Positiv an dieser Folge finde ich, dass man etwas vom alltäglichen „Innenleben“ der Station zu sehen bekommt, die Docks und die Dockarbeiter. Schon in „Mindwar“ und „Survivors“ wurden die Budgetprobleme und die Unterbesetzung in den Landebuchten erwähnt, und diese Folge zeigt das wahre Ausmaß der Schwierigkeiten. Die Crew ist überarbeitet, das Material minderwertig, es gibt einen Hardware-Ausfall und ein Frachterpilot reagiert in Panik – das Resultat: Ein Unfall, bei dem ein Arbeiter stirbt und der Frachter seine Ladung verliert. Die Dockarbeiter-Gewerkschaft und ihre Anführerin Connally treten in Aktion. Interessant die Wahl der Darstellerin hier, die äußerlich so gar nicht der Vorstellung der toughen Gewerkschaftsführerin entspricht. Was den Gegenpart betrifft, tappt die Episode hier in eine Falle, die in B5, da muss ich McGuffin etwas widersprechen, durchaus gelegentlich mal auftaucht: Die Erdregierung wird nicht nur undifferenziert als die "Bösen" hingestellt, sondern die Figur des Zento ist gradezu lachhaft überzeichnet. Hier wurde das Drehbuch wohl mit dem "Zorn der Gerechten" geschrieben und umgesetzt, was zwar irgendwo verständlich, aber der Episode nicht zuträglich ist.
Als Nebenerscheinung des Frachterunfalls kommen wieder Londo und G’Kar, diesmal erstmals direkt auf persönlicher Ebene, in Konflikt. Und zum ersten Mal ist es hier nicht G’Kar, der Londo piesakt, sondern Londo, der G’Kars Problem gezielt ausnutzt, und den Glaubensangelegenheiten der Narn gegenüber hier völlig gleichgültig ist. Seine Motivation ist, G’Kar für den Angriff der Narn auf Ragesh 3 „Midnight on the Firing Line“) zu bestrafen; er reagiert lediglich, eine weitergehende Vision für sein Handeln hat er nicht. In der Auseinandersetzung um die G’Quan-Eth-Pflanze zeigt sich zum ersten Mal die spirituelle Seite von G’Kar und man sieht ihn als Führer einer religiösen Zeremonie. Man erfährt außerdem, dass es auf Narn verschiedene Religionen (zumindest jedoch zwei) gibt - die Lehre des G'Quan, der G'Kar folgt und die Lehre des G'Lan, der der Vater Na'Toths angehörte. Außerdem gibt es eine Gruppe von Narn, wie Na’Toths Mutter und Na’Toth selbst, denen Religion ziemlich gleichgültig ist.
Sinclair löst die Probleme hier wieder auf seine bereits bekannte Weise – durch Umgehen bzw. Auslegen von Gesetzen und religiösen Vorschriften in einer Weise, die von deren Urhebern nicht intendiert, aber der Lösung des Problems dienlich ist. Den Rush Act macht er sich in einer Weise zunutze, die Orin Zento nicht vorhergesehen hat, und die dem Wortlaut des Gesetzes, aber nicht dessen Intention entspricht. In ähnlicher Weise benutzt er die technischen Vorschriften zur Einführung der G’Quan Eth Pflanze, um sie von Londo zu konfiszieren, und dreht die religiöse Vorschrift über den Zeitpunkt des Narn-Rituals so hin, dass sie unter Einrechnung der Entfernung von B5 zu Narn die pünktliche Ausführung des Rituals ermöglicht. Mir hat dieser Teil der Episode gut gefallen, weil er - langsam überfällig - den Charakter von G'kar weiterbringt, die fragwürdige Seite Londos herausgestellt wird, und in das Verhältnis der beiden Bewegung bringt.
Die Folge endet mit einem Pseudo-Happy-End, denn aufgrund des Gesprächs mit Senator Hidoshi am Ende der Episode ist klar, dass letztendlich Zento mit seinen Freunden in Regierungskreisen am längeren Hebel sitzt.
Insgesamt finde ich "By Any Means Necessary" eine ok-Folge und gebe 3/5 dafür.
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