteil der Reichweite der Tageszeitungen und Wochenmagazinen, und werden zudem vorrangig von Jüngeren gelesen - womit ganze gesellschaftliche Gruppen Außen vor und in der Informationswüste zurück bleiben.
ich halte ja von blogs recht wenig. die können keinen journalisten ersetzen. aber ein richtiger journalist, der sich zeit nimmt für seine geschichte, kostet halt geld. ich hab gerade ein interview mit küppersbusch gelesen, der es eigentlich schön auf den punkt bringt:

Sie produzieren selbst den Polittalk »2+Leif«. Wie, glauben Sie, ist dem allgemeinen Politikfrust zu begegnen?

Wir stellen fest, daß die Parteipolitik unter Vertrauens- und Interessenverlust leidet. Journalisten befleißigen sich, die parteipolitische Agenda im Sesselkreis für die Zuschauer herunterzubrechen, und die geladenen Politiker tanzen dann vor – leider nur interessiert das die Zuschauer kaum. Journalismus hat klammheimlich einen Perspektivwechsel vollzogen: Nicht mehr »fragen, was die Leute interessiert«, sondern »übersetzen, was die Politik verkaufen will«. Denken Sie an die großen politischen Themen der Umwelt-, Anti-AKW- und Friedensbewegung. Die Anti-Nato-Nachrüstungsdebatte, die Frauenbewegung mit dem Abtreibungsthema: Diese Themen waren eben nicht von Parteien gesetzt, sondern wurden ihnen teilweise gegen ihren erbitterten Widerstand aufgezwungen. Mit brutalen Mitteln wie Wasserwerfern und Knüppeln wehrte sich der Staat, diese Themen zu akzeptieren, die Bürgern wirklich wichtig sind und waren. Nun kommen Fernsehjournalisten und verdolmetschen, was sich Marketingstrategen der Parteizentralen ausgedacht haben, worüber diskutiert werden soll. Schalten die Zuschauer ab, liegt das nicht daran, daß sie verblöden: Sie quittieren den Journalisten schlechte Arbeit.

Wandert das Fernsehpublikum nach links, während die Sender konservativer werden?

In Wirklichkeit interessiert keine Sau mehr, ob beim Schonvermögen 0,2 Prozent der Hartz-Empfänger Opas Häuschen doch behalten dürfen oder nicht. Die Leute sagen, das ganze Hartz ist scheiße - doch darüber wird nicht diskutiert. Man beruft Gelehrtenrunden ein, die mit ihren parteipolitisch ausgerichteten Relativierungen diese Debatte verhindern sollen – die Linkspartei wird seltener eingeladen als neoliberale Wanderprediger, die ihre Religion der Habsucht als Wissenschaft bemänteln.

Müßte angesichts der Wirtschaftskrise Courage zur Kapitalismuskritik einkehren?

Aufgabe der Journalisten ist nicht, Dolmetscher der Mächtigen zu sein, sondern Postillon der Regierten. Wer Anstand hat, sollte letzteres umsetzen, denn die Bürger bezahlen uns. Sonst wird es so sein: Will, Plasberg, Beckmann, Illner, Maischberger konkurrieren, wer die tollsten Politiker abgreift. Die Latte des Abgefragten wird stets weiter nach unten gehängt. Motto: Fragst du kritisch, gehen sie zu denen, die weicher nachfragen: 2011 eventuell zu Jauch.

das ganze interview
die herren journalisten habens andererseits auch nicht einfach. ich finds ja immer wieder unverschämt, wie oft politiker interviews verweigern. gerade wenn ihnen das thema unangenehm werden könnte. also berichtet man lieber für die parteien, und nicht über sie, damit man überhaupt was zu berichten hat? und welchen bundesbürger interessieren schon komplizierte themen?

ein thema für sich ist ja, ob die printmedien nicht schlichtweg verpennt haben mit der zeit zu gehen. verdient eigentlich ein verlag mit dem internet geld? es war sicherlich ein großer fehler, so viele inhalte kostenlos zur verfügung zu stellen. tja, jetzt sinds die leute gewohnt, und es wird schwer ihnen begreifbar zu machen, das sie bezahlen müssen, wenn sie vernünftigen journalismus wollen.

irgendwie ein teufelskreis.