So langsam wir es Langweilig. Heute schon die taz gelesen?

aus „Wenn Selbstkritik offene Türen einrennt“, von EBERHARD SEIDEL

[...]

Inzwischen ist der Dialog der Kulturen fast schon in den Rang einer Staatsaufgabe gehoben worden. Die letzten Zweifel an der Dialogbereitschaft der Republik räumte am Wochenende der 9. Bundeskongress für politische Bildung in Braunschweig aus. Die Bundeszentrale für politische Bildung und die deutsche Vereinigung für politische Bildung hatten rund 1.000 Lehrer und Mitarbeiter der Jugend- und Erwachsenenbildung eingeladen, um mit ihnen über ihre Verantwortung beim Abbau von Feindbildern zu reden. Mehr als 100 Wissenschaftler erläuterten das Veranstaltungsmotto "Dialog der Kulturen - Politik, Gerechtigkeit, Menschenrechte". Diese 1.000 Multiplikatoren werden es also sein, die künftig den Appell des Vorsitzenden der deutschen Vereinigung für politische Bildung, Peter Fritzsche, in die entlegensten Winkel der Republik tragen werden. Die Geltung der universellen Menschenrechte lasse sich nicht mit Krieg, sondern nur mit dem Dialog erreichen, gemahnte Fritzsche.

Es hätte dieses Appells nicht bedurft. Denn in Braunschweig demonstrierten die versammelten Pädagogen eindrucksvoll, wofür ihr Herz schlägt: für Frieden und gegen George W. Bush und Ariel Scharon. Folglich bekamen jene Redner den größten Beifall, die die Politik der USA und Israels als die eigentliche Ursache für Terrorismus brandmarkten. Für den Theologen Hans Küng zum Beispiel ist die Besetzung Palästinas der Nährboden für alle Formen arabischen Terrorismus, auch für den eines Bin Laden.

Nun gehört nicht sehr viel dazu, um Bushs Arroganz der Macht und sein imperiales Gehabe zu kritisieren. Ebenso wenig, um gegen den drohenden Irakkrieg zu sein. Allerdings irritiert es schon, wenn eintausend gebildete Menschen begeistert applaudieren, wenn Küng behauptet: "Der Dialog der Kulturen ist durch die USA gefährdet." Ist die Welt wirklich so einfach, wie sie Udo Steinbach vom Orient-Institut in Hamburg sieht? Mit geballter Faust und stechendem Blick donnert er in den Saal: "Die Anschläge von Djerba, Bali und Moskau sind Ausdruck des Zorns. Vor dem 11. September bewegte sich die islamische Welt auf den Westen zu, haben Islamisten ihre Strategie überdacht. Jetzt sieht es so aus, als bewegten wir uns aufgrund der politischen Fehlleistungen des Westens auf einen Clash zu." Und warum erhält Küng Beifall auf offener Szene, wenn er mit hohem moralischem Tremolo die palästinensischen Opfer des Nahostkonflikts beklagt, aber kein Wort des Mitgefühls für die israelischen übrig hat?

Mit etwas bösem Willen kann man in all diese Reaktionen einen geschickt verkleideten Antisemitismus hineininterpretieren. Aber wahrscheinlich verhält es sich viel einfacher. Seit der Imperialismuskritik der Sechzigerjahre glauben vor allem Pädagogen jenseits der 55, und dies war in etwa das Durchschnittsalter der Braunschweiger Runde, dass alles Böse aus dem Westen kommt und dass die Länder des Trikont bar jeder Verantwortung für ihr Handeln oder gar ihre gesellschaftlichen Verhältnisse sind. Es ist dies nichts anderes als eine Variante paternalistischen Verhaltens.

Offensichtlich ist es einfacher, den Westen für den desolaten Zustand der arabischen Welt verantwortlich zu machen, als zu sagen: Die Menschen in den arabischen Ländern werden von einem verkommenen Haufen von Despoten regiert und drangsaliert. Aber wie fruchtbar kann ein Dialog sein, der mit Kritik spart und mit masochistischer Selbstbezichtigung beginnt?

Es oblag dem Schriftsteller Rafik Schami in seiner fulminanten Abschlussrede im Braunschweiger Dom einiges zurechtzurücken. Für Schami tendiert der Beitrag der arabischen Welt zur zivilisatorischen Entwicklung derzeit gegen null. Die Region versinke zunehmend in Finsternis, weil Millionen von Menschen von korrupten Machthabern aus ihren Heimatländern vertrieben würden. Der Schriftsteller erinnerte daran, dass bis heute noch kein arabischer Herrscher gegen den Aufmarsch der US-Armee in der Region protestiert habe. Für Schami ist der drohende Krieg auch eine Strafe für Europa, das fünfzig Jahre lang nichts unternommen habe, die Mittelmeerregion in eine friedliche zu verwandeln.

Geklaut von: taz.de
Mehr solche Seiten! Auf das sich die Leute die Köpfe verbal einschlagen und die Waffen stecken lassen. Aber das haben die Verantwortlichen der Seite dem alten Europa ja eh vorgeschlagen, also los.

... und wer schon beim lesen ist sollte sich diesen Artikel auf keinen Fall entgehen lassen.

Richtig gut aufregen kann man sich übrigens auch über http://www.newsmax.com. Nicht ohne Grund bieten die dort dieses Buch an. Das ganze sieht sogar richtig professionell aus. Ist es wohl auch. Nun ja, da kann man nur froh sein das FoxNews den Sendebetrieb in Europa eingestellt hat.