Und bei jeder dieser Ideologien sind letztlich die Kranken, Behinderten und Alten nicht viel mehr als eine störende Belastung, die irgendwie "gemanaged" werden muss.
Das Gesundheitssystem ist ein noch relativ überschaubarer Organismus an dem sich diese Veränderungen gut von Jedermann beobachten lassen. Es wird seit Kohls Kanzlerschaft und noch mal verschärft durch die diversen Gesundheits"reformen" der Ulla Schmidt mehr und mehr auf reine Verwertbarkeit getrimmt. Den Ärzten wird ein ökonomischer Blick auf ihre Patienten Kunden anerzogen und der humanistische Blick aberzogen. Unter vielen dieser Rationalisierungsmaßnahmen leiden gerade ältere Menschen, z.B. die geniale Entscheidung den Hausärzten nur noch 5 Euro pro Hausbesuch pauschal zu erstatten - jeder ältere Patient der nicht mehr in die Praxis kommen kann wird für den Hausarzt zum Kostenfaktor, da diese 5 Euro oft nicht mal die Benzinkosten abdecken - gerade auf dem Land. Generell ist die Pauschalierung - pro Kassenpatient gibt es glaube ich 20 Euro im Quartal, völlig egal wie oft dieser zu seinem Arzt kommt - geradezu darauf angelegt ältere Patienten zu benachteiligen, da diese eben öfter krank werden als Jüngere und der Arzt mit ihnen nur Verluste macht. Jeder Arzt der ältere Kassenpatienten aufnimmt und sich vielleicht sogar länger als die pro Besuch von der Kasse vorgesehenen 5 Minuten für sie Zeit nimmt, ist letztlich der Depp der Geld verliert. Wer sich Zeit nimmt ist der Dumme, das bleibt bei den Ärzten haften.

Ein aktuelles Beispiel:
Ich war heute in einem größeren Krankenhauskomplex, da ich zum Radiologen musste. Als ich fertig war und wieder ging wurde in die Aufnahme ein Patient in seinem Krankenbett gekarrt. Dieser Patient wirkte ganz schön heruntergekommen, hatte einige ziemlich große Blutergüsse und trug eine Windel. Sein würdeloser Zustand war so für Jedermann voll einsehbar, was leicht hätte vermieden werden können wenn man ihn einfach zugedeckt hätte. Für solche einfachen Details, die den Patienten aber Würde zurückgeben und das Gefühl gut aufgehoben zu sein, ist in unserem durchrationalisierten Gesundheitswesen aber gar keine Zeit mehr, da Ärzte und Pfleger nur noch gestresst sind und jeder Handgriff über das Nötigste hinaus schon einer zu viel ist.

Der unbedeckte Mann in seiner Windel erinnerte mich da, wie er so reingeschoben wurde, frappierend an ein Stück Vieh dass zum Schlachter gekarrt wird.

Ich habe jedenfalls der Klinik mal eine kritische Mail geschrieben, bin gespannt ob eine Antwort zurückkommt.

Sehr geehrte Damen und Herren,

Ich hatte Heute Vormittag einen Termin in Ihrer Radiologie, welcher sehr schnell, freundlich und professionell abgewickelt wurde. Als ich allerdings fertig war und mich zum Gehen aufmachte, wurde mein guter Ersteindruck Ihres Hauses nachdrücklich eingetrübt. Aus dem Aufzug vor Ihrer Aufnahme wurde ein älterer Patient auf seinem Krankenbett gerollt, dieser hatte einige große Blutergüsse an seinen Beinen und trug eine Windel. Es wäre aus meiner Sicht das Mindeste gewesen, den Mann mit einer Decke zu bedecken. Es sind gerade solche vermeintliche Kleinigkeiten, die dem Patienten ein Stück seiner in dieser Lage ohnehin arg strapazierten Würde zurückgeben.

Wenn das Budget vorhanden ist um sich Millionen Euro teure CTs und MRTs anzuschaffen und dort täglich unter großem Kostenaufwand hunderte Patienten durchzuschleusen, sollte es doch auch möglich sein einem alten Mann eine Decke zu spendieren. Ein Mindestmaß an Würde steht auch jenen Patienten zu die vielleicht nicht mehr selber darauf aufmerksam machen können.

Ich würde mich freuen wenn Sie diese Kritik an die verantwortliche Stelle in Ihrer RoMed Klinik weiterleiten.

Mit freundlichem Gruß,