Der Totalitarismus ist tot? Na ja, das finde ich eine gewagte Prognose. Er sieht vielleicht anders aus und verändert sich auf weiterhin, so dass man nicht unbedingt Ingsoc darin wiedererkennt, aber ich glaube nicht, dass die "Idee" so einfach totzukriegen ist. Ich halte Bücher wie "Wir", "1984", "Schöne neu Welt" und "Fahrenheit 451" immer noch für Pflichtlektüre, aber ehrlich gesagt halte ich gesellschaftspolitische Utopien und Dystopien nicht unbedingt für SciFi. Utopien gab es schon vor der Science Fiction und auf wenn viele davon in der Zukunft spielen, sind sie eigentlich mehr eine Kritik an den aktuellen Zuständen. Das kann Science Fiction natürlich auch, aber nicht in dieser Totalität und es ist vor allem kein zwingendes Merkmal.
Was den Mangel an Fantasie betrifft, habt ihr durchaus recht. Früher waren die beschriebenen Welten, Geschichten und Wissenschaften noch revolutionär, aber inzwischen sind eigentlich alle Möglichkeiten durchgedacht. Gute SciFi heutzutage lebt wirklich nur noch von den Figuren (z.B. Battlestar Galactica - Von einer technophilen Ballershow zu einem mitreissenden Sozialdrama).
Ich hab es beispielweise auch bei Perry Rhodan erlebt, eine immer sehr um Realismus bemühte SciFi-Romanserie, die in den 40 Jahren ihres bestehens 3000 Jahr Handlungszeit abgearbeitet hat. Der technische Standard mit Superwaffen, Superantrieben und generell Superhelden war so hoch, das man kaum noch vernünftige Geschichten erzählen konnte. Da musste man schon die Protagonisten im Pyjama, ohne jegliche Technik verschollen gehen lassen, um noch lebensbedrohende Szenarien entwickeln zu können. Kürzlich hat man die Reißleine gezogen und durch eine kosmische Katastrophe den technischen Stand deutlich heruntergeschraubt. Man düst jetzt nicht mehr an einem halben Tag quer durch die ganze Galaxis, sondern muss wieder wirkliche Expeditionen ins Ungewisse starten. Natürlich kann man mit guten Autoren auch in einer hochtechnisierten Welt gute Geschichten erzählen, aber es ist einfacher "bodenständig" zu bleiben.
Was wollte ich eigentlich sagen?
Keine futuristische Technik kann heutzutage noch wirklich beeindrucken, weil wir uns inzwischen ALLES vorstellen können. Von daher reicht Realismus alleine nicht mehr. Ich verzichte lieber auf Realismus und akzeptiere dafür Fantasy-Einflüsse, wenn ich dafür unterhaltsame Figuren und Dramen bekomme. (Farscape, Doctor Who, ...)
Selbst Star Trek lebt ja nicht von LCARS und Quantentorpedos, auch wenn das die Internet-Trekkies oft suggerieren, sondern von den intelligenten Geschichten und interessanten Figuren. Schade dass es beides nicht mehr hat.
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