Kapitel VIII – Familienzwist
„Iuuhrschieni Miochhaiueni! Huaschirschi chauh chaichihu schichihuoni iuevuhuaschichihueni uhnichi nieuhe Uhnirschiechhavuhuaeschichihue aniiueheoiueni?“
*Guten Morgen! Hast du dich schon gewaschen und neue Unterwäsche angezogen?*
Joon hätte seiner Mutter jetzt ab liebsten eins in die Fresse gehauen. Was war er? Ein kleines Kind? Musste man ihm denn immer alles sagen? Hallo?! Er war erwachsen! Er wusste selber, was man am Morgen machte! Und wenn er es nicht machen wollte, dann war das seine Sache!
„Juha juha.“
*Ja ja.*
Wenn ein Besuch bei der eigenen Mutter schon so begann, dann konnten die restlichen Tazuras nur noch mehr die reinste Hölle darstellen. Joon wünschte sich, dass sein Vater noch am Leben wäre, denn dieser würde wieder die Zügel in seine strengen aber gerechten Hände nehmen. Seit er vor zwei Jazuras an einer seltenen Krankheit gestorben war, ging es mit dem Clan bergab. Streitigkeiten zwischen den einzelnen Familien brachen immer wieder aufs Neue aus. Es war zermürbend. Deswegen war Joon auch aus dem Gefängnis namens Familienclan geflohen und hatte sein Glück im Weltraum versucht. Mit mehr oder minder gutem Erfolg. Nunja, seit er letzten Mazura bei dem Teladi mit dem Namen Hilbilis Destructulus Zuzaimei I. angefangen hatte zu arbeiten, ging es stetig bergauf.
„Ichihu iuehue uhnicha baieschiuhchihue Piapischi.“
*Ich gehe und besuche Paps.*
Joons Mutter konnte garnicht so schnell schauen, wie er weg war. Das Grab lag nur ein paar hundert Meter weg vom Einsiedlerhaus der Yemais. Gemessenen Schrittes ging Joon über ein Feld voller Nuno-Blumen, dass hinter dem Haus lag und sah der blauen Sonne dabei zu, wie sie sich langsam über den violetten Horizont gen Himmel schob. Es war noch frisch, deswegen hatte sich Joon eine warme Jacke übergezogen, aber seine Hose war alsbald vom Morgentau durchtränkt. Doch das störte ihn nicht sonderlich.
Sechs Mizuras später stand Joon am Grab seines Vaters. Es war schlicht gehalten und doch zeugte es von Einfluss. Zwei sich überschneidende Mondsicheln zeigten den Platz an, wo sich die letzte Ruhestätte des Clanführers befand. Die zwei unteren Spitzen waren im Boden verankert und silbern. In einem sanften Übergang wechselten die Sicheln, die die neue Zweifaltigkeits-Religion symbolisieren sollte, von Silber nach Gold. Die goldenen Spitzen ragten dem Himmel entgegen.
Joon richtete das Grab seines Vaters und begann dann ein Gebet im Geiste zu sprechen.
Heilige Zweifaltigkeit, die du bist zwei und doch eins.
Gib mir Energie in diesem Leben und in dem Leben danach.
Gib mir Kraft, auf dass ich alles schaffen möge, was ich anpacke.
Gib mir Glauben, auf dass ich alles schaffe, was ich mir vorgenommen habe.
Gib meinem Vater seine wohl verdiente Ruhe, auf dass er zufrieden auf uns herablächeln kann.
Möge es so sein!
Die Mizuras verstrichen und Joon fühlte sich wohl, was sehr selten in seinem Leben war. So viel hätte er noch gerne mit seinem Vater besprochen. So viel hätte er gerne geklärt. Doch nichts konnte er mehr tun. Eine Trauer überfiel ihn und er schlürfte gedankenverloren zurück zum Haus. Es war ein einfaches Haus. Gebaut aus Steinen, Beton, Metall und Kristallen. Es passte nicht wirklich in die idyllische Landschaft, aber es war doch zehnmal schöner anzusehen, als die Metall- und Kunststoffgebäude der großen Städte Shipfalls in Energiezirkulum. Joon hatte mal eine Zeit lang in einer Stadt gelebt, aber er hielt es dort nicht lange aus. Der dauernde Lärm, die tote Umgebung und vor allem das Fehlen des Klanges des eigenen Hauses. Die Stadtgebäude waren alle zweckmäßig gebaut und eingerichtet worden. Es gab keinen Spielraum für Individualismus. Aber das Haus der Familie Yemai war anders. Jeder Raum und jeder Gang war so gebaut worden, dass er akustisch nachhallte. Es war schön, wenn man Kinder spielen und lachen hörte.
Eine ganze Stazura war vergangen, als Joon wieder in das Haus seiner Kindheit zurückkehrte und ihn erwartete nicht das Lachen von glücklichen Kindern, sondern das Gezeter von zwei Frauen. Die eine war seine Mutter, die die innere Haustüre zuhielt und die andere war seine Tante, die in der äußeren Haustüre stand. Beide stritten sich. Joon hasste so was. Er ging außen rum und benutzte die Hintertüre, um ungesehen und ungehört ins Haus zu gelangen.
„Chauh uiomimischirschi nichihurschi ini mieini Huauhschi! Mieini Mianini uhnicha ichihu huabaieni eschi uhnischi huachharschi echhaachhabairschierschi uhnicha schiechahbaischirschi auhfuhiuebaiauhrschi!“
*Du kommst nicht in mein Haus! Mein Mann und ich haben es uns hart erarbeitet und selbst aufgebaut!*
„Eschi ischirschi mieinie Hueimiarschi! Ichihu huabaie chaaschi Chhaechihurschi huiechha heuh chahebaieni!“
*Es ist meine Heimat! Ich habe das Recht hier zu leben!*
„Chauh huaschirschi iuachha uieini Chhaechihurschi! Uhnicha eschi ischirschi auhchihu niichihu chaeinie Hueimiarschi!“
*Du hast gar kein Recht! Und es ist auch nicht deine Heimat!*
„Vuhuichahchahschirschi chauh miichihu uhnicha mieini Uiinicha einifuhachihu vuhuiechaechha schio fuhochharschischiichiuieni?“
*Willst du mich und mein Kind einfach so wieder fortschicken?*
„Juha! Vuhuaschi iuehurschi miichihu chaeini Uiinicha ani?!“
*Ja! Was geht mich dein Kind an?!*
Ihre schrillen Stimmen hallten im Haus wieder und schmerzten Joon in seinen Ohren. Als er auf den Balkon trat, sah er ein kleines Mädchen von vielleicht neun oder zehn Jazuras. Seine Cousine. Sie hatte bei dem Streit wohl die Flucht ergriffen und sich auf eine nahe Wiese zurückgezogen. Sie pflückte ein paar Blume und zupfte dann an ihren Blüten herum. Wohl in der Hoffnung, dass sich das lautstarke Geplärre bald legen würde. Joon ging zu seiner Cousine, um sie aufzuheitern.
„Mioechihurschieschirschi chauh erschivuhuaschi heuh rschichhainiuieni?“
*Möchtest du etwas zu trinken?*
„Nieini.“
*Nein.*
„Mioechihurschieschirschi chauh erschivuhuaschi heuh eschischieni?“
*Möchtest du etwas zu essen?*
„Nieini.“
*Nein.*
Joon hatte Mitleid mit dem Mädchen. Doch was konnte er tun? Seine Mutter und seine Tante packen und beide windelweich prügeln? Ja, das war eine gute Idee! Joon juckte es schon regelrecht in den Fingern, seiner Mutter die Schläge von zehn Jazuras zurückzuzahlen. Aber er besann sich und erschrak über seine Bereitschaft gegen seine eigene Familie vorzugehen.
„Omia huarschirschie baiische heuh ihuchhaemi Rschiochi huiechha iuechahebaitshci uhnicha uhnischi chaaschi Huauhschi uhebaiechhaschichihuchhaiebaieni!“
*Oma hatte bis zu ihrem Tod hier gelebt und uns dann das Haus überschrieben!*
„Chaie Omia huarschirschie uhebaiechhahuauhpirschi niichihurschischi heuh schiaiueni! Schiie huarschirschie huiechha niuhchha Vuhuohunichhaechihurschi! Chaaschi Huauhschi iuehuoechharschi uhnischi! Vuhuichha huabaieni schiie niuhchha auhschi chhaeiniechha Iuuherschie baiei uhnischi auhfuhiueniomimieni, vuhueichah schiie schechahbaiechha ihuchha Huauhschi vuhechhauiauhfuheni miuhschischirschie, uhmi ihuchhae Schichihuuhchahchaeni rschiichahiueni heuh uioeninieni!“
*Die Oma hatte überhaupt nichts zu sagen! Sie hatte hier nur Wohnrecht! Das Haus gehört uns! Wir haben sie nur aus reiner Güte bei uns aufgenommen, weil sie selber ihr Haus verkaufen musste, um ihre Schulden tilgen zu können!*
Das war zuviel Joon ging in sein ehemaliges Kinderzimmer und stieg auf sein Bett. Er tastete sich an der Holzdecke entlang, bis er eine schmale Kerbe ertastet hatte und drückte sie nach oben. Ein kleines Versteck öffnete sich und Joon tastete mit beiden Händen ohne etwas sehen zu können in der Finsternis der kleinen Kanten herum. Schließlich ertastete er etwas und holte es aus seinem Versteck hervor. Es war ein Jagdmesser. In der Form einer züngelnden Flamme. Sein Vater hatte sie ihm zu einem seiner Geburtstage geschenkt.
Langsam aber mit Bestimmtheit ging Joon, mit dem Flammendolch in der rechten Hand die Treppenstufen hinab. Er achtete darauf, dass seine Schritte fest waren und oft von den Wänden widerhallten. Ihr Echo brachte die beiden Frauen dazu ihre Handgreiflichkeiten einzustellen und zu ihm hochzublicken. Er musste wohl jetzt seinem Vater sehr ähneln, denn der Gesichtsausdruck beider Frauen ließ keinen anderen Schluss zu.
Joon schrie, dass es nicht nur durch das Haus hallte, sondern auch weit über die hügelige Landschaft und seine gewaltige Stimme brach sich erst in den angrenzenden Wäldern. Sein starkes Organ brachte nicht nur das Glas zum Beben, sondern verursachte auch durch das überhallende Echo von den Wänden bei beiden Frauen solche Schmerzen, dass sie sich die Ohren zuhalten mussten, bis aus diesen dunkelrotes Blut rann.
„Ischirschi juherschiherschi baiachahcha Chhauhhue! Chaaschi ischirschi juha nichihurschi heuhmi auhschihuachahrschieni! Ihuchha bainiehumirschi euhchihu vuhuie uichaheinie Uiinichaechha!
Ichihu heaehuchahe juherschiherschi vuhoni fo chhauhechiuivuhuaechhurschischi uhnicha vuhuenini chaanini niichihurschi baiachahcha Chhauhhue einiuiehuchharschi, iuibairschischi huiechha einie Rschichhaaiuoechaie fuhuhechhaschi Rschichhaivuhicha!
Fo. Ryh. Seh. Goh. Osh.
...“
*Ist jetzt bald Ruhe! Das ist ja nicht zum aushalten! Ihr benehmt euch wie kleine Kinder!
Ich zähle jetzt von fünf rückwärts und wenn dann nicht bald Ruhe einkehrt, gibts hier eine Tragödie fürs Trivid!
Fünf. Vier. Drei. Zwei. Eins.
...*
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