Gestern abend in der Spätvorstellung auch "endlich" gesehen. Wenn ich meinen Eindruck mit denen der Kritiker der internationalen Fachpresse vergleiche, macht sich bei mir vor allem Ernüchterung breit. Cornys und Marcel Wetzels Reviews muss ich eigentlich in allen Belangen zustimmen. Weder Schnitt (abgehackte Szenen (könnte beim DC wegfallen), unnötiges hin und her springen zwischen den Handlungssträngen), noch Soundtrack (unscheinbar, Orinoco Flow an einer harmlosen Szene verschwendet [hatten sich nicht die ersten Reviewer im Vorfeld u.a. damit gebrüstet, dass der Enya Song während der Vergewaltigungsszene gespielt werden würde und damit in die An(n)alen (Was für ein Wortspiel... *hust*) der "Soundtrack Dissonance" eingehen würde?]) oder auch Inszenierung (im Groben ganz gut und atmosphärisch, aber viel zu viele standardmäßige Shot und Gegenshot Einstellungen, mir fehlte etwas die typische Fincher-Dynamik in den Aufnahmen) überzeugt restlos.
Obwohl Noomis Lisbeth aggressiver ausgelegt war, verstand es die Darstellerin auch die verletzliche Seite herauszuarbeiten. Wenn Mara von verletzlich auf aggressiv schaltet, geschieht das mit dem gleichen Unschuldsrehblick wie in den Unsicherheitsszenen auch. Weiß nicht, ob das so gewollt war. Craig tut das, was er eigentlich immer tut: er nimmt sich zurück. Der Rest der Darsteller leidet am Gaststar-Syndrom. Wenn man die Vitae einiger Darsteller kennt, weiß man von vornherein, wer wen verkörpert. Das macht die Schnitzeljagd und das Herausfinden, wer der Mörder nun ist, auch in Unkenntnis des Romans oder der schwedischen Verfilmung, nur mäßig spannend. Das der Film vor allem von der Dynamik zwischen den beiden Hauptcharakteren leben würde, kann ich so restlos auch nicht zustimmen. Blomkvist als auch Salander treffen das erste Mal (vorlagenbedingt) erst nach grob der Hälfte des Films aufeinander und haben auch recht wenige gemeinsame Szenen. Eine besondere Dynamik (bis auf das Offensichtlichste: Gegensätze, aber das muss man nicht gesondert erwähnen, das sticht selbst dem blindesten Zuschauer ins Auge) ergibt sich hierdurch nicht. Auch die Sexszene kommt mMn unpassend, ohne Vorbereitung aus dem Nichts. Das schön anzuschauende Intro steht im Ton im starken Kontrast zum ruhigen restlichen Film. Ist sicherlich so gewollt, wirkt auch mich aber wie ein Fremdkörper, bei dem sich jemand mal so richtig austoben wollte.
Größtes Problem auch für mich: Der Film schafft es trotz atmosphärischerer Inszenierung gegenüber der schwedischen Verfilmung nicht, der Handlung und den Charakteren inhaltlich neue Facetten abzugewinnen. Schlecht wird der Film dadurch nicht, aber wenn man das jeweils andere Pendant schon gesehen hat, wird eine Adaption davon unnötig.
6/10





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