http://www.jungewelt.de/2009/07-08/001.phpGründlich kaputtgespart
Der durch die systematische Verschleppung von vorgeschriebenen Wartungsarbeiten seit einer Woche stark eingeschränkte Betrieb der Berliner S-Bahn wird frühestens im September wieder in vollem Umfang laufen.
[...]Als Ursache sehen S-Bahn-Mitarbeiter die im Zuge des angestrebten Börsengangs von der Bahn AG geforderten immer höheren Gewinnabführungen. Aus der Mittelfristplanung des Konzerns, die ddp vorliegt, geht hervor, daß die mit rund 250 Millionen Euro pro Jahr aus dem Berliner Landeshaushalt subventionierte S-Bahn in diesem Jahr mit 87,7 Millionen Euro einen um 50 Prozent höheren Gewinn als 2008 an die Deutsche Bahn abführen sollte. Damit hätte sich der zu überweisende Betrag seit dem Jahr 2005 verfünffacht.
Derlei Auswirkungen der geplanten Privatisierung unseres Volkseigentums gibt es natürlich nicht nur in Berlin. Diese Qualitätseinbußen werden sich noch massiv verstärken, wenn unsere Bahn (deren Infrastruktur ca. 160 Mrd Euro wert ist) erst für unter 10 Milliarden an der Börse verschachert wird. Der Anreiz für die Politik wird nach der Bundestagswahl sicherlich noch stärker sein, da die öffentlichen Haushalte durch die massive Neuverschuldung dank Bankster-rettungspakete nach dem schnellen Euro nur so lechzen werden.
Wohin die reale Privatisierung öffentlicher Infrastruktur führt, sehen wir an den ehemaligen Staatsbahnen in Großbritannien und Neuseeland - sie kosten den Steuerzahler im Endeffekt mehr, und der Service sinkt ins Bodenlose. Ganze Landstriche werden vom Bahnnetz abgeknipst, da unrentabel. Solche Pläne mit massiven Streckenstillegungen im ländlichen Raum (wo die Bahn oft die einzige Alternative zum Auto ist) hat übrigens auch unsere DB schon für die Zeit nach der Privatisierung erstellt, die unklugerweise an die Öffentlichkeit durchsickerten trotz der Totalüberwachung durch Stasi-Mehdorn.
Die in den 90er Jahren privatisierte neuseeländische Bahn hatte die dortige Verkehrsinfrastruktur derart ins Chaos gestürzt, dass sich der Staat gezwungen sah die Bahn vom privaten Betreiber wieder zurückzukaufen - allerdings für den doppelten Preis dessen wofür man das Volkseigentum nur wenige Jahre zuvor verschachert hatte.
Jeder der plant, im September SPD, oder insbesondere CDU/CSU bzw. FDP zu wählen sollte bedenken, dass ein Börsengang bei einem starken Stimmenanteil dieser privatisierungsgeilen Parteien in absehbarer Zeit stattfinden wird, wahrscheinlich sobald sich die Börsen einigermaßen erholt haben. Wer auf die Bahn angewiesen ist, sollte sich daher gut überlegen ob es sinnvoll ist, diese Parteien zu wählen.
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