Das folgende Thema beschäftigt mich als aufmerksamen Beobachter der CPU-Enwicklung schon seit längerem. Wer sich für PC-Interna nicht allzusehr begeistert, wird das folgende wahrscheinlich langweilig und unverständlich finden. Aber ich weiß, dass es hier auch ein paar Leutchen gibt, die zu dem Thema was zu sagen haben.

Kleiner Exkurs: Pentium 4 von "Willamette" über "Northwood" in die Sackgasse

Vor 2 Jahren war die CPU-Welt noch in Ordnung. Der erste P4 mit "Willamette"-Kern in 180-nm-Struktur hatte im August 2001 mit 2,0 Ghz bei einer maximalen Leistungsaufnahme von 75W zwar das obere Ghz-Limit erreicht, doch der neue im Januar 2002 vorgestellte "Northwood"-Kern konnte den Takt spielend weiter nach oben treiben - dank der Struktur-Schrumpfung von 180 auf 130 nm - und ließ damit die letzten Unkenrufe, die das Potential des Pentium 3 noch nicht erschöpft sahen, verstummen. Bis November 2002 schaffte es der "Northwood" auf 3,06 Ghz bei 68 Watt Spitzenleistung - und ein doppelt so großer L2-Cache war dank der Strukturverkleinerung auch noch drin.

Im Jahr 2002 konnte der P4 also über 50% an Taktfrequenz zulegen.

Und wie sah es im Jahr 2003 aus? Da war auf einmal die Luft raus. Man erwartete sich viel vom kommenden 90nm-Prozess und gedachte, damit wie bei der letzten Umstellung die Taktrate weiter in die Höhe treiben zu können. Vom lang angekündigten "Prescott", der Anfang 2003 erscheinen und schnell bis zu 3,6 Ghz und mehr erreichen sollte, war allerdings nichts zu sehen - er wurde das ganze Jahr über weiterverschoben - ein echter Papiertiger. Probleme beim 90-nm-Fertigungsprozeß wurden bemüht - das ganze Ausmaß des Schlamassels, in dem Intel steckte, wurde aber erst später deutlich. Anstelle des "Prescott" war alles, was Intel 2003 ablieferte ein Northwood mit krampfhaft auf 200 Mhz gepushtem FSB sowie eine Taktsteigerung von 3,06 auf 3,2 Ghz (Juni 2003).

Im gleichem Zuge, wie der Prescott immer wieder verschoben wurde, klangen die Ankündigungen immer wenig vollmundig. Sprach man Ende 2002 noch von bis zu 5 Ghz, die der Prescott 2004 erreichen würde, wurde das schnell auf 4 Ghz reduziert - die heute immer noch nicht in unmittelbarer Reichweite sind..

Taktratengewinn 2003: 4,4%. Ernüchternd.

"Prescott": Am Limit

Woran lag's? Warum ging es nicht weiter? Im Februar 2004 kam der Prescott dann doch noch und lieferte die Antwort. Er war heiß. Bei gleicher Taktrate war er sogar heißer als sein Vorgänger, der Northwood.
Erklärung: Bei der Strukturverkleinerung werden die Abstände zwischen den Leiterbahnen auf dem Chip verkleinert (nun von 130nm auf 90 nm). Dadurch schalten die Transistoren besser und brauchen weniger Spannung. Da die Spannung sich im Quadrat auf die Leistungsaufnahme auswirkt, konnte diese bei jeder "Schrumpfung" wesentlich reduziert werden, was höhere Taktraten ermöglichte (beim "Northwood" konnte man das sehr schön sehen). Nun geht das leider nicht unbegrenzt so weiter. Zum einen sind die Grenzen der herkömmlichen UV-Lithographie fast erreicht - zum anderen kommt verstärkt das Problem der "Leckströme" hinzu, die die Leistungsaufnahme dann doch wieder in die Höhe treiben - und das Potential für einen Taktrategewinn zunichte machen.

Der Prescott im 90nm-Prozess ist durch die Leckströme heißer als der Northwood im 130nm-Prozess.
Kam dieser bisher mit 80W aus, erreicht der Prescott bei 3,2 und 3,4 Ghz über 100W (103W TDP). Um das zu veranschaulichen: Die DIE-Oberfläche produziert auf ihrer Fläche von 102 m² 8-mal mehr Abwärme als eine Herdplatte. Diese Wärme muss man mit einem herkömmlichen Lüfter erstmal abführen. Dass es immer schwieriger wird, dies auch noch geräuscharm zu tun, ist klar. Außerdem stellt der hohe Strombedarf Netzteil und Spannungsregler vor immer größere Anforderungen.

Der Pentium 4 ist angetreten, um ein neues Kapitel im Ghz-Rennen aufzuschlagen. Nun hat er offenbar endgültig sein Limit erreicht und steuert in eine Sackgasse. Seit über eineinhalb Jahren gibt es keine wesentliche Taktsteigerung mehr. Der P4 ist ein Marketing-Monster, dass allein auf Ghz-Zahlen getrimmt ist, um die Kundschaft damit zu blenden. Dabei ist er hochgradig ineffizient, was nun allmählich auf die Intel-Marketingstrategen zurückfällt. Der "Prescott" treibt diese Eigenschaften der "Netburst"-Architektur des Pentium 4 auf die Spitze - und langfristig damit in das Grab. Seine noch längere Pipeline (31 Stufen anstatt 20 wie beim "Northwood") soll eine noch höhere Taktrate ermöglichen, bringt aber keine weitere Leistungssteigerung, bedeutet mit dem zwingend erforderlichen größeren Cache mehr Transistoren und produziert damit noch mehr Abwärme.

Der 2 Jahre alte Northwood ist heute immer noch der beste verfügbare Pentium 4 (als Pentium 4 Extreme Edition mittlerweile mit 3,4 Ghz erhältlich). Intel lässt ihn wahrscheinlich vorallem deshalb fallen, weil der 90-nm-Prozess wesentlich mehr Prozessorausbeute pro Wafer und damit günstigere Produktionskosten bedeutet, sonst spricht wenig für den "Prescott".

Der Athlon hat übrigens das gleiche (Hitze-)Problem. Sein Vorteil ist allerdings, dass seine Leistung mit höherer Taktrate wesentlich besser skaliert als beim P4, der große Teile seines Taktratengewinns verschleudert. Mittlerweile klafft zwischen Athlon und Pentium eine Lücke von 1Ghz - ohne, dass der Athlon langsamer wäre. AMD fährt übrigens immer noch auf 130 nm und hat den Sprung auf 90-nm-Strukturen noch vor sich - und in letzter Zeit noch einiges aus seinen Athlons herausgeholt (Athlon64 bis "3800+" und FX-53 mit 2,4 Ghz). Ich bin gespannt, wie bei AMD die Umstellung auf 90nm aussehen wird und ob der Athlon auch demnächst am Ende seiner Tage angekommen sein wird.

Ausblick

Wie geht's nun für Intel weiter?
Ich schätze, dass man noch versuchen wird, den Prescott irgendwie auf 4 Ghz zu bringen, auch wenn er dann über 130W verbraten sollte. Dann wird wohl endgültig Schluss sein mit der "Netburst"-Architektur und man wird sich reuig einer anderen Technologie mit niedrigeren Taktraten und höherer Effizenz zuwenden. Vom langjährigen Ghz-Krieg hat man sich jedenfalls schonmal vorsichtig verabschiedet, indem man die neuen Pentiums mit Zahlencodes bezeichnet, anstatt mit "echten Ghz" zu protzen - auch wenn das gewisse Ich-bin-doch-nicht-blöd-Läden noch nicht wirklich mitbekommen haben.

Welche Technologie kann den P4 im Desktop-Segment ersetzen?
Intel's "Rettung" kommt aus Israel. 2002 kaufte Intel eine kleine isrealische Chipschmiede auf, die an einem neuen energiesparenden Prozessordesign bastelte. Der Prozessor ist uns schon lange als "Pentium M" (Codename "Banias") ein Begriff. Er erinnert mit seiner kurzen Pipeline und seinen vielen Instruktionen pro Taktschritt eher an den Pentium 3 als an den P 4. Er stellte Intel vor die ungewohnte Situation, den Leuten verklickern zu müssen, dass ein Prozessor mit niedrigerer Taktrate (1,3 - 1,7 Ghz) mehr Leistung bringen kann, als ein wesentlich höher getakteter Pentium 4-M.

Der Pentium M hat großes Potential. Es ist Intel gelungen, die niedrige Stromaufnahme des "Banias" auch im 90-nm-Prozess (Dothan) zu halten. Damit hat der "Dothan" locker Potential bis 2 Ghz - womit er jeden P4 in die Tasche stecken könnte. Ich gehe davon aus, dass "Dothan" in abgewandelter Form die nächste Generation von Intels Desktop-Prozessoren (Pentium 5?) und damit die Ablösung von "Netburst" bilden wird.

Die ersten PC-Prozessoren mit Notebook-Features gibts ja schon mit AMDs Athlon64-Prozessoren und ihrem "Cool 'N Quiet"-Feature, das die Taktrate und damit den Strombedarf im Leerlauf reduziert. Sowas wird in Zukunft wichtiger werden.

Diese neue Sparsamkeit wird aber nicht darüber hinwegtäuschen können, dass die herkömmliche Prozessorarchitektur auf Siliziumbasis mit CMOS-Transistoren ihre Grenzen erreicht hat.

(Alle genannten Daten entstammen verschiedenen c't- und THG-Artikeln.)