Übt die Springer-Presse damit Druck auf politische Parteien aus, sich mehr nach rechts zu orientieren, in dem sie Sarrazin stark macht?
Wolfgang Lieb: Die Bild-Zeitung betreibt ein doppelbödiges Spiel. Zuerst schürt man in der Bevölkerung Ängste vor einer Überfremdung in Deutschland und lenkt die Wut erst so richtig auf schmarotzende Ausländer und vor allem auf kulturell, ja sogar genetisch angeblich minderwertige Einwanderer aus islamischen Ländern. Man vergiftet das Meinungsklima, indem man latent vorhandene Stimmungen gegen Minderheiten und Randgruppen anheizt. Und wenn der Volkszorn dann erst so richtig geschürt ist, dann verlangt man von den Parteien, diesem Druck endlich nachzugeben.
Mit einer von Bild am Sonntag in Auftrag gegebenen, ziemlich dämlichen Umfrage "Wie groß wäre eine Partei der Unzufriedenen?" wird dann Unruhe und Verunsicherung in die Parteien hineingetragen, indem man die Gefahr einer rechten Sarrazin-Partei an die Wand malt (siehe dazu [local] 18-Prozent-Potenzial für Sarrazin-Partei). Es ist ja bekannt, dass die Parteien am sensibelsten reagieren, wenn sie befürchten müssen, dass ihnen die Wähler (es sind überwiegend Männer) davon laufen. Wenn dann Umfragewerte veröffentlicht werden, dass 59% der CDU/CSU-Wähler oder 50% der SPD-Anhänger "Ja" zu den Sarrazin-Parolen sagen, dann ist das nichts anderes als eine massive Aufforderung an diese Parteien, sich solchen Positionen anzunähern.
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