Ich habe vor einer Woche ein Interview mit Michael Moore gelesen. Hier mal ein längerer Auszug:

SPIEGEL ONLINE: In Deutschland gibt es diese kollektive Erfahrung nicht, und hier darf niemand Waffen tragen.

Moore: Ich glaube, dass es einen fundamentalen Unterschied in der kulturellen DNS gibt. Ihre Gesellschaft hat sich entschieden, aufeinander aufzupassen und sich umeinander zu kümmern. Bei uns in den USA funktioniert das so: Wenn du krank wirst in den USA - scheiß' auf dich! Wenn du arm bist in den USA - scheiß' auf dich! Wenn du am Boden liegst, treten wir noch mal rein. Das ist die amerikanische Sozialethik, und für mich ist das staatlich geförderter Terrorismus, staatlich geförderte Gewalt gegen die Armen und die, die nichts haben. Die deutsche Gesellschaft hat sich vor langer Zeit dafür entschieden, sich des Problems der Armut anzunehmen. Deswegen hängt ihre geringere Mordrate nicht nur damit zusammen, dass nicht jeder eine Knarre im Handschuhfach hat. Ich glaube, weil Sie eine mitfühlende Gesellschaft konstruiert haben, bringen Sie sich nicht gegenseitig um.

SPIEGEL ONLINE: Nach dem Massaker von Erfurt wurde behauptet, dass die zunehmende Brutalisierung der populären Kultur durch Videospiele, Popsongs oder Filme vor allem bei jungen Leuten jedes Mitgefühl löschen könnte...

Moore: Das liegt völlig neben dem Thema. Diskutieren Sie nicht länger darüber, verschwenden Sie nicht Ihre Zeit. Die griechischen Dramatiker mit ihren gewaltstrotzenden Stücken brachten nicht andere Griechen dazu, sich gegenseitig umzubringen. Die Aufführung von "Hamlet" verursachte bislang keine Königsmorde.

SPIEGEL ONLINE: Die Nachrichten werden in Europa längst ähnlich reißerisch wie in den USA erzählt.

Moore: Der Grund dafür liegt auf der Hand. Die Konservativen und die Rechten sind dabei, die Menschen in Angst versetzen. Denn es gibt keine bessere Methode, die rechte Agenda interessant zu machen, als eine Atmosphäre der Angst zu kreieren. Faschismus blühte stets auf der Grundlage von Angst - die Angst vor dem Fremden, vor dem Anderen, dem Angriff von Innen. Wenn die Politiker und die Wirtschaftsbosse solche Gefühle manipulieren können, und zwar bis zu dem Punkt, an dem die Menschen wirklich um ihre persönliche Sicherheit fürchten, dann werden die Menschen der Regierung ihre Freiheitsrechte umso bereitwilliger abtreten und zulassen, dass alle möglichen Gesetze verabschiedet werden, die individuelle Freiheiten aushöhlen.

SPIEGEL ONLINE: In Deutschland wurde nach dem Amoklauf von Erfurt die Befürchtung laut, wir würden amerikanische Verhältnisse bekommen. Halten Sie das für wahrscheinlich?

Moore: Ich mache mir tatsächlich viele Sorgen um die Tatsache, das europäische Gesellschaften zunehmend wie die USA werden. Und ich meine damit nicht die vielen McDonald's-Restaurants oder die Übermacht der Hollywood-Industrie. Darum sollten Sie sich vielleicht auch sorgen, aber das wird nicht Ihr Niedergang sein. Ihr Niedergang beginnt dort, wo Sie Ihre Ethik der Empathie aufgeben und unsere annehmen. Je mehr Sie unsere Politik der Verachtung und Niedertrampelung der Armen, der Immigranten, derjenigen, die wenig oder nichts haben, übernehmen - je mehr Sie diesen Weg des staatlichen Gewalt gegenüber den Wehrlosen beschreiten, desto stärker werden sich bei Ihnen auch die amerikanischen Muster der Kriminalität und Gewalt zeigen. Die einzige Art, das zu verhindern, ist das soziale Netz zu erhalten, dass Sie erschaffen haben.

Geklaut von spiegel.de
Das gesamte Interview.
Hm, Gerd hat die Wahl gewonnen indem er gesagt hat das er keinen Krieg haben will, er hat damit, bewusst oder unbewusst, Kriegsangst geschürt. Das mit der Angst instrumentalisieren ist wohl jedem aufgefallen, nicht ohne Grund geben die amerikanischen Geheimdienste jeden Tag neue Terrorwarnungen raus.

Zur Zeit diskutiert man in Deutschland offen darüber das jeder mehr Eigenverantwortung übernehmen muss, das Geld wird halt überall knapp. Nach diesem interview stelle ich mit die Frage ob das nicht der falsche Weg ist? Wenn wir immer weniger auf Solidarität setzen, und somit den ohnehin immer mehr um sich greifenden Egoismus stärken, werden wir dann nicht wie die amerikanische Gesellschaft? Schließlich fühlt sich dann jeder allein und bekommt Angst.