Zitat Zitat von Hmpf Beitrag anzeigen
Zu müde heute, nur eines: Brainy hat nicht sehr sorgfältig gelesen. Ich habe nirgendwo geschrieben, dass ich eine ganze Generation verantwortlich mache (noch, dass irgendjemand, egal aus welcher Generation, an unserer Situation unschuldig ist). Ich habe lediglich geschrieben, dass die (paar wenigen) Leute, die die relevantesten Entscheidungen treffen bzw. die Leute, die für diese Entscheidungen die Richtung vorgeben, wahrscheinlich nicht nur - wie vom Bademeister angemerkt - reich, sondern zusätzlich vermutlich auch tendenziell eher älter sind. Denn jeder, der noch 40 Jahre oder so auf dieser Welt leben will, *wird* negative Auswirkungen des ökologischen Kollaps zu spüren bekommen, egal wie reich er oder sie ist. (Dass es immer auch ein paar Naive Junge gibt, die *wirklich* felsenfest glauben, dass einfach nichts passieren wird, sowie ein paar Apokalyptiker, die es gar nicht erwarten können, bis es kracht: geschenkt.)

So sehr ich an die individuelle Verantwortlichkeit glaube und versuche, danach zu leben - an den längsten Hebeln sitze nicht ich mit meiner Entscheidung, ob ich 2012 nach Amerika fliege oder ressourcenschonender mit einem Frachtschiff fahre oder zu meiner Chefin gehe und sage "ich kann einen Forschungsaufenthalt in den USA nicht mit meinem ökologischen Gewissen vereinbaren" und meinen Job verliere. An den längeren Hebeln sitzen vielmehr eine kleine Handvoll von Leuten, die sich Scharen von Lobbyisten (und manchmal auch gleich 'eigene' Politiker) leisten können. Ich denke da an Leute wie die Koch-Brüder. Es kann mir keiner erzählen, dass die *nicht* einen Rieseneinfluss auf die US-Politik haben. Und die US-Politik ist der wahrscheinlich größte Hemmschuh der internationalen Klimapolitik. Nicht der einzige; aber ein ganz entscheidender.

Sich der Machtungleichgewichte bewusst zu sein, die die politische Wirklichkeit bestimmen, ist nicht dasselbe wie einen Sündenbock zu suchen, auf den man mit dem Finger zeigen kann. Es ist, im Gegenteil, sehr wichtig, sich dieser Ungleichgewichte bewusst zu sein - sonst kann man nie dagegen angehen.

Und weiterhin (@ Bademeister): die oft hergebetete Binsenweisheit, dass 'der Mensch' nun mal doof und egoistisch sei, halte ich für eine gefährliche, sich selbst erfüllende Prophezeiung. Wir sollten nicht vergessen, dass wir alle in einem bestimmten (kulturellen, wirtschaftlichen, sozialen etc.) System aufgewachsen sind, von dem wir geprägt sind. Auf dieser Basis Behauptungen aufzustellen, was oder wie der Mensch ganz allgemein sei, ist... gewagt. Und daraus eine Unabänderlichkeit abzuleiten ist in unserer Lage suizidal.

Nicht jede menschliche Kultur der Vergangenheit hat sich selbst zugrunde gerichtet. Wir können auch anders. ;-)
Wir leben aber nicht in irgendeiner vormodernen Dschungelwelt à la Avatar sondern in der postindustriellen Welt - die Frage ist wie wir unseren Lebensstandard und unsere Mobilität (Massen- und Individualverkehrsmittel!) erhalten können, denn darauf will garantiert niemand verzichten. Auch in 30 Jahren wird der Mensch noch Bahn fahren, fliegen und Autofahren wollen.

Was Deine Äußerung zu den Koch-Brüdern (Tea Party Gründer und Multimilliardäre) angeht: Die Oligarchie ist seit jeher sehr flexibel - sie kann sich mit Diktaturen ebenso gut arrangieren oder sogar symbiotisch verbinden (siehe Nazi-Deutschland) wie mit Monarchien oder republikanischen Demokratien (wie praktisch allen westeuropäischen Ländern und den USA). Selbst im Sozialismus wurde die Oligarchie nicht beseitigt, sondern es wechselte lediglich der Kreis der begüterten Schweine welche gleicher waren als die restlichen Tiere. Eine erfolgreiche Gesellschaftsform in der Postmoderne welche die Oligarchie tatsächlich überwunden hätte ist mir nicht bekannt. Dem steht der Zinseszinseffekt (die Reichen werden Reicher und der Anstieg des Reichtums beschleunigt sich auch noch progressiv) des kapitalistischen weltweiten Wirtschaftssystems nahezu unüberbrückbar entgegen, da sich mit dem zunehmenden Reichtum auch immer mehr politisch-gesellschaftliche Macht in immer weniger Händen konzentriert (Merkel und Co. sind lediglich Funktionseliten und somit ausführendes Organ der Geldeliten).

Daher auch meine eher pessimistische Prognose: Durchgreifend - also weit über die Maßen dessen was wir als Einzelpersonen durch Einschränkungen und Optimierungen unseres Ressourcenverbrauchs erreichen können ohne als Hermit in den Wald zu ziehen - wird erst dann gehandelt werden wenn auch die Geldeliten spürbar negativ von der um sich greifenden Umweltzerstörung betroffen sind. Das wird allerdings zu einem Zeitpunkt in der Zukunft sein wo es für eine Umkehr der Klimaerwärmung bereits zu spät ist und wo man mit deren Auswirkungen wird leben und umgehen müssen. In 30-40 Jahren wird es vermutlich eher darum gehen wie die fossilen Energieträger ersetzt werden können und wie die dann grassierende Wasser- und Böden (Nahrungsmittel) knappheit durch Effizienzssteigerungen abgemildert werden können.

An einen "großen Wurf" glaube ich einfach nicht. Dafür ist der Mensch als Individuum und erst recht die menschlichen Gesellschaften viel zu pfadabhängig.