ich habe bewusst drauf verzichtet, zu diesem thema hier einen thread zu eröffnen, da ich wirklich angewidert davon war, wie der amoklauf von winnenden in kürzester zeit von den medien ausgeschlachtet wurde. und das, obwohl viele betroffene sogar darum gebeten haben, sie endlich in ruhe zu lassen.
die jetzt aufkeimenden, ausgelutschten diskussionen über killerspiele sind auch ein symptom der berichterstattung: weil man nicht so schnell so viele neue infos bzw. ermittlungsergebnisse zum amoklauf bekommt, muss die restliche sendezeit aufgefüllt werden. deshalb werden zwischen den wesentlichen nachrichten immer wieder sogenannte "experten"-runden präsentiert, die den anschein erwecken, die tv-sender u.a. medien würden sich ernsthaft mit dem thema beschäftigen. dabei werden immer wieder dieselben eindimensionalen fragen nach schnellen lösungen und eindeutigen urteilen gestellt. an einer wirklich sachlichen und differenzierten diskussion besteht kein interesse.
ein anderer grund, weshalb ich dieses thema mittlerweile mühsam finde, ist, dass hier keine unterschiedlichen meinungsgruppen diskutieren, die das ziel haben, sich gegenseitig anzunähern. es ist nur ein kampf mehrerer interessengruppen, die hauptsächlich versuchen, ihre eigenen bedürfnisse zu verteidigen. die betonung liegt auf "interessen" und nicht auf "meinung", weil es überwiegend um das befriedigen/absichern von privaten und/oder karrieristischen bedürfnissen geht.
die interessengruppen sind einerseits die medienkonsumenten (gamer, gewaltfilmgucker etc.) und andererseits politische vertreter sowie eltern und lehrer.
die medienkonsumenten (zu dieser gruppe würde ich grob auch die schützenvereinsmitglieder einordnen, da diese ebenfalls hauptsächlich ihr privates hobby schützen wollen. dabei geht es dann anstatt um games/filme/internet eben um spaß mit realen waffen) sind mittlerweile so abhängig von bestimmten produkten und definieren darüber ihr lebensglück, dass es für sie die größte angst ist, dass der staat ihren fetisch verbieten könnte. woraus besteht dann das leben noch, wenn nicht aus dem permanenten konsumieren dieser im fließbandrhythmus erscheinenden industrieprodukte? folglich verteidigt gerade diese fraktion vehement ihre interessen - egal, ob es tausende unabhängige studien geben würde, die bestätigen, dass der permanente konsum bestimmter medien gewaltfördernd ist. und ungeachtet solcher tatsachen, dass z.b. das militär selbst virtuelle kampfsimulationen zum training und zur desensibilierung seiner soldaten einsetzt.
den politischen vertretern geht es hauptsächlich darum, wiedergewählt zu werden bzw. ihre popularität zu steigern. sie checken das meinungsklima und gestalten ihre auftritte und aussagen danach. mit dem "killerspiele"-vorwurf kann man schnell resonanz erzeugen, außerdem springen die medien darauf gerne an und bieten somit den politikern eine willkommene bühne.
die eltern wiederum haben das interesse, sich nicht als alleinschuldige (was sie in der regel auch nicht sind) bloß stellen zu lassen. sie wollen nicht die ganze verantwortung auf sich laden und eingestehen müssen, dass sie komplett versagt haben. mal ehrlich, wer von uns gibt schon gerne fehler zu? schuld sind (wie auch in dieser debatte) schließlich immer die anderen.
mit den lehrern ist es ähnlich. wir alle kennen mobbende und unfähige lehrer, aber auch sie wollen sich nur ungern als teil des problems darstellen lassen. also schieben die lehrer ebenfalls die schuld auf eine andere gruppe ab.
da niemand gern auf das bewahren seiner interessen verzichtet und in der heutigen konsumgesellschaft sowieso eher für produkte als für inhalte gestritten wird, nähern sich diese interessengruppen in der diskussion nicht an, sondern werden sich auch weiterhin medienwirksam untereinander beschießen.
fortschritte kann es nur geben, wenn jede der interessengruppen zu ihrer eigenen verantwortung bei einem solchen vorfall steht und man gemeinsam nach lösungswegen sucht (wobei es nie die perfekte lösung geben wird, die sowas verhindert). denn, oh welch wunder, es gibt nicht nur einen schuldigen, auf den man permanent mit dem finger zeigen kann, sondern jeder der oben aufgezählten ist am gesamtproblem beteiligt. genau das macht es auch so schwierig, einfache antworten zu finden.
und da kommt wieder die übergeordnete interessengruppe (weil sie sich keiner der gruppen fest zuordnen, sondern lediglich deren konflikt untereinander zellebrieren) ins spiel: die medien. denn die wollen am liebsten einfache, schnell präsentierbare antworten und tragen so ihren teil dazu bei, dass sich die unterschiedlichen interessengruppen in der diskussion nicht annähern, weil anstatt einer gemeinsamen kommunikation nur das medial aufgepumpte aufheizen an den üblichen phrasen stattfindet.
diese diskussion köchelt jetzt in den medien und in online-plattformen wieder ein paar wochen vor sich hin und wird nach einer weile, so wie schon mehrere male vorher, größtenteils ergebnislos enden.
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