Ergebnis 1 bis 20 von 73

Thema: Anakin Skywalker als Borderline-Patient diagnostiziert

Hybrid-Darstellung

Vorheriger Beitrag Vorheriger Beitrag   Nächster Beitrag Nächster Beitrag
  1. #1

    Standard AW: Anakin Skywalker als Borderline-Patient diagnostiziert

    Zitat Zitat von nevermore Beitrag anzeigen
    Das ist schon klar. Dass dieser Plot so geschrieben wurde, in dieser Trostlosigkeit, ist aber nicht naturgesetzlich vorgegeben, sondern Werk der Produzenten und Autoren. Und wenn wir bequem lebende Wohlstandskinder überhaupt nicht ermessen können, wie sich solche Leute fühlen, darf man sich schon fragen, ob die Charakterisierung überhaupt glaubhaft sein *kann*, denn schließlich sind die Autoren und Produzenten ebenfalls bequem lebende Wohlstandskinder, die sich das nicht vorstellen können dürften.
    Brain hat hier teilweise Unrecht, denn die Handlung von BSG ist eine direkte Konsequenz des 11. Septembers und seinem Einfluss auf die amerikanische Gesellschaft, so wie des darauffolgenden Irakkrieges. Ohne diese Ereignisse hätte die Serie völlig anders ausgesehen. Die Bush-Jahre haben natürlich auch viele andere fiktive Serien und Filme stilistisch geprägt (man denke nur an 24), aber im Fantastikbereich kenne ich kein Produkt bei dem das so derart offensichtlich ist wie bei BSG.

    Was ich an BSG mutig finde sind vor allem die politischen Allegorien, und das ist der Punkt, an dem ich die Serie am Höchsten einschätze. Die Charakterisierung halte ich nicht für besonders herausragend, vor allem in den letzten eineinhalb Staffeln. Die Extremreaktionen mögen noch durch die Situation zu erklären sein, das Herumschieben der Charaktere, die in einer Episode unbedingt das Schiff verlassen wollen, in der nächsten unbedingt dableiben wollen, die in einer Episode die zylonische Rebellion anführen, um gleich danach sich auf die andere Seite zu stellen und dann wieder umzukippen, die sog. "Motivation" in einem Halbsatz erklärt, ist dagegen alles andere als eine gelungene Charakterisierung. Wem sowas gefällt, dem kann ich wärmstens Potter 7 empfehlen. Da läuft das nämlich genauso ab.
    Ich fand im Gegenteil eher diese permanenten Bezüge zur US-Politik in ihrer Penetranz und holzhammerartigen Methodik sehr kritikwürdig, da man sich damit aus der Kreativität einer utopischen oder dystopischen Science Fiction Umgebung und all ihrer Freiheiten verabschiedet hat um dem Zuschauer die eigene Autorenmeinung zur aktuellen politischen Weltlage aufs Auge zu drücken, anstatt eine eigenständige Geschichte zu erzählen. Besonders augenscheinlich wird das beim New Caprica-Arc zu Beginn der dritten Staffel. Diese extren nüchterne Schilderung der Realität auf der einen Seite und die Mystik-Elemente auf der anderen Seite um Götter und Wiedergeburt passen leider kaum zusammen, weshalb die Serie als Gesamtwerk auf mich leider sehr inkonsistent wirkt. Ich hatte ab etwa der Mitte der zweiten Staffel das Gefühl dass den Autoren der rote Faden mehr und mehr entglitt und sie einfach keinen klaren Plan mehr davon hatten welche Geschichten sie eigentlich erzählen wollten. Es wurden immer mehr ad hoc Ideen in die Handlung eingefügt die nie nachvollziehbar erklärt wurden, wie (Spoiler zu BSG, Staffel 4)
    Achtung Spoiler!
    . Diese Inkonsequenz laste ich vor Allem RDM an, der sowas schon bei seiner Autorentätigkeit für Star Trek gerne gemacht hat - er war es z.B. der auf die spontane Idee kam aus Dr. Bashir einen genetisch getunten Lügner und Betrüger zu machen und damit 5 Jahre Charakterentwicklung völlig auf den Kopf zu stellen. "Coole" Ideen einfach mal so einzubauen und zu sehen was passiert scheint mir eine Eigenschaften dieses Autoren zu sein, er zaubert gerne mal solche Hasen aus dem Hut, was aus meiner Sicht aber bei einer Serie wie BSG in den meisten Fällen einfach nicht funktionierte. Die Serie mit ihrer dichten Mythologie hätte einen Fünfjahresplan gebraucht so wie B5, statt Moores "Ich guck einfach mal wo die Story diese Staffel hinführt"-Prinzip.

    PhD Dissertationen sind nicht mit Diplom- und Masterarbeiten zu vergleichen und Diplom- und Masterarbeiten werden nicht in referierten Journals veröffentlicht. Diese Arbeit der Franzosen dagegen schon. Ich kann dir aus eigener Erfahrung versichern, dass man NICHT mit jedem Blödsinn da reinkommt, und dass die Gutachter sich auch nicht davon beeindrucken lassen, ob da "Star Wars" draufsteht, denn das steigert ihre Verkaufszahlen nicht. Eher ist es eine Hürde, sowas publiziert zu bekommen.

    Ich weiß auch, dass im akademischen Bereich trotzdem viel Mist veröffentlicht wird. Was die Masse an Veröffentlichungen aber zeigt ist, dass das Werk nicht so banal ist, wie es hier gerne dargestellt wird. Denn sonst kämen nicht soviele Leute auf die Idee, sich ernsthaft damit auseinanderzusetzen. Über Transformers oder Twilight wirst du solche Veröffentlichungen nämlich weitgehend vergeblich suchen. Über Potter hingegen nicht - aus denselben Gründen. Über Potter waren bis Mitte 2007 allein im englischsprachigen Raum schon 17 Dissertationen katalogisiert. Warum? Weil die Serie das Potenzial hatte. Dass sie es im siebten Band versemmelt, konnte man nicht vorhersehen.
    Star Wars ist eine Destillation von Monomythen aus verschiedenen menschlichen Kulturen, dessen pop- bzw. alltagskulturgeschichtliche Bedeutung eher mit Märchen und Sagen früherer Zeiten vergleichbar ist als mit Transformers. Star Wars ist banal einfach und einfach banal, manchmal sind es aber gerade solche einfachen Geschichten die zu mehr werden als der Summe ihrer Teile. Ich meine aber dass man Lucas hier nicht zu viel genialistische Planung unterstellen sollte, er war wohl am Ehesten der Geist Böses will (optimale Merchandising-Vermarktung und $$$ Gewinne mit dem Ansprechen möglichst vieler Zielgruppen), und Gutes schafft (Popkulturphänomen), um es mit Faust zu sagen.

    Noch einmal hierzu: Das hier zeigt zum Beispiel ein grundlegendes Missverständnis, worum es bei Werkinterpretation geht. Es geht nicht darum, zu erraten, was uns der Autor bewusst sagen wollte, sondern es geht um Auslegung, was das Werk an Bedeutung hergibt. Ob das bewusst vom Autor so geschrieben war, ist völlig irrelevant. Eine Grunderkenntnis, wenn es um Interpretation geht, ist dass ein Werk mehr ist als das, was der Autor bewusst intendiert hat. Was nicht bedeutet, dass es das Gegenteil dessen ist, was er bewusst intendiert hat. Sondern dass halb- und unbewusste Einflüsse einfließen, die ebenso interpretierbar sind.
    Der Versuch zu erraten was der Autor sagen wollte scheint mir dennoch ein wichtiges Standbein der Literaturkritik und -Interpretation zu sein, umso mehr, je komplexer ein Werk ist - und wenn ich mich an meine Schulzeit erinnere war dies mit Abstand die wichtigste Interpretationstechnik die uns immer wieder in die Köpfe gehämmert wurde. Ein kritikwürdiger Ansatz mit dem sich auch schon Filme wie Dead Poets Society auseinandergesetzt haben. Ich weiß natürlich nicht inwieweit meine Schulzeit da mit Eurer übereinstimmt und repräsentativ ist, auch lässt sich das Gymnasium nicht mit dem Universitätsbetrieb vergleichen, dennoch wundert es mich nicht dass es dieses "grundlegende Missverständnis" gibt, da 75 % unserer Mitbürger eben nur die normale Schulbidung genossen haben in der ihnen wahrscheinlich genau dies eingetrichtert wurde.

    Das ging an mir vorbei, muss sich überschnitten haben:
    Zitat Zitat von Bademeister
    Was nun unseren Geheimniskrämer nevermore angeht so habe ich nichts gegen diese Diskussionen, man sollte es aber nicht so toternst nehmen wie er es tut. Dass das Benedikt/Palpatine Bildchen ein beliebtes Internet-meme ist sollte doch nun wirklich Jeder mitbekommen haben. Gott behüte dass ich es mir in einem Thread mit dem Titel "Anaikn Skywalker als Borderline-Patient diagnostiziert" herausnehme ein Späßgen zu machen.
    Ich habe keine Ahnung, was du mit "Geheimniskrämer" meinst. Weiterhin dachte ich, es hätte sich herumgesprochen, dass ich eine Frau bin.

    Was mich geärgert hat war nicht dein Papst Benedikt-Bildchen, sondern die völlig zusammenhanglosen Äußerungen über Zölibat und Pädophilie (ein Thema, das ich ganz und gar nicht für Witze geeignet finde). Über das Totschläger-Argument "Rassismus in Herr der Ringe" habe ich mich ja schon ausgelassen.
    Es gibt kein Thema das per se nicht für Witze geeignet ist, denn Humor muss weder politisch korrekt, noch tiefsinnig oder anspruchsvoll sein. Ich finde manchen Witz auch geschmacklos, halte es aber letztlich mit Descartes und finde die Meinungsfreiheit in diesem Zusammenhang weit schutzwürdiger als zu definieren, was schon geschmacklos ist und was noch zulässig. Gerade wenn es um die Zensur geht ist der Weg zur Hölle nämlich oft gepflastert mit guten Absichten.

    Was den Herr der Ringe als eine andere Form der Destillation früherer Sagen und Märchen geht, lässt sich seine Handlung mindestens ebenso debattieren und interpretieren wie bei Krieg der Sterne auch.
    Geändert von Dr.BrainFister (08.06.2010 um 13:31 Uhr) Grund: spoiler-hinweis eingefügt

  2. #2
    Deaktiviert
    Dabei seit
    02.08.2008
    Ort
    Outback Stuttgart
    Beiträge
    485

    Standard AW: Anakin Skywalker als Borderline-Patient diagnostiziert

    Zitat Zitat von DerBademeister Beitrag anzeigen
    Brain hat hier teilweise Unrecht, denn die Handlung von BSG ist eine direkte Konsequenz des 11. Septembers und seinem Einfluss auf die amerikanische Gesellschaft, so wie des darauffolgenden Irakkrieges.
    Auch das ist klar, beantwortet aber nicht die Frage, weshalb sich die Autoren und Produzenten besser in die Lage der Charaktere versetzen können sollten als der Zuschauer.

    Ich fand im Gegenteil eher diese permanenten Bezüge zur US-Politik in ihrer Penetranz und holzhammerartigen Methodik sehr kritikwürdig, da man sich damit aus der Kreativität einer utopischen oder dystopischen Science Fiction Umgebung und all ihrer Freiheiten verabschiedet hat um dem Zuschauer die eigene Autorenmeinung zur aktuellen politischen Weltlage aufs Auge zu drücken, anstatt eine eigenständige Geschichte zu erzählen. Besonders augenscheinlich wird das beim New Caprica-Arc zu Beginn der dritten Staffel. Diese extren nüchterne Schilderung der Realität auf der einen Seite und die Mystik-Elemente auf der anderen Seite um Götter und Wiedergeburt passen leider kaum zusammen, weshalb die Serie als Gesamtwerk auf mich leider sehr inkonsistent wirkt.
    Ich fand gerade diese Kombination sehr reizvoll und etwas, was die Serie von allem, was ich sonst gesehen habe, abhob und ihr einen ganz eigenen Ton gab.

    Ich hatte ab etwa der Mitte der zweiten Staffel das Gefühl dass den Autoren der rote Faden mehr und mehr entglitt und sie einfach keinen klaren Plan mehr davon hatten welche Geschichten sie eigentlich erzählen wollten. Es wurden immer mehr ad hoc Ideen in die Handlung eingefügt die nie nachvollziehbar erklärt wurden, wie (Spoiler zu BSG, Staffel 4)
    Achtung Spoiler!
    .
    Das ist für mich ein klassischer Fall von "Dranpappen" von Handlung, um eine Serie zu verlängern, die ursprünglich in dieser Länge nicht vorgesehen war. Da kommt dann solche Flickschusterei heraus.

    Die Serie mit ihrer dichten Mythologie hätte einen Fünfjahresplan gebraucht so wie B5, statt Moores "Ich guck einfach mal wo die Story diese Staffel hinführt"-Prinzip.
    Nur dass es bei B5 im Endeffekt auch nicht anders gelaufen ist. Vom ursprünglichen Plan ist, das zeigte sich, als dieser 2008 veröffentlicht wurde, allenfalls 30 Prozent übrig geblieben. Besonders das Ende hatte mit dem geplanten nichts mehr zu tun. Das ist für mich nicht eine Frage von Vorausplanung, sondern von Im-Blick-Behalten, was man bisher geschrieben hat.

    Ich meine aber dass man Lucas hier nicht zu viel genialistische Planung unterstellen sollte, er war wohl am Ehesten der Geist Böses will (optimale Merchandising-Vermarktung und $$$ Gewinne mit dem Ansprechen möglichst vieler Zielgruppen), und Gutes schafft (Popkulturphänomen), um es mit Faust zu sagen.
    Wie bereits gesagt, was Lucas plante, ist vollkommen irrelevant.

    Der Versuch zu erraten was der Autor sagen wollte scheint mir dennoch ein wichtiges Standbein der Literaturkritik und -Interpretation zu sein, umso mehr, je komplexer ein Werk ist - und wenn ich mich an meine Schulzeit erinnere war dies mit Abstand die wichtigste Interpretationstechnik die uns immer wieder in die Köpfe gehämmert wurde.
    Für die schlechte Schulausbildung kann ich nichts. Dieser Ansatz "erraten, was der Autor sagen wollte" ist schon seit fast 100 Jahren überholt. Ich habe das jedenfalls in der Form nicht mehr gelernt. Seither hat es eine Menge hin und her gegeben, was Interpretationsansätze betrifft, das ich gern kurz abreißen kann, falls das hier jemanden interessiert. Jedenfalls ist der Konsens bei allen Streitigkeiten, die es immer noch gibt, dass ein Werk nicht darauf zu reduzieren ist, was der Autor uns bewusst sagen wollte. Das gilt auch für Filme und TV-Serien, und es gibt im Übrigen auch Zitate z.B. von RDM und JMS, die genau das besagen.

    Es gibt kein Thema das per se nicht für Witze geeignet ist, denn Humor muss weder politisch korrekt, noch tiefsinnig oder anspruchsvoll sein. Ich finde manchen Witz auch geschmacklos, halte es aber letztlich mit Descartes und finde die Meinungsfreiheit in diesem Zusammenhang weit schutzwürdiger als zu definieren, was schon geschmacklos ist und was noch zulässig. Gerade wenn es um die Zensur geht ist der Weg zur Hölle nämlich oft gepflastert mit guten Absichten.
    Ja, da werden wir uns uneinig bleiben müssen. Für mich gibt es gewisse Grenzen. Judenwitze und Witze über Pädophilie gehören da dazu.

    Was den Herr der Ringe als eine andere Form der Destillation früherer Sagen und Märchen geht, lässt sich seine Handlung mindestens ebenso debattieren und interpretieren wie bei Krieg der Sterne auch.
    Habe ich nicht bestritten. Was ich bestreite ist jedoch, dass Tolkien beabsichtigte, Rassismus gegen Schwarze zu propagieren.
    "Our thoughts form the universe. They always matter." (Citizen G'Kar)

    http://anderswelten.plusboard.de/

  3. #3
    Tastaturquäler Avatar von Thandor
    Dabei seit
    16.12.2002
    Ort
    Outer Space
    Beiträge
    1.212

    Standard AW: Anakin Skywalker als Borderline-Patient diagnostiziert

    Zitat Zitat von nevermore Beitrag anzeigen
    Ja, da werden wir uns uneinig bleiben müssen. Für mich gibt es gewisse Grenzen. Judenwitze und Witze über Pädophilie gehören da dazu.
    Dabei ist gerade der Witz von "Achmed the dead terrorist", der gleich beides kombiniert, mit einer der besten den ich kenne.
    Ist eben Geschmackssache.

    sorry für OOT.
    "This threshold is mine. I claim it for my own.
    Bring on your thousands, one at a time or all in a rush.
    I don't give a damn.
    None shall pass!"

  4. #4

    Standard AW: Anakin Skywalker als Borderline-Patient diagnostiziert

    Zitat Zitat von nevermore Beitrag anzeigen
    Habe ich nicht bestritten. Was ich bestreite ist jedoch, dass Tolkien beabsichtigte, Rassismus gegen Schwarze zu propagieren.
    Man spürt dennoch dass diese Geschichte von einem Bildungsbürger des britischen Empire geschrieben wurde. Die durchgehend weißen, angelsächsisch geprägten Mittelalterkulturen von Gondor und Rohan sind glasklar die Guten, die Orks, Ostlinge und Südlinge (Haradrim), also die nordafrikanisch und orientalisch geprägten Kulturen sind die Bösen. Man muss das eben im Kontext der Zeit sehen, wie auch die schwachen Frauenrollen im Herr der Ringe beispielsweise. Die Menschen damals hatten eine ganz andere Weltsicht als wir Heute.

    Letztlich kann man so ein Werk beinahe beliebig interpretieren und für jede These mehr oder weniger stichhaltige Belege finden, die Rassismuskarte ist auch nur ein besonders beliebtes Exerzierbeispiel welches bei vielen Filmen immer wieder gespielt wird (jüngst erst bei der Banalität namens Prince of Persia).

    Dieser Ansatz "erraten, was der Autor sagen wollte" ist schon seit fast 100 Jahren überholt.
    Also immer noch hochaktuell bei uns in Bayern.

  5. #5
    Deaktiviert
    Dabei seit
    02.08.2008
    Ort
    Outback Stuttgart
    Beiträge
    485

    Standard AW: Anakin Skywalker als Borderline-Patient diagnostiziert

    Zitat Zitat von DerBademeister Beitrag anzeigen
    Man spürt dennoch dass diese Geschichte von einem Bildungsbürger des britischen Empire geschrieben wurde.
    ...
    Letztlich kann man so ein Werk beinahe beliebig interpretieren und für jede These mehr oder weniger stichhaltige Belege finden, die Rassismuskarte ist auch nur ein besonders beliebtes Exerzierbeispiel welches bei vielen Filmen immer wieder gespielt wird (jüngst erst bei der Banalität namens Prince of Persia).
    Genau darum geht es ja bei der ganzen Debatte. Stichwort Autorenintention vs. Werkintention. Früher hat man die Interpretation darauf festgenagelt, was der Autor uns sagen wollte. Auch da können unbewusste Einflüsse hineinspielen. Das ging dann soweit, dass Literaturwissenschaftler anfingen, die Autoren zu psychoanalysieren, um herauszufinden, was der Autor denn sagen will, und man sich mehr mit der Psychologie des Autors und Versuchen, dessen Gedanken zu lesen, beschäftigte als mit dem Werk an sich.

    Wobei nichtmal die behauptet haben, dass ein Werk nur enthält, das der Autor bewusst so sagen wollte - sprich geplant hat. Woher diese Idee kommt, die ich in Foren häufig lese, ist mir völlig schleierhaft.

    Solche Exzesse führen in aller Regel zu Gegenbewegungen, in diesem Fall dazu, dass sich eine Richtung entwickelte, die auf irgendwelche Informationen vom Autor oder über den Autor überhaupt keine Rücksicht mehr nahm und nur den Text analysierte. Dabei wurden sogar biographische und gesellschaftliche Kontexte ausgeblendet. Die Haltung war, der Autor sei der schlechteste Interpret seines eigenen Werks. Sprich, Autoren wissen überhaupt nicht, was sie da schreiben, sie "channeln" auf irgendeine Weise irgendwelche Inspirationen und letztlich zählt nur die Werkintention.

    So extrem sieht das heute auch kaum einer mehr. Ich selber finde mich da irgendwo in der Mitte wieder, denn ich glaube nicht, dass man Biographie und gesellschaftliches Umfeld gänzlich vernachlässigen kann. Definitiv geht die Aussage eines Werks aber über das hinaus, was der Autor planvoll geschrieben hat. Das heißt aber nicht, dass man beliebig alles hineininterpretieren und daraus dem Autor Absichten unterstellen kann, von denen sich der ausdrücklich abgrenzt. Wenn jemand das so interpretieren, und dafür schlüssige Begründungen im Text findet - bitte sehr. Das halte ich für legitim. Nicht aber, wenn man die eigene Interpretation zur Autorenintention deklariert.
    "Our thoughts form the universe. They always matter." (Citizen G'Kar)

    http://anderswelten.plusboard.de/

  6. #6

    Standard AW: Anakin Skywalker als Borderline-Patient diagnostiziert

    Zitat Zitat von nevermore Beitrag anzeigen
    Genau darum geht es ja bei der ganzen Debatte. Stichwort Autorenintention vs. Werkintention. Früher hat man die Interpretation darauf festgenagelt, was der Autor uns sagen wollte. Auch da können unbewusste Einflüsse hineinspielen. Das ging dann soweit, dass Literaturwissenschaftler anfingen, die Autoren zu psychoanalysieren, um herauszufinden, was der Autor denn sagen will, und man sich mehr mit der Psychologie des Autors und Versuchen, dessen Gedanken zu lesen, beschäftigte als mit dem Werk an sich.

    Wobei nichtmal die behauptet haben, dass ein Werk nur enthält, das der Autor bewusst so sagen wollte - sprich geplant hat. Woher diese Idee kommt, die ich in Foren häufig lese, ist mir völlig schleierhaft.

    Solche Exzesse führen in aller Regel zu Gegenbewegungen, in diesem Fall dazu, dass sich eine Richtung entwickelte, die auf irgendwelche Informationen vom Autor oder über den Autor überhaupt keine Rücksicht mehr nahm und nur den Text analysierte. Dabei wurden sogar biographische und gesellschaftliche Kontexte ausgeblendet. Die Haltung war, der Autor sei der schlechteste Interpret seines eigenen Werks. Sprich, Autoren wissen überhaupt nicht, was sie da schreiben, sie "channeln" auf irgendeine Weise irgendwelche Inspirationen und letztlich zählt nur die Werkintention.

    So extrem sieht das heute auch kaum einer mehr. Ich selber finde mich da irgendwo in der Mitte wieder, denn ich glaube nicht, dass man Biographie und gesellschaftliches Umfeld gänzlich vernachlässigen kann. Definitiv geht die Aussage eines Werks aber über das hinaus, was der Autor planvoll geschrieben hat. Das heißt aber nicht, dass man beliebig alles hineininterpretieren und daraus dem Autor Absichten unterstellen kann, von denen sich der ausdrücklich abgrenzt. Wenn jemand das so interpretieren, und dafür schlüssige Begründungen im Text findet - bitte sehr. Das halte ich für legitim. Nicht aber, wenn man die eigene Interpretation zur Autorenintention deklariert.
    So oder so geht meiner Erfahrung nach der Kritiker mit einer bestimmten Intention an die Interpretation so eines Werkes, und findet genau die Belege die seine Meinung bestärken - das ist eine klassische selbsterfüllende Prophezeihung für die Literatur- und Filmkritik wegen ihrer Interpretierbarkeit noch weit anfälliger sind als beispielsweise die Naturwissenschaften. Übrigens auch ein Vorwurf der den Geistes- und Sozialwissenschaften immer wieder gemacht wird.

    Ich spiele deshalb gerne mal advocatus diaboli und nehme Positionen ein die ich nicht wirklich selbst vertrete (wie den Rassismusvorwurf bei Tolkien). Darüber hinaus fehlt mir bei der schieren Menge guter fiktiver Stoffe auch einfach der unbedingte Drang des Fans, ein einzelnes Werk bis in alle Ecken und Enden zu ergründen. Ich habe eine ganze Reihe Star Wars Bücher, aber so fasziniert dass ich darüber Doktorarbeiten durchackern will hat mich dieses Werk der Massenunterhaltung noch nicht.

  7. #7
    Deaktiviert
    Dabei seit
    02.08.2008
    Ort
    Outback Stuttgart
    Beiträge
    485

    Standard AW: Anakin Skywalker als Borderline-Patient diagnostiziert

    Darüber hinaus fehlt mir bei der schieren Menge guter fiktiver Stoffe auch einfach der unbedingte Drang des Fans, ein einzelnes Werk bis in alle Ecken und Enden zu ergründen.
    Das ist eine Geschmacksfrage. Mir geht es eher umgekehrt. Ich lese lieber weniger und diskutiere darüber intensiv.

    Ich habe vor langen Jahren mal Asimovs Foundation-Trilogie gelesen und während sie mir gefallen hat, habe ich mir keine allzu großen Gedanken darüber gemacht. Vor etwa zwei Jahren habe ich sie dann in einem Lesezirkel wiedergelesen - eine völlig neue Erfahrung. Ich habe inzwischen schon gar keine große Lust mehr, ohne Diskussionsrunden irgendwas zu lesen oder anzuschauen. Mir gibt das im Austausch mit anderen einfach viel mehr.

    Ich habe eine ganze Reihe Star Wars Bücher, aber so fasziniert dass ich darüber Doktorarbeiten durchackern will hat mich dieses Werk der Massenunterhaltung noch nicht.
    Ich glaube nicht, dass das bei den Star Wars Büchern was bringen würde. Nicht wenn es um die Interpretation der Filme geht. Denn die Bücher sind zwar lizensiert, aber nicht autorisiert. Sprich, es ist legalisierte Fanfiction. So ist diese Buchreihe jedenfalls entstanden. Lucas sagte selber, er lese sie nicht, somit haben sie keinerlei Einfluss auf irgendetwas, was in den Filmen auftaucht. Eine Reihe der Bücher sind gut, aber im Hinblick auf die Filme geben sie im besten Fall gute Rahmenhandlungen, aber keine vertieften Einblicke in die Filme her.
    "Our thoughts form the universe. They always matter." (Citizen G'Kar)

    http://anderswelten.plusboard.de/

  8. #8

    Standard AW: Anakin Skywalker als Borderline-Patient diagnostiziert

    Zitat Zitat von nevermore Beitrag anzeigen
    Das ist eine Geschmacksfrage. Mir geht es eher umgekehrt. Ich lese lieber weniger und diskutiere darüber intensiv.

    Ich habe vor langen Jahren mal Asimovs Foundation-Trilogie gelesen und während sie mir gefallen hat, habe ich mir keine allzu großen Gedanken darüber gemacht. Vor etwa zwei Jahren habe ich sie dann in einem Lesezirkel wiedergelesen - eine völlig neue Erfahrung. Ich habe inzwischen schon gar keine große Lust mehr, ohne Diskussionsrunden irgendwas zu lesen oder anzuschauen. Mir gibt das im Austausch mit anderen einfach viel mehr.


    Ich glaube nicht, dass das bei den Star Wars Büchern was bringen würde. Nicht wenn es um die Interpretation der Filme geht. Denn die Bücher sind zwar lizensiert, aber nicht autorisiert. Sprich, es ist legalisierte Fanfiction. So ist diese Buchreihe jedenfalls entstanden. Lucas sagte selber, er lese sie nicht, somit haben sie keinerlei Einfluss auf irgendetwas, was in den Filmen auftaucht. Eine Reihe der Bücher sind gut, aber im Hinblick auf die Filme geben sie im besten Fall gute Rahmenhandlungen, aber keine vertieften Einblicke in die Filme her.
    Ich habe auch ein paar Bücher über die Produktion, z.b. die "Star Wars Chroniken" - ein wunderbarer Bildband - und ein Buch über die Artworks von Ralph Mc Quarrie sowie eine CD "Behind the magic".

    Vom EU habe ich etwa 20 Bücher gelesen, bin allerdings vor ~5 Jahren bei Band 2 der Vong-Reihe hängen geblieben und hatte bisher nie mehr die Motivation dort weiterzulesen. Diese Bücher sind eben doch überwiegend eher anspruchslose Kost im Stile von Dan Brown und Co. Irgendwie kann mich Star Wars einfach nicht mehr so begeistern wie früher, was sicher auch etwas mit den lausigen Filmen und Serien zu tun hat mit denen Lucas uns seit 10 Jahren überzieht.

    "Foundation" hat mich als bekennenden Fan der römischen Antike sehr angesprochen, ich muss allerdings sagen dass ich dennoch bisher von Asimov nichts Anderes gelesen habe.

Aktive Benutzer

Aktive Benutzer

Aktive Benutzer in diesem Thema: 2 (Registrierte Benutzer: 0, Gäste: 2)

Ähnliche Themen

  1. "Young Anakin"-Darsteller Jake Lloyd im Interview
    Von Dr.BrainFister im Forum STAR WARS: Die ganze Welt des Sternen-Epos
    Antworten: 0
    Letzter Beitrag: 13.01.2009, 18:17
  2. Wünscht ihr euch das ihr Anakin hassen werdet oder
    Von Lightshade im Forum STAR WARS: Die ganze Welt des Sternen-Epos
    Antworten: 11
    Letzter Beitrag: 19.04.2004, 12:19
  3. Mara Jade Skywalker (spoilers)
    Von Lightshade im Forum STAR WARS: Die ganze Welt des Sternen-Epos
    Antworten: 2
    Letzter Beitrag: 16.01.2003, 13:19

Als Lesezeichen weiterleiten

Als Lesezeichen weiterleiten

Berechtigungen

  • Neue Themen erstellen: Nein
  • Themen beantworten: Nein
  • Anhänge hochladen: Nein
  • Beiträge bearbeiten: Nein
  •