Das ist ein bißchen so, als würde man sagen, "Ich habe jetzt keine Zeit, mich darum zu kümmern, ob ich Lungenkrebs habe, im Moment bin ich viel zu sehr mit diesem furchtbaren Husten, den ich gerade habe, beschäftigt."Ich würde mal sagen, momentan bleibt schlicht keine Zeit für einen Umbau, angesichts der anstehenden Probleme:
Und es ist ja nicht so, als wenn die Optionen wären, 1.) "weiterwurschteln wie bisher, und es bleibt alles mehr oder weniger wie es ist" und 2.) "die Gesellschaft radikal verändern". Realistisch sind die Optionen eher folgende: 1) "weiterwurschteln wie bisher, und für ein kurzes Weilchen bleibt alles, wie es ist, und dann bricht alles zusammen" und 2.) "die Gesellschaft radikal verändern, um den Zusammenbruch zu verhindern".
Wie komme ich auf die verrückte Idee, daß ohne radikale Veränderung in absehbarer Zeit alles zusammenbrechen wird? Z.B. weil uns schon sehr bald der Großteil des Landes, auf dem wir im Moment die Nahrung für 6,7 Milliarden Menschen anbauen, vertrocknen wird - voraussichtlich vor 2050. Und natürlich nicht schlagartig von einem Tag auf den anderen: der Prozeß läuft bereits. In Indien und Australien bringen sich seit ein paar Jahren schon massenhaft Bauern um, weil bei ihnen nichts mehr wächst. Und seit sieben(?) Jahren verbrauchen wir - also die Weltbevölkerung - z.B. jedes Jahr etwas mehr Getreide, als angebaut werden kann. Die gute Nachricht? Der Löwenanteil davon wird als Viehfutter verwendet. Wenn wir also alle weniger Fleisch essen würden, sähe die Ernährungslage der Menschheit viel besser aus, weil dann viel mehr Flächen zum Nahrungsanbau für *uns* genutzt werden könnten. Aber um das durchzusetzen braucht man - ja was? Ein großes gesellschaftliches Umdenken. Tja. Da ist es wieder, das Problem "Gesellschaftswandel". BTW - Fisch ist keine Alternative, denn die Ozeane sind bereits total überfischt (und voller Plastikmüll, und voller sich ausbreitender 'dead zones' wegen Überdüngung, und im Prozeß der Übersäuerung begriffen, weil das überschüssige CO2 aus der Atmosphäre in die Ozeane übergeht); der endgültige Zusammenbruch aller für den Menschen wichtigen Fischbestände wird für 2040 oder früher erwartet.
Und das - zunehmende Wasserknappheit und ihre Folgen für die Landwirtschaft, und die Fischsituation - sind nur zwei Beispiele von vielen. Wir leben in fast jedem Bereich über unsere Verhältnisse, und durch den sich beschleunigenden Klimawandel wird die Lage sich in naher Zukunft nicht entspannen, sondern an jeder Front zuspitzen - die Dürren in Australien und Indien geben einen Vorgeschmack. Vor diesem Hintergrund frage ich: wie lange können wir uns nach dem bisher üblichen Schema weiter durchwurschteln, bevor uns alles um die Ohren fliegt?
Wir müssen aufhören, immer nur auf die bereits sichtbaren Symptome unserer systembedingten Probleme zu reagieren, und an den Wurzeln ansetzen; aufhören, immer nur in einem Gegenwartsrahmen zu denken und zu agieren, und die Zukunft bei unseren Entscheidungen mit einbeziehen. In Bezug auf die Klimasache ist das sogar die einzige Chance, die wir haben - wenn die richtig heftigen Symptome auch bei uns unübersehbar werden, ist es nämlich unwiderruflich zu spät, noch irgendetwas daran zu ändern. Wir müssen also *verhindern*, daß es überhaupt soweit kommt. D.h., unser bisheriges Handlungsschema "wir warten, bis uns irgendwo etwas konkret weh tut und handeln erst dann" funktioniert nicht. Wir müssen antizipieren, wo uns in *Zukunft* etwas "weh tun" wird, und das dann verhindern. Aber unser gesamtes Gesellschaftssystem - die Wirtschaft wie die Politik - ist völlig auf dem Gegenwartsprinzip aufgebaut.
Und daher brauchen wir den grundsätzlichen Gesellschaftswandel.
Quellen:
http://www.latimes.com/news/nationwo...,0,65585.story
http://www.google.com/search?client=...utf-8&oe=utf-8
http://www.google.com/search?hl=de&c...btnG=Suche&lr=
http://climateprogress.org/2009/03/2...nd-high-water/
http://www.footprintnetwork.org/en/i...overshoot_day/
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